Zwielichtlande: Schattenmann (German Edition)
kennenlernen?«
»Klar. Wir werden in Segue wohnen.«
Jetzt wurde es interessant. Wenn er sie verführen wollte, hätte er das gleich sagen sollen. Talia war die Unerreichbare. Für sie würde sich Layla auf fast alles einlassen. »Wann?«
»Jetzt.« Er stand auf und kam auf sie zu. »Aber versprechen Sie mir, bis zum Ende durchzuhalten. Sie werden Sachen herausfinden, … die Ihnen nicht gefallen werden. Die Sie verändern werden.«
Um ihm in die Augen zu sehen, musste Layla den Kopf in den Nacken legen. Talia kennenlernen. Noch heute. Ja. Okay. Und wenn er sein Versprechen nicht einlöste, hatte sie einen Grund auszusteigen. Sie musste lediglich seine melodramatische Art ertragen.
»Ich bin einverstanden.«
»Schwören Sie.«
»Ich schwöre, dass ich bei Ihnen bleibe, bis ich die Wahrheit über die Geister herausgefunden habe, vorausgesetzt, ich begegne noch heute Talia Thorne.« Sie hatte keine Ahnung, wie er das bewerkstelligen wollte. Talia Thorne befand sich in West Virginia und sie in New Jersey.
Wieder spielte das vertraute Lächeln um seine Lippen. »Abgemacht.«
Einen Augenblick herrschte Stille. Layla fühlte sich nicht wohl bei der Sache. Ganz und gar nicht. Ihre Hände schmerzten von dem Sturz bei dem Überfall. Ihr Pullover war schmutzig, der Ausschnitt gerissen. Und sie trug weder Telefon noch Waffe bei sich. In Segue kam sie zwar wenigstens in die Nähe ihrer Glock, doch sie rechnete nicht damit, dass man sie ihre Waffe holen ließ.
Sie würden bald zum Flughafen aufbrechen. Die Anzeige bei der Polizei musste warten. Aber morgen früh. Ganz bestimmt. Ihre Angreifer durften nicht noch weitere Frauen überfallen.
Khan machte keine Anstalten, seine Autoschlüssel zu holen. Layla drängte ihn mit einem gedehnten: »Und … ?«
»Ja. Gut.« Er sog tief die Luft ein, dann fragte er überaus vorsichtig: »Glauben Sie an Magie?«
Solche Fragen beantwortete Layla grundsätzlich nicht.
»Natürlich tun Sie das«, antwortete er an ihrer Stelle. »Oder werden es zumindest in Kürze.«
Aus dem Augenwinkel nahm Layla ein Schimmern wahr. Einen goldgerahmten Spiegel, den sie zuvor nicht bemerkt hatte. Seltsam.
»Ich nehme an, Sie brauchen Ihre Sachen?«
Layla zuckte mit den Schultern. Das wäre schön.
»Wo wohnen Sie?«
Sie nannte Quellen oder fremden Männern grundsätzlich nicht ihre Adresse. »In New York City«, erklärte sie deshalb vage.
Khan deutete auf den Spiegel: »Nun, gehen wir und holen sie.«
Layla rührte sich nicht vom Fleck. Ja, sie wollte gehen, aber er schien zu erwarten, dass sie zuerst in den Spiegel sah. Als er noch immer zögerte, drehte sie den Kopf, um einen kurzen Blick zu riskieren. Und zuckte zurück.
Der Spiegel besaß keine silbrige Oberfläche. In ihm standen dunkle Bäume, die ihr vertraut vorkamen.
Layla trat direkt vor den Spiegel, um die ganze Wirkung zu erfassen. Die Bäume besaßen eine realistische Tiefe, doch ihre Farbe wirkte seltsam, so, als funkelten Edelsteine in ihnen. Die Szenerie erinnerte sie an ihren albernen Prinzessinnentraum. Hatte Khan dort nicht auch eine Rolle gespielt? Seltsam . Der Spiegel musste aus einer Art Plasmabildschirm bestehen. Ein bewegtes Fenster. Sie konnte ihren Computerbildschirm wie ein Aquarium aussehen lassen, Ähnliches hatte sie in Science-Fiction-Filmen gesehen.
»Ist das ein Kunstwerk von Ihnen?« Offenbar hatte er einen Wald mit einer rätselhaften Stimmung entsprechend ausgeleuchtet, die Bäume über einen längeren Zeitraum hinweg gefilmt und auf diese Weise die Oberfläche hergestellt. »Zeigt er noch andere Orte?«
»Komm«, sagte er und tauchte die Hand in die Oberfläche.
Das hatte sie noch nie gesehen. Angst ergriff sie, ihr Herz verkrampfte sich. Sie biss die Zähne zusammen, bekam einen Schweißausbruch.
Nicht schon wieder.
Sie hatte schon häufig beängstigende Sachen gesehen. Normalerweise ließen sie sich mit heftigem Blinzeln und energischem Kopfschütteln vertreiben. Vermutlich handelte es sich nur um einen großartigen technischen Effekt. Wenn sie herausfand, wie er funktionierte, ginge es ihr wieder gut.
Mit ausgestreckten Händen trat sie auf den Spiegel zu, um die Oberfläche zu berühren. Sie legte die Hand auf den Bildschirm. Und – oh nein – ihre Hand kribbelte und stieß auf der anderen Seite auf die seine. Er rückte näher an sie heran, berührte mit seiner festen Brust ihre Schulter und legte den freien Arm um ihre Taille. Sie schienen zu tanzen, ihre Körper passten perfekt
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