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Zwielichtlande - Kellison, E: Zwielichtlande

Zwielichtlande - Kellison, E: Zwielichtlande

Titel: Zwielichtlande - Kellison, E: Zwielichtlande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erin Kellison
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erschien ein Bild. Es handelte sich um ein Foto einer Skulptur, aufgenommen in einer Galerie. Adam beugte sich hinunter und erkannte eine abstrakte, aus unterschiedlichen Materialien gefertigte Figur. Ein menschenähnlicher Körper war in netzartigen Schleiern gefangen und wand sich vor Qualen. Die Skulptur berührte Adam, er empfand Mitgefühl mit der Gestalt, die vergeblich versuchte, sich aus der Falle zu befreien. Das konnte jeder sein, aber Adam erkannte sich selbst darin wieder.
    »Sehr stark«, sagte er und zeigte nicht, dass die Skulptur ihm die Luft zum Atmen nahm. Genauso fühlte er sich Jacob gegenüber. Gefangen.
    »Haben Sie auf den Titel des Werkes geachtet?«
    Adam senkte erneut den Blick. Anders als erwartet war das Foto auf dem Bildschirm nicht betitelt, aber wenn er die Augen zusammenkniff, konnte er in dem Foto selbst ein Schild entziffern, das sich vor der Skulptur auf dem Boden befand: DER MANN DER SCHATTEN.
    »Das ist nicht … Sie glauben doch nicht … « Sie konnte unmöglich glauben, dass die Skulptur eine Abbildung von dem Schattenmann war.
    »Doch.« Talia lächelte. Ihre Augen leuchteten vor Aufregung, für einen Augenblick war ihr Forschergeist sogar stärker als ihr Kummer. Der Ausdruck machte ihn nervös. Wenn sie sich freute, war sie geradezu schön. Er musste den Blick von ihr lösen, um sich auf den Bildschirm zu konzentrieren.
    »Abgesehen von dem Titel, wie sind Sie darauf gekommen?«
    Talia hob eine Hand und bedeutete ihm zu warten, während sie sich mit der anderen durch die zahlreichen Dateien klickte, die auf dem Bildschirm geöffnet waren. Ein weiteres Bild erschien, eine Schwarz-Weiß-Fotografie, die man digital bearbeitet hatte, sodass eine öde Landschaft entstanden war. Darauf hielt ein kaum sichtbarer Wirbelwind eine Gestalt gefangen, die sich in ähnlicher Weise krümmte. Die Abbildung erschien surrealer als die erste, wie ein Bild von Salvador Dalí, aber mit ähnlicher Wirkung.
    Seine Augen zuckten zu dem Titel, der mit Bleistift in den weißen Rand unterhalb des Bildes geschrieben stand. Schattenmann .
    »Zufall«, behauptete Adam. »Glauben Sie mir, ich habe im Internet jede mögliche Spur zum Schattenmann überprüft … «
    Talia hob die Brauen und schüttelte energisch den Kopf.
    »Was?« Adam spürte einen Druck in seiner Brust, eine seltsame Mischung aus Verzweiflung und Aufregung. Er fand den Gedanken unerträglich, dass er all die Jahre etwas übersehen hatte, aber wenn er heute noch mehr erfahren konnte, wollte er es unbedingt wissen.
    »Ich kann Ihnen noch sechs weitere zeigen, alle ganz ähnlich. Bei einer Internetrecherche tauchen die Bilder nicht auf. Dort erscheint, wie Sie schon sagen, nichts, das irgendwie in Beziehung zum Schattenmann steht. Irgendjemand dort draußen sorgt dafür. Jedenfalls wird der Text innerhalb eines Bildes nicht von einer Suchmaschine erfasst, und in allen Fällen sind die Titel Teil des Bildes. Man muss den Namen der Künstler kennen und wissen, wonach man sucht, um etwas zu finden.«
    Adam zog einen Stuhl mit quietschenden Rädern heran und setzte sich neben Talia. »Erklären Sie es mir.«
    In seiner Nähe wuchs ihre Anspannung, aber daran ließ sich nichts ändern. So wie die Dinge sich entwickelten, würde er häufig in ihrer Umgebung sein. Besser, sie gewöhnte sich gleich an ihn.
    Sie seufzte schwer. »Es hat mit dem Unfall zu tun, den ich mit fünfzehn Jahren hatte. Meine Tante Maggie ist dabei gestorben. Für einen Augenblick war ich ebenfalls tot. In der einen Minute befand ich mich im Wagen, in der nächsten war ich von Finsternis umgeben, tiefer und dichter als meine Schatten. Ich wusste, dass ich starb. Und entdeckte diesen Mann … « – Talia tippte auf den Bildschirm – »… der in einem Wirbel dunkler Schleier gefangen war. Ich kann das Gefühl nicht beschreiben. Alles, was ich dazu sagen kann, ist, dass ich instinktiv wusste, dass er … « Sie holte tief Luft. »… mein Vater ist. Wie Sie wissen, ist es nicht ungewöhnlich, dass man bei Nahtoderfahrungen Familienmitgliedern begegnet. Ich wusste, dass er Schattenmann heißt. Er wollte etwas sagen, aber da wurde ich bereits ins Leben zurückgerissen. Das Notarztteam hatte mich zurückgeholt.«
    Adam behielt die Fassung. »Der Schattenmann ist Ihr Vater.«
    Talia erblasste. Er spürte, dass sie in seinem Gesicht nach einer Reaktion suchte.
    »Sie selbst sind die Probandin, auf die Sie sich in Ihrer Arbeit beziehen«, folgerte er.
    Sie nickte steif, um die

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