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Zwielicht in Cordoba

Titel: Zwielicht in Cordoba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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Abwesenheit von ihr nicht auf dumme Gedanken kam. Es schien zu funktionieren; er war sichtbar entzückt über die Tiere. Der weichherzige Muskelprotz sah ganz versunken zu, wie sein prächtiger Hahn und die drei Hennen den ausgestreuten Mais aufpickten.
    Sie waren hübscher als gewöhnliche Haushühner, eine besondere Art von Perlhühnern, so zierlich, daß sie geradezu danach verlangten, betuttelt und verhätschelt zu werden. Ein hübsches, dunkles Federkleid, glatte Köpfe mit zierlichen Kämmen und gesprenkelt wie Schachbrettblumen.
    Als ich mich ihm zögernd näherte, erhob er sich und starrte mich an. Vielleicht hätte er eine höfliche Unterbrechung hingenommen, zumal wenn ich seine Tiere bewundert hätte. Aber das war, bevor er bemerkte, daß nur noch zwei seiner kostbaren Hennen vorhanden waren. Die dritte war den Kai hinunter gewandert in Richtung des festgemachten Lastkahns – wo sie in wenigen Augenblicken von Nux entdeckt werden würde.

XXXV
    Die Hündin stieß nur ein kurzes, zögerndes Bellen aus, als sie die Henne bemerkte. Einen Herzschlag lang erwog Nux in liebenswürdiger Weise, ob sie sich nicht vielleicht mit dem Viech anfreunden sollte. Dann sah die Henne Nux und flatterte mit entsetztem Gegacker auf einen Poller. Begeistert nahm Nux die Jagd auf.
    Als der Hund auf die kleine Henne zuschoß, ließ der muskelbepackte Gladiator den Hammer fallen, mit dem er eine Sitzstange angenagelt hatte. Eine weitere Henne unter den Arm geklemmt, stürmte er los, um seinen Liebling zu retten. Ich sprintete ihm nach. Er besaß natürlich die ungeheure Geschwindigkeit eines Kämpfers, der seinen Gegner mit einem unerwarteten Todesstoß überraschen muß. Nux, die nichts davon ahnte, setzte sich auf die Hinterbeine und kratzte sich gedankenverloren.
    Marmarides hatte bei der Kutsche herumgelungert, nicht bereit, mit Helena wegzufahren, während ich mit dem berühmten Gorax sprach. Er sah, daß der Spaß losging. Aus den Augenwinkeln bekam ich mit, wie er auf uns zurannte. Jetzt waren wir zu dritt hinter dem Hund und der Henne her – obwohl zu bezweifeln stand, daß einer von uns sie rechtzeitig erreichen würde.
    Dann begann der verkrüppelte Wachmann, den Weinkrug immer noch im Arm, auf dem Kai auf und ab zu hüpfen. Nux hielt es für ein Spiel; die Henne fiel ihr wieder ein, und sie beschloß, sie für ihn zu fangen. Marmarides juchzte. Ich schluckte. Gorax schrie. Die Henne gackerte hysterisch. Genau wie die andere, die an Gorax’ gewaltigen Brustkorb gedrückt war. Nux bellte wieder begeistert und sprang nach der Henne auf dem Poller.
    Mit flatternden Flügeln (und unter Verlust einiger Federn) flog das gefährdete Federviech vom Poller und trippelte direkt vor Nux’ Nase den Kai entlang. Dann hob das dumme Ding ab und flatterte in den Lastkahn hinunter. Gorax machte einen Satz auf Nux zu. Sie hatte am Rand der Planken gestanden und die Henne angebellt, aber als das Schwergewicht mit Mordsgeschrei auf sie zuwalzte, sprang sie der Henne flugs nach. Die Henne wollte aus dem Lastkahn wieder nach oben flattern, wurde aber durch den Wachmann in Angst und Schrecken versetzt, der herunterlugte und ihr obszöne Zärtlichkeiten zurief. Nux strampelte sich mit fliegenden Pfoten zwischen den Hälsen der Amphoren ab.
    Ich sprang vom Kai in den Lastkahn. Das Ding war nur ein einfaches, flaches Holzboot – nichts, woran man sich festhalten konnte. Ich hatte keine Zeit, meinen Sprung richtig abzuschätzen, was zur Folge hatte, daß ich mit meinem Gewicht das eine Ende des Kahns plötzlich in den Fluß hinausschwang. Gorax, der gerade an Bord klettern wollte, glitt auf der Ducht aus, weil das festgemachte Ende des Lastkahns unerwartet gegen den Kai prallte. Er knallte ins Boot, das eine Bein über dem Bootsrand. Unglücklicherweise landete er auf dem Brustkorb und zerquetschte dabei die Henne, die er unter dem Arm getragen hatte. Seinem Gesichtsausdruck nach wußte er, daß das Tier tot war. Ich schwankte gefährlich und versuchte mit aller Kraft, mein Gleichgewicht zu halten, da ich nicht schwimmen kann.
    Marmarides schlidderte auf den Kai und suchte sich ein Opfer. Er gab dem Wachmann einen Schubs, worauf der benebelte Trottel prompt in den Fluß stürzte. Seine ängstlichen Schreie gingen gleich darauf in Gurgeln über. Marmarides besann sich eines Besseren und sprang ihm nach.
    Gorax stieß einen Klagelaut aus, während er das tote Huhn in den Armen wiegte, aber er ließ es fallen, als Nux näher an das immer noch

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