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Zwielicht in Cordoba

Titel: Zwielicht in Cordoba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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gepflasterten Patio aufgestellt, der einen erstaunlichen Blick auf eine halbrunde Grotte am Ende des Fischteiches freigab. Geschmückt war die Grotte mit einem glitzernden Glasmosaik von Neptun inmitten einer Menge sich windenden Meeresgetiers, das von einer dicken Schicht Muscheln umgeben war. Bestimmt hatte die baetische Purpurschnecken-Industrie viele davon beigesteuert.
    Vorsichtiges Nachfragen hatte dazu geführt, daß Claudia Adorata die Finanzsituation ihrer Familie als »zufriedenstellend« bezeichnete.
    Es gab einen Grund für diese plötzliche Renovierungskampagne. Sie und ihr Mann wollten einen strahlenden Hintergrund für die zukünftigen Erfolge ihrer sehr geliebten Enkelkinder schaffen, vor allem für den Jungen. Sein vollständiger Name war Gaius Licinius Claudius Rufius Constans, was eine lange und schmückende Ehreninschrift abgeben würde, wenn seine fabelhaften Taten eines Tages in seiner Heimatstadt gefeiert würden. Selbstverständlich hielt der Senat bereits einen Platz für ihn warm, und man hoffte, er würde es mindestens bis zum Konsul bringen. Ich versuchte, beeindruckt auszusehen.
    Claudia erzählte mir, daß sie und ihr Mann die beiden Enkelkinder großgezogen hatten, da sie schon sehr früh zu Waisen geworden waren. Die Mutter war ein paar Wochen nach der Geburt des männlichen Erben gestorben; der Vater, selbst der einzige Sohn und Erbe, hatte noch drei weitere Jahre durchgehalten und war dann von einem Fieber hinweggerafft worden. Die zwei Kleinkinder waren der Trost ihrer Großeltern geworden und ihre Hoffnung für die Zukunft – eine äußerst gefährliche Situation für junge Menschen. Zumindest besaßen sie Geld genug, das zu überstehen. Andererseits, schon in so jungen Jahren so viel Geld zu haben, konnte ihre Lage noch gefährlicher machen.
     
    Licinius Rufius kam in einer Staubwolke zu uns heraus und wusch dabei seine Hände in einer Silberschale, gehalten von einem Sklaven, der eilig neben ihm hertrippelte. Licinius war stämmig, aber nicht übergewichtig, hatte ein breites Gesicht und einen Schopf krauser Haare, die nach einer Seite abstanden. Eine Generation älter als Annaeus Maximus, stand er noch fest auf beiden Beinen und wirkte dynamisch. Er begrüßte mich mit einem Handschlag, der mir fast die Finger zerquetschte, nahm dann auf einem der Stühle Platz, worauf das Kissen ganz platt wurde und die zarten Beine sich bogen. Er bediente sich aus dem Schälchen schwarzer Oliven, aber mir fiel auf, daß er keinen Wein trank. Vielleicht war er meinen Motiven gegenüber mißtrauischer als seine Frau. Claudia Adorata lächelte erleichtert, daß er nun das Gespräch übernahm, und schlüpfte hinaus.
    Auch ich nahm mir ein paar von den Oliven. (Sie waren von ausgezeichneter Qualität, fast so fleischig wie die besten aus Griechenland.) Das Kauen verschaffte uns beiden eine kurze Pause, in der wir einander gegenseitig mustern und einschätzen konnten. Licinius würde dabei einen zuvorkommenden Mann in einer schlichten grünen Tunika und einem schon etwas ausgewachsenen römischen Haarschnitt vor sich sehen, der fraglos die traditionellen Tugenden von Ehrlichkeit, Aufrichtigkeit und persönlicher Bescheidenheit verkörperte. Ich sah in ihm einen älteren Mann mit undurchdringlichem Gesichtsausdruck, und ich beschloß, ihm kein Jota zu trauen.

XXIX
    Von Anfang an hatte ich das Gefühl, daß Licinius Rufius im Gegensatz zu seiner Frau genau wußte, warum ich nach Baetica gekommen war. Er ließ mich ein paar müßige Bemerkungen über das Ausmaß seiner Renovierungsarbeiten machen, doch bald ging das Gespräch auf landwirtschaftliche Dinge über, die zu dem eigentlichen Objekt meiner Befragung führen würden. Das magische Wort »Kartell« wurde nicht ausgesprochen, obwohl es die ganze Zeit in der Luft hing. Offen erklärte ich ihm: »Ich könnte behaupten, nach Corduba gekommen zu sein, um den Familienbesitz von Decimus Camillus zu inspizieren – aber in Wahrheit verfolge ich mit meiner Reise hierher einen offiziellen Zweck …«
    »Es gab das Gerücht, daß ein Inspektor aus Rom erwartet wurde«, erwiderte Rufius bereitwillig. So, so. Na gut, warum etwas vortäuschen? Die Nachricht, daß Anacrites geplant hatte, einen Agenten zu schicken und daß es sich dabei um mich handelte, war zweifellos aus dem Büro des Prokonsuls durchgesickert – und wahrscheinlich allen seinen baetischen Freunden vom Prokonsul selbst bestätigt worden.
    »Ich wollte mit Ihnen gern über die

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