Zwielicht in Cordoba
auf dem Beistelltisch des Konsuls lag – eine lakonische Beschreibung unserer Beziehung enthielt. Er bezeichnete die Tochter des Senators als ruhiges, anspruchsloses Mädchen (eine Lüge, mit der diplomatisch umschrieben wurde, daß ihr Papa ein Freund des Kaisers war). Ich werde Ihnen nicht verraten, als was er mich bezeichnete, aber wenn ich nicht Ermittler gewesen wäre, hätte ich ihn auf Schadensersatz verklagt.
XXIII
Wie ein Spatzenschwarm flatterten die Schreiber auf, als ich aus der Tür trat. Ich zwinkerte ihnen zu. Sie wurden rot. Ich entlockte ihnen, wo ich das Büro des Quästors finden konnte und merkte, daß meine Frage sie leicht verwirrte.
Natürlich wurde ich von dem unvermeidlichen alten Sklaven begrüßt, der die Papiere im Allerheiligsten des Quästors in Ordnung hielt. Bei diesem hier handelte es sich um einen schwarzen Schreiber aus Hadrumetum. Sein Wille, mich abzuwimmeln, war genau so unverkennbar wie der der glattzüngigsten orientalischen Sekretäre in Rom. Er schaute mich feindselig an, als ich darum bat, den Bericht einsehen zu dürfen, den Cornelius an Anacrites geschickt hatte.
»Sie erinnern sich bestimmt, ihn geschrieben zu haben.« Ich ließ durchblicken, daß ich genau verstand, wie heikel der Inhalt gewesen war. »Es hat gewiß eine Menge Aufregung und Korrekturen gegeben. Der Bericht sollte nach Rom gehen und betraf obendrein einige kitzelige Dinge hier aus der Provinz.«
Der unergründliche Ausdruck im Gesicht des Afrikaners schwand ein wenig. »Ohne Erlaubnis des Quästors kann ich keine Dokumente herausgeben.«
»Mir ist bekannt, daß Cornelius den Bericht abgesegnet hat. Die Übergabe an seinen Nachfolger wird wohl schon stattgefunden haben, aber der Statthalter sagte mir, daß der neue Quästor noch keine vollen Befugnisse erhalten hätte.« Der Schreiber schwieg. »Er war hier, um sich dem Prokonsul vorzustellen, nicht wahr? Wie finden Sie ihn?« riskierte ich zu fragen.
»Sehr angenehm.«
»Dann haben Sie ja Glück gehabt! Ein brandneuer designierter Senator mit einem Kindergesicht, der praktisch ahnungslos ins Ausland geschickt wird? Sie hätten leicht auch einen arroganten und ungehobelten erwischen können …«
Der Sklave biß immer noch nicht an. »Sie müssen sich an den Quästor wenden.«
»Aber er ist nicht zugegen, nicht wahr? Der Prokonsul hat mir erklärt, es sei jetzt in Baetica Usus, auch Wildschweinen Kopfsteuer abzuknöpfen! Seine Ehren sagte, falls Sie eine Kopie des Briefes gemacht hätten, sollten Sie mir die zeigen.«
»Natürlich habe ich eine Kopie gemacht! Das mache ich immer.«
Seiner Verantwortung durch die Autorität des Prokonsuls enthoben (eine Erfindung von mir, wie er sich durchaus denken konnte), begab sich der Schreiber des Quästors sofort auf die Suche nach der fraglichen Schriftrolle.
»Sagen Sie mir, was meint man hier, warum Anacrites sich überhaupt für die Sache interessierte?« Der Schreiber hielt in seiner Suche inne. »Ich meine den Oberspion«, ließ ich ihn wissen. »Ich arbeite von Zeit zu Zeit für ihn.« Daß Anacrites jetzt bewußtlos im Prätorianerlager vor sich hindämmerte oder bereits Asche in einer Begräbnisurne war, behielt ich für mich.
Mein mürrischer Gefährte akzeptierte endlich, daß er mit einem Kollegen sprach. »Anacrites hatte von jemandem in der Provinz einen Tip bekommen. Von wem der war, hat er uns nicht mitgeteilt. Es hätte eine böswillige Unterstellung sein können.«
»War er anonym?« Er nickte leicht. »Da Sie schon dabei sind, nach dem Bericht von Cornelius zu suchen, wäre ich dankbar, wenn ich auch einen Blick auf die erste Anfrage von Anacrites werfen könnte.«
»Das war mir klar. Sie müßten zusammen abgelegt sein …« Jetzt klang der Schreiber geistesabwesend. Besorgnis machte sich auf seinem Gesicht breit, die auf mich übersprang. Erneut suchte er die Behälter der Schriftrollen durch. Zweifellos kannte er sich in seinem Ablagesystem aus. Und als er feststellte, daß die Korrespondenz verschwunden war, wirkte seine Verwirrung echt.
Ich begann mir ernsthaft Sorgen zu machen. Wenn Dokumente verschwinden, kann es dafür drei Gründe geben: simple Schlamperei, Sicherheitsmaßnahmen, die ohne Wissen des Sekretariats ergriffen worden sind, oder Diebstahl. Schlamperei ist weit verbreitet, aber selten, wenn es um höchstvertrauliche Dokumente geht. Sicherheitsmaßnahmen sind nie so gut, wie behauptet wird. Jeder Sekretär, der seine Stellung wert ist, wird einem sagen, wo
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