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Zwielicht in Cordoba

Titel: Zwielicht in Cordoba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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kleinen Kammern zum Privatgebrauch rechts und links vom Flur. Aber das reichte nicht mehr aus für eine Familie, die sich eindeutig als den aufsteigenden Stern von Corduba betrachtete.
    Das ganze Gebäude war von Gerüsten umstellt. Das Dach war weg. Ein zweites Stockwerk wurde in die Höhe gezogen. Einige der Wände waren eingerissen, damit man sie durch römischen Beton und vorgesetzte Ziegel ersetzen konnte, wie ich sie im Werkhof gesehen hatte. Ein wuchtiger Eingangsportikus war auf der Vorderseite angebracht worden, mit allem drum und dran – Marmorstufen und Säulen, die bis zur Höhe des neues Daches hinaufreichten. Korinthisches Design wurde offenbar immer beliebter in Baetica. Die Kapitelle waren mit Massen von Akantusblättern verziert – wobei eines der Kapitelle leider herabgefallen war. Es lag dort, wo es aufgeprallt war, in zwei Stücke zerbrochen. Die Arbeit am Portal war zum Stillstand gekommen, wahrscheinlich, weil sich die Steinmetze in eine Ecke zurückgezogen hatten, um sich eine gute Ausrede einfallen zu lassen. Außerdem wurde der gesamte Grundriß des Hauses auf die zwei- bis dreimalige Größe des ursprünglichen erweitert. Zu meiner Verwunderung bewohnte die Familie weiterhin den Kern des Hauses, während die Arbeiten voranschritten.
    Als ich nach Licinius Rufius fragte, erschien als erstes seine Frau zu meiner Begrüßung. Sie fand mich im neuen Vestibül, wo ich staunend ein riesiges Bild von den Schlachten Alexanders des Großen betrachtete. Ich hatte überlegt, ob ich es wagen konnte, den großen, von Säulen umgebenen, neu gestalteten Innenhof zu erforschen, der in ein Wunder importierter Marmorkolonnaden und in Löwenform geschnittener Sträucher verwandelt worden war und an dessen Ende ich gerade noch ein monumentales, in Bau befindliches Eßzimmer sehen konnte.
    Claudia Adorata, eine ältliche, sich sehr gerade haltende Frau, trug ihr graues Haar in der Mitte gescheitelt und mit einem Kreis von Kristallnadeln im Nacken zum Knoten aufgesteckt. Sie war in safranfarbenes Leinen gekleidet und mit einer hübschen Kette aus gewundenen Golddrähten geschmückt, an denen Achate, Smaragde und Bergkristalle so ineinander verwoben waren, daß es an einen Schmetterling erinnerte. »Verzeihen Sie die Unordnung!« entschuldigte sie sich und erinnerte mich an Mama. Der Schicklichkeit halber waren ihr Dienstmädchen in das hallende Atrium gefolgt, aber als sie erkannte, daß ich halbwegs zahm aussah, klatschte sie in die Hände, worauf die Mädchen eilends an ihre Webstühle zurückhuschten. Ihre Webarbeiten mußten von jeder Menge Baustaub durchsetzt sein.
    »Gnädige Frau, ich bewundere Ihren Mut und Ihren Elan!« meinte ich mit freimütigem Grinsen.
    Es stellte sich heraus, daß die alte Dame keine Ahnung hatte, warum ich gekommen war. Wir sprachen über Helena und die Familie Camillus, was offenbar als Empfehlung ausreichte. Sie sagte, ihr Mann sei auf dem Gut unterwegs, würde aber bereits geholt, um mich zu begrüßen. Während wir auf ihn warteten, bot sie an, mir die Renovierungsarbeiten zu zeigen. Da ich mich stets bemühe, höflich zu alten Damen zu sein, sagte ich pflichtschuldig, ich sei immer froh, neue Ideen aufschnappen zu können. Das schäbige Loch, das Helena und ich in Rom bewohnten, lag gewiß weit außerhalb des Vorstellungsvermögens dieser Dame. Ich war mir noch nicht mal sicher, ob sie begriffen hatte, daß ich der Vater des Kindes der edlen Helena war.
    Als Licinius Rufius schließlich eintraf, saßen seine Frau und ich neben dem neuen Fischteich (so lang wie das ganze Haus), tauschten Erfahrungen im Umgang mit kampanischen Rosen und bithynischen Schneebällen aus und tranken erwärmten Wein aus Bronzebechern wie zwei alte Freunde. Ich hatte das aus fünf Räumen bestehende Badehaus mit seinem komplizierten Heizsystem, der Aufwärmkammer und dem Trainingsraum bewundert; die halbfertigen, aber hübschen Schwarzweißmosaike gepriesen; sie um die neue Küche beneidet; den Namen des Freskenmalers notiert, der die Sommer- und Wintereßzimmer ausmalte; hatte die zukünftige Bibliothek bestaunt und entsprechende Enttäuschung geäußert, weil ich die Zimmerflucht der Schlafräume im ersten Stock nicht betrachten konnte, da die Treppe noch nicht gebaut war.
    Jetzt saßen wir auf teuren Klappstühlen und stellten unsere Becher auf einem dazu passenden Klapptisch ab, der mit einem exquisiten spanischen Leinentischtuch bedeckt war. Man hatte die Möbel für uns auf einem kleinen

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