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Zwielichtlande: Schattenmann (German Edition)

Zwielichtlande: Schattenmann (German Edition)

Titel: Zwielichtlande: Schattenmann (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erin Kellison
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welcher Art diese Überzeugung war, erschloss sich dem Schattenmann jedoch nicht. Die Todesboten konnten Gefühlswelten erkunden, für die Gedanken war das Himmelreich zuständig.
    Mit bloßen Händen griff der Schattenmann die Speerspitze und tauchte sie in die glühenden Kohlen des Ofens. Rotgoldene Flammen züngelten nach oben, doch das knisternde Brennen hinterließ keine Spuren auf seiner Haut. Denn die kühlen Schatten umfingen den Schattenmann und heilten ihn.
    »Was willst du?« Der Schattenmann spürte, wie eine vertraute Energie durch seinen Körper pulsierte. Wie immer entkam er nicht dem fernen Ruf seiner Sense. Sie mahnte ihn aus den Zwielichtlanden, er solle sie anstelle des Hammers schwingen.
    Nein. Nie wieder. Mit dem Tod hatte er abgeschlossen.
    Custo trat ganz aus den Zwielichtlanden in die Welt der Sterblichen. Sein helles inneres Licht stieß die dunklen Schatten zurück und brachte den narbigen Boden, alte abgenutzte Seile, verrottete Kisten sowie die schmutzigen Fenster des Lagerhauses zum Vorschein. »Ich … bin gekommen … , um zu sehen … «
    Der Schattenmann bemerkte gleich, dass Custo das Tor entdeckt hatte. Er beobachtete, wie der Engel zunächst prüfend die Brauen zusammenzog und dann erschrocken die Augen aufriss. Custo taumelte zurück, seine Angst erfüllte den Raum. Der Schattenmann nahm ihren bitteren Geschmack wahr, ihren ranzigen Geruch, und spürte Custos Schock.
    »Oh, Gott«, stieß Custo atemlos hervor. »Was hast du getan?«
    Der Tod ging in die Hocke, um den auf dem Boden liegenden Hammer zu schützen. Als ob die Falten der Schattenwelt etwas Göttliches verbergen konnten, breitete er seinen schweren Umhang darüber. Custo durfte den Hammer nicht zurückholen. Nicht, wenn das Tor so kurz vor der Vollendung stand. Nicht, wenn er Kathleen so nah war.
    » Du hast mir gesagt, dass sie nicht im Himmel ist«, erklärte der Schattenmann. »Und du hast mir den Hammer gegeben. Was hast du denn gedacht, was ich damit mache?«
    Custo blickte ihn alarmiert an, seine grünen Augen färbten sich schwarz. »Ich wollte dir einen Gefallen tun. Ich wusste nicht, was du damit vorhast. Gedankenlesen kann ich nur bei Sterblichen.«
    Der Schattenmann spürte, dass Custo einen Entschluss fasste. Er fuhr fort: »Wie üblich handeln die Schattenwesen unverständlich und irrational.« Bei diesen Worten wirbelten die Schatten über den Boden des Lagerhauses.
    »Auch durch dein Blut fließen jetzt Schatten.« Der Tod zog an der seidigen Dunkelheit und nahm ihre Magie in sich auf. Das half ihm allerdings nicht, den Hammer zu heben. Denn das erforderte Konzentration und Zeit, und die Kraft der Schatten war impulsiv und unberechenbar.
    Custo seufzte. »Ja … okay. Ein Punkt für dich.« Er sprang auf, und die Schatten in seinen Augen verdichteten sich.
    Der Tod schnippte mit den Fingern, woraufhin sich die Schattenbahnen auf Custo stürzten und er heftig mit dem Kopf auf den Boden krachte. Der Junge sollte lieber seine engelhaften Fähigkeiten einsetzen. Auch wenn jetzt ein kleiner Teil von ihnen durch Custos Adern floss, gehorchten die Schatten immer zuerst dem Tod.
    Custo stützte sich mit einer Hand auf dem Boden ab und richtete sich stöhnend auf. »Sei vernünftig.«
    Vernünftig? In einem Universum, das Kathleen in die Hölle verbannte, existierte keine Vernunft. Er hatte den Schleier zwischen den Welten zerrissen. Er hatte das Gesetz gebrochen, das die Todesboten an die Zwielichtlande band. Er war in ihr Zimmer getreten, um ihr Gemälde zu betrachten, um mit ihr zu reden, sie zu berühren. Wenn jemand schuldig war, dann er.
    Der Schattenmann griff nach dem Hammer. Seine Hand glitt durch ihn hindurch.
    Kathleen! , dachte er, und versuchte noch einmal, den Hammer zu fassen. Vorsichtig berührte er mit seiner Fingerspitze den Schaft. So nah …
    Der Schattenmann dachte an ihr blasses Gesicht, ihre goldenen Haare, ihre veilchenblauen Augen. Was ihm jedoch schließlich half, den Griff des Hammers zu fassen, war ihr Duft, der sich mit dem chemischen Geruch ihrer Farben mischte. Er zwang seine gesamte Kraft in seine Faust. Schon immer hatte die Masse, diese widerspenstige Magie der Sterblichen, eine Herausforderung für die Schattenwesen dargestellt.
    Custo stand auf und betrachtete erneut kopfschüttelnd das Tor. »Du kannst nicht wirklich glauben, dass der Orden dieses … dieses Ding auf der Erde duldet.«
    »Dieses Ding ?«, ahmte der Tod ihn nach und richtete sich wieder auf.
    »Der Orden würde

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