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Zwielichtlande - Kellison, E: Zwielichtlande

Zwielichtlande - Kellison, E: Zwielichtlande

Titel: Zwielichtlande - Kellison, E: Zwielichtlande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erin Kellison
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sie die Kleidung mehr der Stimmung und Aussage wegen als zum Tanzen gewählt hatten. Eine Frau trug eine Kombination aus Korsett und Netzstrümpfen, während ein Kerl offenbar eine Leidenschaft für Piercings hatte und seine Ohrläppchen von einer ganzen Batterie Metallringe in die Länge ziehen ließ, was er durch Stifte in Brauen und Lippe ergänzte.
    Wie die Musik wirkten auch ihre Mienen widersprüchlich und drückten eine seltsame Mischung aus Nihilismus und zugleich Sorge um Talias Zustand aus.
    Adam streckte sich, um an der Gruppe vorbeizusehen und entdeckte Talias markantes weißblondes Haar in einem schwarzen Loch, das einmal eine Garderobe gewesen sein musste. Er bahnte sich einen Weg durch die Menge.
    Über Talias Mund und Nase saß eine durchsichtige Sauerstoffmaske. Eine junge Frau in Jeans und T-Shirt kniete mit einem Stethoskop hinter Talia. Wie sie in diesem ohrenbetäubenden Lärm etwas hören wollte, war ihm ein Rätsel. Die Ärztin befestigte einen weißen Clip an Talias Finger; der Clip war an einen digitalen Bildschirm angeschlossen, wahrscheinlich maß er Puls und Sauerstoffgehalt des Blutes.
    Obwohl ihre Haut rosig schimmerte, suchte Adam in Talias Augen nach einem Hinweis darauf, dass sie litt. »Bist du okay?«
    Als Reaktion kräuselte sich beim Versuch zu lächeln die Haut um ihre Augen, und sie hob einen Daumen nach oben.
    Die Anspannung in Adams Nacken und Schultern ließ etwas nach.
    Er wandte sich an die Ärztin. »Wird sie wieder gesund?« Er hatte nicht so fordernd und streng klingen wollen, denn er wusste, dass etwas Dankbarkeit angezeigt war.
    Die Frau blickte von Talia zu Adam. »Einen Moment bitte, ja?«
    Adam trat zurück … Geduld zählte nicht zu seinen Stärken. »Was ist mit dieser Abigail? Wo ist sie?«
    »Ich bringe dich hin«, zwitscherte eine Stimme hinter ihm.
    Adam drehte sich um. Zoe.
    »Ich lasse Talia nicht allein. Bring Abigail her.«
    Zoe hob erstaunt eine dünne Braue. »Was denn? Glaubst du etwa, wir tun ihr etwas an?«
    »Ihr vielleicht nicht, aber wahrscheinlich sind uns die Leute, die Talia das angetan haben, auf den Fersen.« Zumindest hatten sie inzwischen den versteckten Aufzug und den Weg in den Kanal entdeckt. Dieses Gebäude lag nicht weit von seinem Loft entfernt.
    Mit einer Handbewegung wischte Zoe seine Sorgen beiseite. »Nein. Das hätte Abigail gesehen.«
    »Wer ist sie? Hat sie den Kanal verkabelt oder so etwas?«
    Zoe schnaubte. »Sie hat die gesamte Welt verkabelt. Komm mit mir, und lerne sie kennen.«
    Adam blickte hinunter zu Talia. Er konnte sie nicht einfach hierlassen.
    Talia hob eine Hand und bedeutete ihm zu gehen. Als er dennoch zögerte, scheuchte sie ihn mit einer Geste davon. »Ach, geh schon«, krächzte sie und hustete.
    »Bitte«, fügte die Ärztin hinzu und rollte mit den Augen.
    Verdammt. Adam beugte sich zu Talias Ohr hinunter. »Sei vorsichtig. Nutze notfalls die Schatten.« Und weil sie sich trotz des fauligen Gestanks in dem Abwasserkanal einen zarten Duft in den Haaren bewahrt hatte, gab er ihr einen Kuss auf die Wange.
    Zoe führte ihn durch den Flur zum Treppenhaus. Von dem Treppenabsatz, der leicht von der Musik vibrierte, gingen auf beiden Seiten Räume ab. Sie betraten den zweiten auf der rechten Seite und bewegten sich auf einen Sternenvorhang zu, den Zoe beiseitezog.
    In einem Schaukelstuhl saß ein vertrocknetes altes Weib mit strähnigen grauen Haaren in einem zeltartigen geblümten Hauskleid , vermutlich Abigail, obwohl sie deutlich zu alt war, um Zoes Schwester zu sein. Ihre Augäpfel waren von einem dunklen, milchigen Film überzogen, der nicht verschwand, wenn sie blinzelte . Der Raum roch streng und abgestanden, nach Krankheit.
    Adam blickte sich um. Krankenbett, Waschbecken, Bücherstapel – den Buchdeckeln nach zu urteilen, handelte es sich um leidenschaftliche Liebesromane – und auf dem Bett eine offene Packung mit billigen Schokoladenkeksen, bei deren Anblick sein Magen zu knurren begann. Allerdings gab es in dem Raum kein Überwachungssystem; das Technikzentrum musste sich an anderer Stelle befinden.
    »Sie sind attraktiver, als ich dachte.« Abigails Stimme klang klar, jung, ausgeglichen und stand im Widerspruch zu ihrem Aussehen.
    Was Adam bewog, etwas genauer hinzusehen. »Wer sind Sie? Woher wussten Sie, wo Sie uns finden?«
    »Ich bin Abigail. Und ich wusste, wo ich Sie finde, weil ich Sie dort gesehen habe.«
    Jetzt bemerkte Adam die Verwandtschaft, denn sie drückte sich genauso kryptisch aus

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