Zwielicht in Cordoba
Olivenölherstellung reden.«
»Wofür Baetica natürlich genau der richtige Ort ist!« Licinius ließ es so klingen, als sei ich nur zu einer allgemeinen Lagebeurteilung hergekommen, statt eine gefährliche Verschwörung zu untersuchen, dank der bereits zwei Agenten der Schädel eingeschlagen worden war. Ich spürte, wie der alte Mann das Gespräch an sich riß. Er war es gewöhnt, sich über seine Ansichten zu verbreiten. Zu meinen, alles zu wissen, ist eine Angewohnheit reicher Männer, die sich große Imperien jedweder Art aufgebaut haben.
»Ich habe mit Marius Optatus auf dem Camillus-Gut über ein paar Zahlen gesprochen«, unterbrach ich ihn so rasch wie möglich. »Er schätzt, daß es ungefähr fünf Millionen Olivenbäume und tausend Ölmühlen im Hinterland des Baetis geben müßte. Ein Großgrundbesitzer wie Sie dürfte etwa dreitausend acti quadrati besitzen – sagen wir acht oder zehn Zenturien Land?«
Er nickte, sagte aber nichts dazu, was sicherlich bedeutete, daß er mehr besaß. Das war ein gewaltiges Gebiet. Es gab ein altes Vermessungssystem, das wir alle in der Schule gelernt hatten, bei dem zwei acti einem »Joch« entsprachen und zwei Joch einem »Erbgut« – die Menge Land, die in den genügsamen Tagen der Republik als ausreichend für die Ernährung einer Person galt. Ausgehend von dieser Rechnung konnte ein durchschnittlicher baetischer Ölmagnat siebenhundertfünfzig Menschen ernähren – nur daß die alte Vermessungsmethode für Land galt, auf dem ausschließlich Gerste, Bohnen und Kohl für den privaten Verbrauch angebaut wurden, keine Luxusexportgüter wie Olivenöl.
»Wie hoch ist der durchschnittliche Ernteertrag pro Zenturie?«
Obenhin erwiderte Licinius Rufius: »Je nach Boden und Wetter zwischen fünf- und sechshundert Amphoren.« Also würde ein Besitz von der Größe, wie ich ihn errechnet hatte, zwischen vier- und fünftausend Amphoren pro Jahr ergeben. Damit konnte man sich einen ganzen Wald korinthischer Säulen leisten und dazu noch ein nettes öffentliches Forum stiften.
»Und wie geht es meinem jungen Freund Optatus?« wechselte Rufius glattzüngig das Thema.
»Recht gut, soweit ich das beurteilen kann. Er hat mir ein wenig von seinem Pech erzählt.«
»Ich war höchst erfreut, als er diesen neuen Pachtvertrag übernahm«, sagte der alte Mann in einem Ton, als sei Marius Optatus sein zahmer Affe. So wie ich Optatus kennengelernt hatte, würde er es nicht hinnehmen, gönnerhaft behandelt zu werden.
»Die Art, wie er seinen früheren Pachtvertrag verloren hat, klingt ziemlich hart. Glauben Sie, er hatte nur Pech, oder wurde er sabotiert?«
»Oh, das lag sicher nur an widrigen Umständen«, rief Licinius Rufius – als wisse er verdammt gut, daß das nicht der Fall gewesen sei. Er würde sicher keine Vorwürfe gegen einen anderen Landbesitzer erheben. Streit unter Kollegen ist schlecht für das Geschäft. Die Parteinahme für Opfer bringt kein Geld ein.
Licinius hatte recht mitfühlend geklungen, aber ich erinnerte mich, wie bitter Optatus gewesen war, als er mir erzählte, daß keiner der Einheimischen ihn bei seinem Streit mit seinem ehemaligen Pachtherrn unterstützt hatte. Ich ließ es darauf ankommen. »Quinctius Attractus geht bei seinen Geschäften ziemlich rücksichtslos vor, sehe ich das richtig?«
»Er ist recht streng. Dagegen läßt sich nichts sagen.«
»Das deckt sich aber wenig mit dem wohltätigen Patronatssystem, das wir Römer als Tradition betrachten. Was halten Sie persönlich von ihm?«
»Ich kenne den Mann kaum.«
»Ich erwarte nicht von Ihnen, daß Sie einen der anderen Landbesitzer kritisieren. Aber ich nehme doch an, daß jemand, der so gewieft ist wie Sie, sich irgendein Urteil gebildet hat, nachdem er bei dem Mann in Rom zu Gast war und in seinem Haus gewohnt hat!« Licinius ließ sich immer noch nicht zu einer Äußerung verleiten, also fügte ich kalt hinzu: »Dürfte ich Sie fragen, wer für Ihre Überfahrt bezahlt hat?«
Er verzog die Lippen. Ein zäher alter Bursche! »Viele Leute aus Baetica sind von Attractus nach Rom eingeladen worden, Falco. Das ist eine Geste der Höflichkeit, die er oft macht.«
»Und, lädt er seine Gäste auch ebenso oft dazu ein, den Ölmarkt aufzukaufen und die Preise hochzutreiben?«
»Das ist ein sehr schwerwiegender Vorwurf.«
Rufius klang bei dieser Antwort genauso steif wie Annaeus. Aber im Gegensatz zu Annaeus konnte er sich nicht mit Gastgeberpflichten herausreden, und so hinderte mich
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