Zwielichtlande: Schattenmann (German Edition)
Schatten erkaltete.
Es sei denn, die Teufelsfrau schürte Laylas Angst und wandte sich an das missverstandene Kind, das man immer wieder abgewiesen hatte. Jene Layla, deren aufrechter Mann Ty nicht verstand, was sie zu ihrer gefährlichen Arbeit antrieb, und sie allein ließ.
Layla fürchtete nichts mehr, als allein zu sein. Die Teufelsfrau musste ihr nicht das Herz brechen. Das hatte das Leben bereits getan.
Blinde Wut packte Khan.
Aus den Zwielichtlanden heraus umhüllte er das Messer mit Schatten. Löste das Werkzeug aus Laylas Griff und schleuderte es scheppernd durch den Raum.
Die Teufelin wirkte ernüchtert und verlor ihre falsche Freundlichkeit. Sie war wachsam. Vorsichtig. Sie wusste, dass jemand da war.
Laylas leere Hand hing zitternd in der Luft. Der panische Ausdruck wich nicht aus ihren Augen. Das Messer war fort, doch Layla noch immer gefangen. Nicht die Klinge, sondern die Angst war das scharfe Werkzeug der Teufelsfrau.
Die Frau trat von der Scheibe zurück. Ihr Herzschlag verdoppelte sich. Ihr Blick zuckte zum Flur. Ihrem Fluchtweg.
Als ob er sie jemals entkommen ließe, nachdem sie Layla so viel Leid angetan hatte. Nein, die Teufelin würde Layla loslassen und anschließend sterben.
Sehr clever von ihr, die Geister und seine Tochter zu benutzen, um Zeit zu schinden. Sehr schlau, doch sie war nicht schnell genug. Ein Teufel wollte gegen den Tod antreten? Das war kein Wettkampf. Wenn sie das glaubte, litt sie an Selbstüberschätzung.
Sie genoss doch die Angst, oder? Nun, Khan hatte in seinen Schatten etwas, das ihr für immer Angst einjagen würde. Sie würde Layla loslassen. Und zwar jetzt .
Khan ergoss sich als schwarzer Schattensturm aus den Zwielichtlanden in das Gewölbe unter der Erde. Seine Kraft und Wut ließen die magische Dunkelheit pulsieren, doch er überließ die Arbeit der Teufelsfrau.
Vor nicht allzu langer Zeit war sie eine Sterbliche gewesen. Er erinnerte sich noch gut an das Aussehen, das sie dem Tod gegeben hatte.
Als er die Gestalt annahm, die sie am meisten fürchtete, wich die Teufelsfrau panisch zurück. Sein Körper war riesig groß und breit, aus seinem Mund ragten scharfe Zähne, aus seinen Fingerspitzen wuchsen lange Krallen. Knochen und Muskeln seiner massigen Brust lagen offen, seine Bauchhöhle war hohl. Ein schreckliches Monster, dessen Atem einer Feuersbrunst und dessen Schritte einem Erdbeben gleichkamen. Schrecklich, aber alles andere als originell.
Die Teufelsfrau schrie. Erbärmlich.
Khan holte Luft und produzierte einen durchdringenden Schrei, der ihre Ohren erschütterte.
Wie eine Kakerlake kroch die Teufelin auf den Flur zu. Er würde sie zerquetschen und aus der Welt verbannen. Von ihr würde nichts als ein glibbriger Fleck auf dem Boden bleiben. Eine Sauerei, die man beseitigen musste, mehr nicht.
Doch ein ersticktes Schluchzen brachte seine Aufmerksamkeit zurück zu Layla.
An ihrem klaren Blick erkannte er, dass sie von dem Teufel befreit war.
Nun erlebte sie den Tod in seiner ganzen Pracht: Ihn.
Layla spähte durch die Scheibe in den Hörsaal, wo sich ein Wirbel aus Schatten auflöste, erneut formte und das gesamte Spektrum der Farbe Grau durchlief. Eine schwarze Linie formte sich zu einer riesigen Brust und breiten Schultern. Khan? Sein Profil wirkte grob, seine drohende Haltung ernst, gefährlich, lebensbedrohlich.
Bei seinem Schreien gefror ihr das Blut in den Adern.
Oh, lieber Gott. Ihre Schweißperlen erstarrten zu Eis. Der Puls des Lebens in ihren Adern verstummte. Während sie mit weit aufgerissenen Augen das Schreckensszenario vor ihren Augen verfolgte, sah sie klar. Zu klar.
Der Tod.
Khan war der Tod. Das war sein Geheimnis. Sie hätte es von Anfang an wissen müssen. Jede Faser ihres Körpers schrie Tod.
Und sie hatte sich von ihm anfassen lassen.
Als ihre Beine nachgaben, stützte sie sich an dem kalten OP -Tisch ab und wartete zitternd auf den Augenblick, in dem Khan sich zu ihr umdrehte.
Bitte nicht . Sie wollte nicht sterben. Noch nicht.
Sie musste ein Geräusch von sich gegeben haben, denn er wandte ihr seine grauenhafte Miene zu.
Bitte sieh mich nicht. Bitte sieh nicht zu mir herüber. Bitte. Ich bin noch nicht so weit. Ich habe sie gerade erst gefunden, flehte sie im Geiste.
Dennoch fiel sein Blick auf sie.
Aus. So viel Zeit verschwendet. Sie und Talia – alles vorbei.
Sie hob die Hände und sah ihm in die Augen, um das Unausweichliche zu verhindern. Ihr war klar, dass ihre Chancen ungefähr denen eines
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