Zwielichtlande: Schattenmann (German Edition)
schlang die Arme um ihren Körper. »Wie können Sie hier leben? Man wird Sie ausrauben. Haben Sie keine Angst, dass man Sie im Schlaf umbringt?«
Khan lächelte. »Mir passiert nichts. Die meiste Zeit« – du bist die Ausnahme – »lässt man mich in Ruhe. Darf ich fragen, wieso Sie sich in eine so gefährliche Gegend wagen?«
»Unvernunft.« Besorgt nestelte sie an dem ausgefransten Ausschnitt ihrer Bluse herum. »Sie haben draußen nicht zufällig meinen Mantel oder meine Tasche gesehen?«
Doch. Er hatte sie mit hereingenommen. »Nein.«
»Darf ich Ihr Telefon benutzen?« Sie blickte sich erneut um, als suche sie danach.
Sie hatte sich für die Realität entschieden, und die musste er jetzt herstellen. Khan griff nach den Schatten, atmete im Geiste ein und formte den Gegenstand in seiner Hand. Er hob das Telefon, als hätte er es aus der Tasche gezogen, und reichte es ihr mit den Worten: »Nein, ehrlich, warum sind Sie hier?« Er musste sie an den Sog erinnern, der sie hergelockt hatte, die Verbindung zu ihm.
Sie nahm das Telefon und sah ihm in die Augen. »Geister. Ich schreibe eine Geschichte darüber.«
»Das verstehe ich nicht.« Hatte das Tor sie denn nicht gerufen?
»Ich bin Journalistin und habe einen Hinweis erhalten, dass sich hier die Quelle der Geister befindet. Also habe ich beschlossen, dem nachzugehen.« Mit wachsender Verzweiflung drückte sie die Tasten. »Wie schalten Sie es ein?«
Geister. Diese verfluchten Hüllen, in denen einst Menschen gesteckt hatten. Sie quälten seine Tochter und ihre Familie, trauten sich jedoch nicht in die Nähe des Todes. Sie hatten ihre Seelen für die Unsterblichkeit hergegeben, er konnte sie dennoch aus der Welt schaffen. Vermutlich war man nirgends auf der Erde so sicher vor Geistern wie in diesem Lagerhaus.
»Ich glaube, es ist tot«, folgerte sie. Natürlich. Das Telefon stellte eine gute Reproduktion dar, er konnte weder die Energie noch die Signale simulieren, die es funktionsfähig machten. »Haben Sie einen Festnetzanschluss?«
»Tut mir leid. Nein.« Wenn sie tatsächlich gekommen war, um Informationen über Geister zu erhalten, musste eine andere große Macht sie hierher geführt haben. An einen Zufall glaubte er keinen Moment. Nicht bei seiner Kathleen.
»Und gibt es eine Telefonzelle in der Nähe? Ohne Schlüssel muss ich einen Schlüssel- oder Abschleppdienst für mein Auto rufen.«
»Welches Auto?« Die Quelle, die sie hergeführt hatte, verfügte über herausragende Kräfte. Es war dieselbe, die ihre Lebenslinie genau in dem Augenblick durchtrennt hatte, in dem er ihr erneut begegnet war – Moira.
Layla wandte sich zur Tür um. »Es steht gleich am Ende des Gebäudes.«
Er schüttelte leicht den Kopf. Das Fahrzeug befand sich zwar dort, aber er hatte es in Schatten gehüllt.
»Oh, nein«, rief sie, wirbelte zur Tür herum, eilte hinaus auf den Bürgersteig und starrte die Straße hinunter. Während sie sich die Haare raufte, spürte er Unglauben und Wut. »Die haben mein verdammtes Auto gestohlen. Da war meine Kamera drin. Verdammt!«
Das Schicksal mischte sich erneut in Kathleens Leben. Und so begann ihre Geschichte von vorn: Kathleen, nein Layla stand auf der Schwelle zum Tod, und er konnte nichts dagegen unternehmen. Doch diesmal wusste Layla nicht, wer oder was er war.
»Ich glaube, ich kann Ihnen helfen«, erklärte Khan. Diese Layla war eine einfallsreiche Frau. Früher oder später würde sie einen Weg finden, ihrem Schicksal zu entkommen. Vermutlich eher früher.
»Nicht, wenn Sie kein Telefon besitzen.« Ihr Lächeln stand im Widerspruch zu ihrer verwirrten Miene.
»Ich meinte die Geister«, erklärte er. Wenn er sie mit Informationen hierhalten konnte, nun gut. »Ich weiß, wer sie geschaffen hat und auch warum.«
Layla ging ein paar Schritte zurück in das Lagerhaus. »Wie bitte?«
Ihr Instinkt verriet ihr, dass Khan nur sagte, was sie seiner Ansicht nach hören wollte. Bevor sie ihm ein Wort glaubte, musste er ihr erst etwas Handfestes präsentieren. Etwas an ihm, an dem Raum, an ihrer Erinnerung erschien ihr seltsam. Ihren Sinnen, die gelegentlich merkwürdige Kunststücke vollführten, besonders in der letzten Zeit, traute sie nicht immer, aber auf ihren Instinkt konnte sie sich normalerweise verlassen.
Khan zog seine eng geschnittene schwarze Lederjacke aus und warf sie auf einen klobigen Stuhl. Sein langärmeliges graues Hemd schmiegte sich eng an seinen Körper, seine Hose umspielte locker seine eindrucksvolle
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