Zwielicht in Cordoba
heute unter uns?«
»Nein, er ist mit einem Freund unterwegs«, unterbrach der römische Senator mit kaum verhohlener Ungeduld. »Sie sollten sich besser einen Platz suchen, Laeta. Die Musikanten stimmen bereits ihre Instrumente. Einige von uns haben dafür bezahlt, und wir möchten für unser Geld auch etwas bekommen!«
Laeta schien zufrieden mit sich. Er hatte den Senator deutlich verärgert. Während wir uns den Weg durch den Raum bahnten und die Sklaven die Serviertische wegtrugen, um Platz zu schaffen, zischelte Laeta mir zu: »Unerträglicher Mann! Er macht sich in einem Maße wichtig, das allmählich unakzeptabel wird. Vielleicht werde ich Sie um Ihre Unterstützung bitten, Falco, wenn ich ihn zur Ordnung rufen muß …«
Da konnte er lange bitten. Mitgliedern von Freßclubs auf die Finger zu klopfen gehörte nicht zu meinen Aufgaben.
Mein Gastgeber war noch nicht damit fertig, Aufsteigern einen Nasenstüber zu verpassen. »Anacrites! Und wer unter unseren illustren Mitgliedern hat Ihre Aufmerksamkeit verdient?«
»Ja, für mich ist es ein Arbeitsessen.« Anacrites hatte eine sanfte, kultivierte Stimme, der ebensowenig zu trauen war wie einem Teller überreifer Feigen. Schon beim ersten Wort stieg mir die Galle hoch. »Ich bin hier, um Sie zu beobachten, Laeta!« Der Gerechtigkeit halber mußte man sagen, daß er keine Angst hatte, die Sekretariate zu verärgern. Er konnte auch, wenn nötig, rasch mit dem Dolch zustoßen.
Ihre Fehde lag offen zutage – der legitime Administrator, der sich der Manipulation und Arglist bediente, und der Tyrann der Sicherheitskräfte, der Erpressung, Einschüchterung und Heimlichtuerei benutzte. Sie wurden von demselben Motiv angetrieben: beide wollten König des Misthaufens sein. Bisher gab es keinen großen Unterschied zwischen einem von Laeta verfaßten, gut formulierten, vernichtenden Bericht auf erstklassigem Papyrus und einer in das Ohr des Kaisers geflüsterten falschen Anschuldigung des Spions. Aber eines Tages mußte dieser Konflikt offen ausbrechen.
»Ich erzittere!« Laeta beleidigte Anacrites, indem er ihm mit Sarkasmus begegnete. »Kennen Sie Didius Falco?«
»Selbstverständlich.«
»Das sollte er wohl«, grummelte ich. Jetzt war ich an der Reihe, den Spion zu attackieren: »Anacrites mag zwar desorganisiert sein, aber selbst er vergißt es nicht, wenn er einen Agenten in feindliches Gebiet schickt und dann die örtliche Regierung informiert. Ich verdanke diesem Mann eine Menge, Laeta. Ohne meine Findigkeit wäre es ihm gelungen, mich als Fraß für alle Krähen von Petra in der nabatäischen Wüste an einen Felsen ketten zu lassen. Und ich glaube nicht, daß die grausamen Nabatäer sich damit aufhalten, einen unwillkommenen Besucher vorher zu töten.«
»Falco übertreibt«, meinte Anacrites mit einem süffisanten Lächeln. »Es war ein bedauerliches Versehen.«
»Oder ein taktischer Schachzug«, erwiderte ich kühl.
»Falls es mein Fehler war, entschuldige ich mich.«
»Lassen Sie nur«, sagte ich zu ihm. »Zum einen lügen Sie, und zum anderen ist es ein Vergnügen, Sie weiterhin zu hassen.«
»Falco ist ein wunderbarer Agent«, sagte Anacrites zu Laeta. »Er weiß fast alles, was man über schwierige Auslandsmissionen wissen muß – und er hat das alles von mir gelernt.«
»So ist es«, stimmte ich milde zu. »Kampanien vor zwei Jahren. Sie haben mir all die Fehler und Stümpereien beigebracht. All die Möglichkeiten, örtliche Empfindlichkeiten zu verletzen, Beweise zu zertrampeln und ohne Ergebnis nach Hause zu kommen. Sie haben mir das vorgemacht – und dann zog ich los und habe den Auftrag vernünftig erledigt. Der Kaiser dankt mir noch heute dafür, daß ich in jenem Sommer gelernt habe, Ihre Fehler zu vermeiden!«
Laeta mischte sich ein: »Ich bin sicher, daß wir alle von Ihrer gemeinsamen Vergangenheit profitieren!« Damit ließ er Anacrites wissen, daß ich jetzt für ihn arbeitete. »Das Unterhaltungsprogramm beginnt«, meinte er dann lächelnd in meine Richtung. Der allgemeine Lärm im Raum hatte sich beim Anblick der Tänzerin gelegt, die sich auf ihren Auftritt vorbereitete. Laeta klopfte mir auf die Schulter – eine Geste, die mich schrecklich nervte, aber ich achtete darauf, daß Anacrites das nicht mitbekam. »Bleiben Sie und genießen Sie es, Falco. Ich würde zu gegebener Zeit dann gerne Ihre Meinung hören …« Es war offensichtlich, daß er nicht über die Musiker sprach. Er wollte Anacrites den Eindruck vermitteln,
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