Zwielichtlande: Schattenmann (German Edition)

ruhig«, rief jemand, doch sie sprachen nicht mit ihr.
    Neue Knochen dehnten ihre feste Haut. Als die Verwandlung ihre Gesichtszüge zusammenquetschte, warf sie den Kopf zurück. Keine hübschen Augen mehr. Kein gewinnendes Lächeln. Die Verwandlung ergriff ihren anderen Arm, ihren Bauch, ihr Becken, ihr schwaches Bein. Machte sie stark.
    Schlimmer hatte Mickey gesagt? Sie würde ihm zeigen, was schlimm war. Alles an ihr war schlecht.
    Layla drehte sich um und fragte den ersten Soldaten: »Hält der Käfig?«
    »Das sollte er«, sagte er. Doch seine Gedanken erwiderten: Gott sei Dank sind Talia und die Kinder auf dem Weg nach New York.
    Das reichte Rose als Ermutigung. Sie begab sich in die Horizontale und warf ihre mutierten Beine mit voller Wucht gegen die Gitterstäbe. Ein Balken beulte sich nach außen.
    »Sie sieht aus wie eine riesige Eidechse!«, schrie ein Soldat.
    Rose schmiss erneut die Beine gegen den Stab. Er verformte sich quietschend zu einem Dreieck, das gerade groß genug war. Mickey schuldete ihr eine Erklärung.
    Rose bemerkte, dass Layla eine Waffe zückte und aus direkter Nähe schoss. Diese Frau war kaltblütig. Sie feuerte auf eine Gefangene in einem Käfig. Das tat man nicht.
    Die Soldaten folgten Laylas Beispiel. Kugeln durchbohrten Roses Körper, doch nur ein Projektil in ihrem Schädel schmerzte. Und selbst das hielt sie nicht auf.
    Rose riss den Gitterstab heraus. Wo ist er? Sie benutzte den Balken, um Layla aus dem Weg zu befördern.
    Wo ist dieser Lügner?
    Sie hüpfte abwechselnd auf Knöcheln und Füßen durch die Tür in einen großen offenen Raum mit einem langen Konferenztisch. Umgeben von Soldaten stand ihr Mann an der Wand. Sie schleuderte die Männer zur Seite, während zugleich eine Kugel ihre Augen traf. Eine weitere Kugel kullerte in ihrem Mund gegen ihre Zähne.
    Blut floss über ihre Zunge. Ihr neuer, fauliger Geruch juckte sie in der Nase. Verrottet. Wie ihre Liebe.
    Sie schnaubte wie ein Tier in Mickeys Gesicht. »Du hast mir das angetan.«
    Sein Doppelkinn bebte, doch er zog nicht den Kopf ein. Nach zwölf Jahren zeigte er endlich Rückgrat.
    »So hast du immer ausgesehen«, sagte er. »Jetzt sehen es auch alle anderen.«
    Rose unterdrückte ein Schluchzen, ihr Gesicht war nass von Tränen. Sie spürte, wie sich die Gewalt um sie sammelte. Die Männer wollten sie umbringen, während sie zugleich ihren Mörder beschützten. Einer schrie: »Auf den Boden, Gesicht nach unten!«
    Ihre Gedanken schwirrten durch den Raum. Ein Mann schien die Obergewalt zu haben. Sie schnell erledigen, Herz und Kopf, dachte er.
    »Auf den Boden. Sofort!«
    Das Herz. Rose stieß ihre Pranke in Mickeys Brust, um festzustellen, ob er eines besaß. Es war ein kümmerliches, schleimiges Etwas. Genau wie er. Zu schade, dass es aufhörte zu schlagen.
    Mickey fiel zu Boden. Undankbarer Kerl. Ihm hatte sie ihre besten Jahre geopfert.
    Ein Schlag traf sie von hinten, Schmerz fuhr durch ihre linke Schulter.
    Benutze die Benelli , dachte ein Soldat hinter ihr.
    Rose schüttelte sich, als acht aufeinanderfolgende Explosionen ihre Seite durchschlugen. Sie spürte ihre Finger nicht mehr. Die gesamte Körperseite brannte und glühte und raubte ihr den Atem.
    Wenn sie nicht aufpassten, taten sie ihr noch weh.
    Nachdem Mickey tot war, musste jetzt Layla dran glauben. Die, mit der alles angefangen hatte. Kein Wunder, dass das Tor sie unbedingt loswerden wollte. Layla war Gift.
    Rose schlug gegen das Fenster über Mickey. Die Scheibe brach mit diversen Mauerteilen als Ganzes heraus. Erneut traf ein heftiger Schuss sie in den Rücken und schleuderte sie nach draußen. Sie schlidderte auf ihrer eigenen Blutspur über eine großzügige Veranda.
    Als sie auf das Geländer kletterte, beförderten weitere Projektile sie hinunter in die Büsche am Fuß des Gebäudes.
    »Umdrehen!«, schrie der Anführer.
    Da sie nicht in einem fairen Kampf gegen sie antraten, waren sie alle Mörder. Wenn sie starb, starb auch ihre Seele . Das Ende von Rose Petty. Für immer.
    Kat-a-kat-a-kat: Geh zurück. Bring Layla Mathews um. Sofort.
    Das Tor musste sich keine Sorgen machen. Layla würde sterben. Und zwar nicht, weil das Tor es so wollte. Das war jetzt ihre persönliche Angelegenheit.
    Auf allen vieren sprang Rose rasch auf die Bäume zu. Neben ihr schlug ein Projektil in den Boden, Erde regnete auf sie nieder. Doch sie lief weiter. Das war Laylas Schuld. Laufen. Verstecken. Heilen.
    Oh, Mickey.
    Dafür musste diese Layla