Zwielicht in Cordoba
daß hier etwas vorging. Was mir durchaus recht war.
Es gab nur noch zwei freie, sich gegenüber stehende Liegen an der Schmalseite des Raumes. Ich hatte bereits eine ausgewählt, aber jemand kam mir zuvor. Ein Mann, den ich schwer einschätzen konnte – ein Bursche in unauffälliger, haferfarbener Tunika, etwa in meinem Alter. Er ließ sich auf die Liege fallen, als habe er schon vorher da gelegen, und lehnte sich dann auf den Ellbogen, die muskulösen Beine bequem ausgestreckt. Am Oberarm hatte er eine alte Narbe, und seine dicken Fußsohlen wiesen darauf hin, daß er viel unterwegs war. Er sprach mit niemandem, wirkte aber durchaus umgänglich, wie er sich so die Trauben in den Mund fallen ließ und das Mädchen angrinste, das sich für seinen Auftritt bereit machte.
Ich griff nach einem Weinbecher, um mich für das Kommende zu stärken, und nahm auf der letzten verbliebenen Liege Platz – derjenigen neben Anacrites, die bereits teilweise von meiner Garum-Amphore besetzt war.
IV
Zwei Musiker traten auf, beide mit der tiefschwarzen Haut der Nordafrikaner. Der eine spielte Kithara, und das ziemlich schlecht. Der andere war jünger und hatte bedrohlicher wirkende, schrägstehende Augen. Er entlockte seiner Handtrommel schnelle, komplexe Rhythmen, während das Mädchen aus Hispalis sich daran machte, uns mit dem traditionellen Zigeunertanz zu erfreuen. Ich schenkte Anacrites ein freundliches Lächeln, um ihn zu ärgern, während wir uns darauf vorbereiteten, über die Geschmeidigkeit ihrer Hüften zu staunen. »Diana scheint eine heiße Nummer zu sein. Haben Sie sie schon vorher gesehen?«
»Ich glaube nicht … Und, womit hat sich unser Falco denn in letzter Zeit so beschäftigt?« Ich kann Leute nicht ausstehen, die mich so gönnerhaft behandeln.
»Staatsgeheimnis.« Ich hatte den Winter damit verbracht, Vorladungen für eine Reihe schmieriger Winkeladvokaten zu überbringen und außerdem als unbezahlter Träger im Auktionshaus meines Vaters gearbeitet. Aber es machte Spaß, so zu tun, als unterhielte der Palast ein von Claudius Laeta geführtes, rivalisierendes Spionagenetz, über das Anacrites keine Kontrolle hatte.
»Falco, falls Sie für Laeta arbeiten, rate ich Ihnen, sich in acht zu nehmen!«
Ich ließ ihn mein amüsiertes Grinsen sehen und wandte mich dann wieder der Tänzerin zu. Sie führte uns mit ihrem goldenen Pfeil und Bogen ein paar aufreizende Stellungen vor: auf der Zehenspitze stehend, das eine Bein nach hinten, während sie scheinbar auf Gäste zielte, damit sie sich zurücklehnen und ihren halbentblößten Busen vorführen konnte. Da wir uns hier in Rom befanden, löste sie damit keinen Aufruhr aus. Zumindest nicht, solange kein angesehener Ritter nach Hause ging und seiner mißtrauischen Frau das dürftige griechische Kostüm in aller Ausführlichkeit beschrieb.
»Ich habe mich mit dem jungen Camillus unterhalten.« Anacrites hatte sich herübergebeugt, um mir ins Ohr zu flüstern. Ich riß die Hand hoch und kratzte mich, als sei irgendwelches Ungeziefer auf mir gelandet. Dabei hätte ich ihm um ein Haar ein blaues Auge verpaßt. Er schnellte auf seiner Liege zurück.
»Aelianus? Das muß Ihre Geduld schwer auf die Probe gestellt haben«, sagte ich. Auf Anacrites’ anderer Seite achtete Helenas wütender Bruder darauf, meinem Blick auszuweichen.
»Er scheint ein vielversprechender junger Mann zu sein. Ganz offensichtlich hat er nichts für Sie übrig, Falco.«
»Aelianus wird schon noch erwachsen werden.« Der Spion hätte inzwischen wissen müssen, daß ich so nicht zu ködern war.
»Ist er nicht Ihr Schwager oder sowas?« Das klang ebenso nebenbei wie beleidigend.
»Oder sowas«, stimmte ich ruhig zu. »Was tut er hier? Erzählen Sie mir nicht, er hätte hier hohe Staatsbeamte erwartet und sich eine Pfründe erschleichen wollen?«
»Nun, er ist gerade aus Baetica zurück!« Anacrites drückte sich gerne geheimnisvoll aus.
Mir mißfiel der Gedanke, daß Helenas feindseliges Miststück von einem Bruder hier mit dem Spion klüngelte. Vielleicht sah ich Gespenster, aber das Ganze roch danach, als würden hier Komplotte gegen mich geschmiedet.
Das Mädchen aus Hispalis war jetzt mitten in ihrer Darbietung, und die Gespräche verstummten. Sie war recht gut, aber nicht außergewöhnlich. Tänzerinnen sind ein blühender Exportartikel aus dem südlichen Spanien und scheinen ihre Ausbildung alle in der gleichen Tanzschule zu erhalten, einer, deren Lehrer in Pension geschickt
Weitere Kostenlose Bücher