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Zwielicht in Cordoba

Titel: Zwielicht in Cordoba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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dem reichlich angelaufenen und abgenutzten Goldadler auf einen Elfenbeinthron zu setzen. Was für Vespasian zählte, war die glänzende Karriere des Mannes, die sicherlich ein Legionskommando und eine Amtsperiode als Konsul mit einschloß. Auch konnte dem Kaiser die Gewitztheit, die sich hinter den durchdringenden, schwerlidrigen Augen verbarg, nicht entgangen sein. Diese Augen beobachteten mich jetzt beim Durchschreiten des Audienzsaals, während ein Verstand so scharf wie ein Piktenbeil mich in der gleichen Geschwindigkeit abschätzte wie ich ihn.
    Der Posten, den er hier innehatte, verlangte eine feste Hand. Es war erst drei Jahre her, seit zwei spanische Provinzen ihren Part im legendären Vierkaiserjahr gespielt hatten: Tarraconensis, das sich hinter Galba gestellt hatte, dann Lusitanien, das Otto unterstützte. Galba hatte sich schon zum Kaiser ausrufen lassen, als er noch Provinzstatthalter war und seinem Machtanspruch mit den ihm unterstellten Legionen Nachdruck verlieh. Das hatte, wie bei schlechten Ideen üblich, Schule gemacht: Vespasian hatte später die gleiche Taktik in Judäa benutzt. Danach war er gezwungen, Hispanien wieder auf Vordermann zu bringen. Er hatte die spanischen Legionen von vier auf eine reduziert – eine neue dazu – und schon ehe ich diesen Mann hier aufsuchte, war ich sicher gewesen, daß er seinen Posten nur hatte, weil er Vespasian und alles, für das die neuen flavischen Kaiser standen, unterstützte. (Als Bewohner der Provinzen haben Sie wahrscheinlich gehört, daß Ihre neuen römischen Statthalter durch eine Lotterie ausgewählt werden. Ja, das zeigt nur einmal mehr, auf welch wundersame Weise Lotterien funktionieren. Das Los scheint stets auf diejenigen Männer zu fallen, die der Kaiser bevorzugt.)
    Hispanien verlor seine Chance auf Ruhm und Ehre, als Galba schon nach sieben Monaten vom Thron purzelte und Otto kaum drei schaffte; in Rom waren sie bereits in Vergessenheit geraten. Aber die reichen Land- und Minenbesitzer von Corduba hatten zu Galbas Verbündeten gehört. Hier mochte es immer noch gefährliche Widerstandsnester geben. Natürlich war davon außerhalb der dicken Mauern des Verwaltungspalastes wenig zu merken. Die Stadt schien an diesem strahlenden südlichen Morgen ihren Geschäften nachzugehen, als sei das Einsetzen von Kaisern nichts Weltbewegenderes als ein kleiner Skandal beim Kartenverkauf für das Amphitheater. Doch vielleicht gärte nach wie vor der Ehrgeiz in den Olivenhainen.
    »Was gibt’s Neues auf dem Palatin?« Der Prokonsul hielt sich nicht lange mit Höflichkeitsfloskeln auf. Er war leger gekleidet – ein Vorteil des Lebens in den Provinzen –, aber als er mich in meiner Toga sah, hängte er sich seine rasch über.
    »Ich bringe Ihnen Grüße vom Kaiser, von Titus Cäsar und vom Leiter des Korrespondenzbüros.« Damit reichte ich ihm eine Schriftrolle von Laeta, die mich einführen sollte.
    Er hielt sich nicht damit auf, sie zu entsiegeln. Von Etikette schien er nichts zu halten. »Sie arbeiten für Laeta?« Es gelang ihm, ein verächtliches Schnauben zu unterdrücken. Sekretariatsangestellte waren seltene Besucher – und unwillkommene dazu.
    »Ich wurde von Laeta hergeschickt – nun ja, er kommt für meine Reisekosten auf. In Rom hat sich eine interessante Situation ergeben, Prokonsul. Der Oberspion bekam einen häßlichen Schlag auf den Kopf, und Laeta hat Anacrites’ Verantwortungsbereich übernommen. Ich wurde für diese Mission ausgewählt, weil ich über das verfüge, was wir mal diplomatische Erfahrung nennen wollen.« Wenn ich mich als Ermittler bezeichnete, pflegte das bei Exgenerälen und Exkonsuln meist unzuträgliche Anfälle von Blähsucht hervorzurufen.
    Der Prokonsul verdaute das Gesagte und richtete sich auf. »Warum hat man Sie geschickt?«
    »Aus Zweckdienlichkeit.«
    »Ein guter Ausdruck, Falco. Deckt eine Menge Eselsmist ab.« Allmählich gefiel mir der Mann.
    »Ich würde es eher als zermatschten Olivendünger bezeichnen«, sagte ich.
    Er schickte seine Angestellten raus.
     
    Eine Audienz zu bekommen ist eine Sache. Besuche in den illustren Hallen der Macht endeten für mich oft unbefriedigend. Wie das Essen in einem miesen Gasthaus in Gallien.
    Wir stellten rasch fest, daß der Prokonsul keinen Wert darauf legte, die Verantwortung für meinen Auftrag zu übernehmen. Er hatte seinen eigenen Auftrag. Da er den Senat vertrat und ich den Kaiser, stimmten unsere Interessen nicht unbedingt überein. Das hier war seine

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