Zwielicht in Cordoba
mochte, verflog jedoch sofort, denn sie roch wie eine Schüssel Salat.
»Ich sehe, du marinierst unser Kind!«
Ruhig fuhr sie fort, ihren Bauch mit Olivenöl zu massieren. »Angeblich soll das die Hautdehnung erleichtern – und wenn noch was übrigbleibt, kann ich es für unser Mittagessen verwenden.«
»Erstaunliches Zeug. Soll ich dir beim Einreiben helfen?«
Helena drohte mir mit einem baetischen Tonkrug. »Nein.«
»Tja, es wird dir bestimmt gut tun.«
»Zweifellos! Man verwendet Olivenöl ja auch für Teig. Vielleicht gehe ich dann noch mehr auf und bekomme obendrein eine knackige Kruste …« Helena sammelte gern volkstümliches Wissen an, wenn es ihr auch schwerfiel, es ernstzunehmen.
Ich ließ mich auf eine Liege sinken, machte es mir bequem und schaute ihr zu. In einem seltsamen Anfall von Sittsamkeit wandte Helena mir den Rücken zu. »Gab es je eine nützlichere Substanz?« sinnierte ich. »Olivenöl hindert Verbrennungen daran, Blasen zu bilden, ist gut für die Leber, läßt Eisentöpfe nicht rosten und konserviert Nahrungsmittel. Aus dem Holz des Olivenbaums lassen sich Schüsseln schnitzen, und es brennt gut …«
»In diesem Land werden die Kinder mit einem Brei aus Olivenöl und Weizen entwöhnt«, ergänzte Helena und wandte sich mir wieder zu. »Ich habe mich mit der Köchin unterhalten. Baetische Hebammen verwenden Olivenöl, damit das Baby leichter rausgleiten kann.«
Ich lachte leise in mich hinein. »Und dann präsentieren sie dem glücklichen Vater eine kleine angemachte Zwiebel zur Namensgebung!«
»Ich verabreiche Nux jeden Tag einen Löffel voll, damit sie ein schöneres Fell bekommt.«
Als Nux ihren Namen hörte, hob sie den Kopf von dem Läufer, auf dem sie geschlafen hatte, und wedelte begeistert. Ihr Fell war struppig und rauh und an ihren häßlichen Extremitäten undurchdringlich verfilzt. »Nichts wird Nux’ Fell verbessern«, sagte ich bedauernd. »Am besten schert man es komplett ab. Du solltest ihr allmählich beibringen, daß sie nie ein verwöhnter Schoßhund werden wird. Sie ist ein stinkender Straßenköter, mehr nicht.«
»Los, bedank dich bei Marcus dafür, daß er dich so liebt!« säuselte Helena dem Hund zu, der sich sofort erhob und mir mit einem Satz mitten auf die Brust sprang. Falls dies ein Hinweis darauf war, welche Art subversiver Mutter Helena Justina zu werden gedachte, stand mir mehr Ärger bevor, als ich erwartet hatte. Während ich die lange, aufgeregte Zunge abwehrte, entwaffnete mich Helena plötzlich mit der Erklärung: »Mir gefällt es hier. Es ist so friedlich auf dem Land, und niemand setzt uns hier zu. Ich bin gern mit dir allein, Marcus.«
»Mir gefällt es hier auch«, brummte ich. Es stimmte. Wäre da nicht das Baby und mein festes Vorhaben gewesen, Helena rechtzeitig in die Obhut unserer Mütter zurückzubringen, damit sie beide die Geburt überwachen konnten, hätte ich monatelang hierbleiben mögen. »Vielleicht sollten wir in eine ferne Provinz auswandern, weit weg von allem.«
»Du gehörst in die Stadt, Marcus.«
»Mag sein. Oder ich werde mich vielleicht eines Tages mit dir in einer Villa an einem Flußtal niederlassen – die Ortswahl überlasse ich dir.«
»Britannien!« gab sie boshaft zurück. Ich kehrte zu meinem alten Traum eines Stadthauses über dem Tiber mit einem Terrassengarten und Blick auf Rom zurück.
Helena beobachtete mich, während ich mich diesen romantischen Gedanken hingab. Ihr mußte meine verzweifelte Situation bewußt sein, die alle Hoffnungen zwecklos und alles Planen unsinnig erscheinen ließ. Ihre Augen funkelten in einer Weise, die mich den Hund wegschieben ließ. »Marcus, die Köchin hat mir auch erzählt, daß eine ölreiche Ernährung Frauen leidenschaftlicher und Männer sanfter macht.«
Ich streckte die Arme nach ihr aus. »Das können wir leicht überprüfen!«
XXXI
Helena schlief. In diesem entspannten, wehrlosen Zustand sah sie erschöpfter aus als in Augenblicken, wo sie wußte, daß ich sie beobachtete. Ich redete mir ein, daß ein Teil ihrer momentanen Erschöpfung auf meine überschäumenden Fähigkeiten als Liebhaber zurückzuführen sei, aber ihr abgespanntes Gesicht begann mir Sorgen zu machen.
Ich hätte diese weite Reise nie zulassen dürfen. Sie nach Baetica zu schleppen war einfach dumm gewesen. Es gab kaum Aussicht, meine Aufgabe vor der Geburt des Kindes zu beenden. Die letzten beiden Tage hatten mich gelehrt, was ich von Anfang an hätte wissen sollen: Keine dieser
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