Zwielichtlande: Schattenmann (German Edition)
sich in Laylas Nähe befand, schadete es ihr, wenn sie in Middleton auffiel. Khan spürte das Warten in der unbeweglichen Luft. In der Zwischenzeit sorgten die Engel für Frieden.
Wie einige Tage zuvor kehrte Khan nach Einbruch der Dunkelheit in das lebendige Segue zurück.
Die Rosen standen in einer Vase auf Laylas Nachttisch.
Händeringend lief sie im Nebenzimmer auf und ab. Die Energie ihrer angespannten Nerven surrte durch den Raum. Er zog einen Stuhl zurück, damit sie sich setzte und beruhigte.
»Khan?«
Wenn in ihrer Wohnung eines von Kathleens Gemälden hinge, könnte er ihr ein vertrautes Gesicht bieten. Doch die Räume glichen in ihrer luxuriösen aber einfallslosen Ausstattung den anderen in Segue.
Er brauchte ein anderes Medium und fand es in Form einer Fensterscheibe.
Um sie auf sich aufmerksam zu machen, klopfte er mit den Schatten dagegen.
Als sie ihn entdeckte und aufschrie, versetzte er sich in ihre Lage. Sie sah lediglich ein in dunkler Nacht schwebendes Gesicht. Es dauerte einen Moment, bis sich ihr Herzschlag beruhigte. Die unterschiedlichen Stimmungen, die sich auf ihrem Gesicht abzeichneten und deren Gefühle in die Schatten drangen, entzückten ihn: eine nervöse Art von Angst – gut, überschäumende Freude und Interesse – noch besser, und das Beste überhaupt: Humor, selbst wenn der ihrer Erschöpfung zuzuschreiben war. Solange sie über ihn lachen konnte, bestand vielleicht noch Hoffnung für sie beide.
»Ich bin neugierig«, sagte sie, »wie das deiner Meinung nach funktionieren soll.«
Er zauberte ein Lächeln auf sein Gesicht. »Du zweifelst an meinen Verführungskünsten?«
Sie hob erstaunt die Brauen. »Nun, jetzt gerade trittst du als Fenstermann auf, vorhin als Gemäldemann, und wenn du dich mit furchteinflößender Dunkelheit umgibst, als Schatten … «
»Layla!«, unterbrach er sie.
Sie erschrak, was er bedauerte, doch er durfte nicht zulassen, dass sie das Wort aussprach. Ihr Verstand funktionierte häufig wie Kathleens, beide hatten ihm denselben Namen gegeben – Schattenmann. Doch Namen besaßen Kraft, und durch seinen Namen erkannte sie bestimmt seine eigentliche Natur.
Layla seufzte schwer und schüttelte den Kopf. »Du solltest wissen, dass unsere Verbindung von Beginn an zum Scheitern verurteilt ist, und das nicht nur, weil du, na ja, gerade zweidimensional bist.«
»Alles ist möglich.« Egal wie gering ihre Chancen waren, er musste daran glauben. Das Schattenreich bestand im Kern aus Hoffnung. »Du hast mich schon einmal gebeten, zu dir zu kommen: Ich bin gekommen. Du hast mich schon einmal gebeten, dich zu berühren: Ich bin deinem Ruf gefolgt. Wir haben uns einander hingegeben. Wir haben unseren eigenen Untergang verursacht. Aber vorausgesetzt, du willst mich noch haben, würde ich es jederzeit wieder tun.«
»Nun«, sie fuhr sich nervös durch die Haare, »dein Interesse und das, was du als unsere Geschichte darstellst, müsste mich faszinieren, aber ich … « Während sie sprach, betrachtete sie besorgt ihren Ringfinger und wandte den Blick ab. »Das ist verrückt. Besteht die Chance, dass du dich demnächst in der realen Welt zeigst? Es wäre deutlich angenehmer, mit einem körperlichen Wesen zu sprechen.«
Sein Körper stellte ein Problem dar. »Es kann etwas dauern, bis ich zurückkehre. Bitte fahre fort.«
»Ich erinnere mich nicht an dich«, erklärte sie sachlich. »Vielleicht ist unsere Zeit vorbei. Vielleicht warst du für Kathleen bestimmt, aber nicht für mich.«
»Ich habe dein ganzes Leben lang nach dir gesucht, habe mich an göttlichem Licht verbrannt und bin sogar in die Hölle eingebrochen.« Die Schatten knurrten in ihm. »Nachdem ich dich nun endlich gefunden habe, lasse ich dich nicht wieder gehen. Unsere Zeit fängt gerade erst an.«
Sie schluckte schwer und rieb die Haut an ihrem Ringfinger.
»Was hast du?«, fragte er.
Nervös wandte sie den Blick ab, dann sah sie ihn an. »Nun, es tut mir leid, das sagen zu müssen, aber du bist seltsam. Furchterregend seltsam.«
»Man gewöhnt sich daran.«
»Nun, und diese rechthaberische, autoritäre Art … « Sie verzog das Gesicht, als suchte sie nach den richtigen Worten. »Ich bin eine ziemlich unabhängige Frau. Wenn du etwas Arrogantes sagst und deine langen schwarzen Haare zurückwirfst, würde ich mich am liebsten über dich lustig machen. Das ist vermutlich ziemlich gefährlich. Und von gefährlichen Situationen habe ich für heute genug. Danke.«
Sie hatte recht. Von
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