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Zwielicht über Westerland

Zwielicht über Westerland

Titel: Zwielicht über Westerland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Lindwegen
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Sein Gesicht lief rot an. Ruckartig ging er einige Schritte auf sie zu.
    „Hast du gedacht, der verliebte Trottel wird es dir schon nachsehen? Hast du das gedacht?“, schrie er.
    „So etwas denke ich überhaupt nicht“, gab sie, ebenfalls lauter werdend, zurück. „Außerdem hat das gar nichts damit zu tun.“
    „Ach nein, du willst Kinder und alt werden. Nein, das hat wirklich nichts mit mir zu tun.“
    Sophie sah den Schmerz in seinem Gesicht und tat das einzig Verkehrte. Sie lief auf ihn zu und legte erneut ihre Hand auf seinen Arm.
    „Alex, es tut mir so leid. Ich hab dich doch gern, aber ich kann einfach nicht mehr.“
    Im Stillen verfluchte sie sich für diesen banal klingenden Satz, den er wirklich nicht verdient hatte. Wie bereits zuvor wünschte sie, sie hätte die Grenzen ihrer Freundschaft vor langer Zeit festgesteckt.
    „Spar dir dein Mitleid für deine Patienten auf.“ Er stieß sie mit solcher Wucht von sich, dass sie hintenüber in den Sand fiel. Von oben schaute er auf sie herab. Für einen kurzen Moment glaubte sie, er würde sich auf sie stürzen, doch er ballte nur die Fäuste und fixierte sie.
    „Was denkt die alte Kuh sich dabei, dir solche Sachen zu erzählen?“, fauchte er auf sie herunter.
    „Sie denkt nichts mehr. Sie hat es nicht mehr ertragen und sich vor die Regionalbahn geworfen“, gab Sophie atemlos zurück.
    „Und das hältst du für Klasse? Ach ja, du hängst ja auch nicht besonders am Leben.“
    Das war eine Anspielung auf damals, als er sie zur Blutsucht geführt hatte. Das war unter der Gürtellinie und in Sophie erwachte der Kampfgeist.
    „Wenn wir schon bei der Wahrheit sind, werd’ ich dir was sagen. Ich hatte nie vor, ins Wasser zu gehen. Ich wollte dir nur keine Schuldgefühle machen. Niemals hätte ich Jan alleine gelassen, nach dem, was mit unseren Eltern passiert ist. Du bist also nicht mein Retter. Du hast mir dieses verdammte Nichtleben angehängt. Lieber wäre ich damals gestorben als mit dir zu gehen.“
    Verletzten sollte es ihn, so wie seine Worte sie verletzten, denn umstoßen ließ sie sich nicht, auch nicht von ihm. Und wenn sie ehrlich war, bereitete es ihr ein wenig Genugtuung, dass sie ihn getroffen hatte. Nicht einmal antworten konnte er. Jetzt war der Zeitpunkt gekommen, das Blatt zu wenden, dachte sie. Sollte er siein den Dreck werfen, sie würde nicht nachgeben. Sie hatte es satt, nach ihren Clanvorschriften in ihrer selbsternannten Demokratie, die keine war, zu leben. Letztendlich waren sie steinalte Männer mit steinalten Gesetzen und er war einer von ihnen.
    „Und außerdem, denk nicht, ich weiß nicht, wer Jan das angetan hat.“
    Sie nahm impulsiv eine Handvoll Sand und warf nach ihm.
    Er stand da und starrte sie an. Der feuchte Sand traf ihn mitten ins Gesicht. Alex hatte nicht einmal versucht auszuweichen, sondern nur die Augen geschlossen. Für den Bruchteil einer Sekunde war es ganz still, dann schaute er sie an. An diesem Blick erkannte sie, dass sie den Bogen überspannt hatte. Sein Gesicht verzog sich zu einer aggressiven Grimasse als er schrie: „Du undankbares Biest! Wenn du sterben willst, dann stirb doch!“
    Mit drei Schritten war er bei ihr und packte sie am Zopf. Seine starken Unterarme umklammernd schrie sie auf vor Schmerz. Halb laufend, halb schleifend musste sie ihm ins Wasser folgen. Damit hatte sie nicht gerechnet. Sie schrie, sie bettelte, sie flehte, aber er hörte nicht auf sie. Ihr Kleid sog sich voll Wasser und legte sich wie eine Fessel um ihre Beine. Ihre Füße verloren den Halt im weichen Sand und sie fiel auf die Knie, während er festen Schrittes weiter ging und sie unbarmherzig mit sich zog. Das Meerwasser spritzte ihr in Mund und Nase, bis sie nach Luft schnappte.
    „Alex, bitte, bitte, hör auf!“, flehte sie gurgelnd. „Lass mich gehen!“ Aber ihre Worte schienen ihn nicht zu erreichen, denn als sie bis zu den Knien im Wasser waren, drückte er sie unter die Oberfläche. Ihr Gesicht berührte den Boden neben seinen Füßen. Mit beiden Händen stieß sie sich vom Sand ab und versuchte, sich zu befreien, doch er war stärker. Erst als ihre linke Hand sein Bein zu fassen bekam und sich am Stoff seiner Hose festklammerte, ließ er los. Hustend und spuckend versuchte sie, sich zu fangen. Er stand neben ihr und ließ sie nicht aus den Augen. Erst als sie es schaffte, ihren Oberkörper aufzurichten, verließ er sie ohne ein Wort.
    Erschöpft fiel sie in den feinen weißen Sand, der sich wie eine

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