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Zwielichtlande

Zwielichtlande

Titel: Zwielichtlande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Kellison
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weibliche Stimme fragte Annabella, ob sie die Nachricht löschen, speichern oder noch einmal abspielen wollte.
    »Alles okay?«, fragte Adam.
    »Ich muss zu Hause anrufen.« Mit fahrigen Händen nestelte Annabella an dem Telefon herum, um das Gespräch mit der Mailbox zu beenden, und rief ihre Mutter an.
    Es klingelte einmal, zweimal, dreimal …
    »Hallo?«
    Oh, Gott sei Dank . Tränen brannten in Annabellas Augen. »Mom! Geht es dir gut?«
    »Ich bin müde«, erwiderte sie. »Hast du meine Nachricht gehört?«
    »Ja«, krächzte Annabella. Der Wolf. Jaulte. Vor dem Haus ihrer Mutter. Sie hatte verstanden.
    »Der verdammte Hund hat mich die ganze Nacht wach gehalten. Erinnerst du dich noch an deinen? Der dir von der Probe nach Hause gefolgt ist!?«
    »Ja«, sagte sie wieder. Es war derselbe Hund. Der Wolf. Er hatte aufgehört, Annabella zu verfolgen, und stattdessen ihrer Mutter einen Besuch abgestattet. Ihrer Mom.
    Annabella brauchte Custo. Sie blickte durch die Scheibe zu ihm, aber er sah nicht zu ihr. Er war ganz auf Dr. Powell konzentriert.
    Ihre Mom fuhr fort: »Ich muss eingedöst sein, denn ich habe ihn im Haus gesehen, in meinem Schlafzimmer, aber es war gar kein Hund.«
    Ein Wolf .
    »Ich habe schon lange keinen Albtraum mehr gehabt, bei dem ich hinterher das Licht anlassen musste. Ich wusste nicht, dass mir das überhaupt noch passieren kann. Meine Albträume haben aufgehört, nachdem ihr Kinder da wart. In meiner Vorstellung war nur noch Platz für die Realität, in der ich für die Sicherheit und für die Gesundheit meiner Kinder sorgen musste. Als dein Bruder seinen Führerschein bestanden hat … mir wird immer noch übel, wenn ich daran denke. Aber das verstehst du erst, wenn du eigene Kinder hast.«
    »Ich glaube, ich verstehe es jetzt, Mom.« Diese Art von Angst empfand man, wenn man jemanden liebte.
    »Der Tierschutzverein ist jedenfalls nicht gekommen, aber der Hund ist weg. Und dein Bruder hat mir den Rest meines guten Kaffees geklaut, ich werde ihn wohl umbringen müssen.«
    Der Wolf hatte sich letzte Nacht nicht vom Kampf mit Custo erholt. Er war damit beschäftigt gewesen, ihre Mutter zu schikanieren. Auch wenn Annabella es nicht sehen wollte, lag es auf der Hand: Solange sie nicht nachgab, würde der Wolf wieder töten, und zwar jemanden, der ihr nahestand. Custo konnte nicht überall gleichzeitig sein, und wenn er es versuchte, würde er selbst umgebracht werden. Dafür war seine Schusswunde Beweis genug. Es blieb keine Zeit, einen anderen Weg zu finden, den Wolf zu fangen, oder ihn zurück in die Zwielichtlande zu treiben.
    »Ach, und Marne vom Pretty Ballerina Tanzstudio hat angerufen und gefragt, ob du vorbeikommen und mit ihren Fortgeschrittenen sprechen würdest. Sie sagt, du wärst ein Vorbild für sie.« Die Stimme ihrer Mutter war voller Stolz.
    Mit dem Tanzen aufzuhören, um der Bedrohung durch den Wolf ein Ende zu machen, schien entsetzlich, aber denkbar.
    »Süße?«
    Zuzulassen, dass der Wolf ihrer Mom oder ihrem Bruder oder Custo etwas antat … Darüber musste sie gar nicht erst nachdenken.
    Annabella räusperte sich, um ihre Gefühle in den Griff zu bekommen. »Ja, Mom. Ich bin da. Hör zu, ich muss los.«
    Custo hatte sich für Adam geopfert, der für ihn so etwas wie seine Familie darstellte. Annabella konnte sich für ihre Mom und für ihn opfern. Ganz einfach. Egal, wie groß ihre Angst war – und ihre Panik wuchs stetig – , sie musste sie verdrängen. Sollte ein Teil ihres Gehirns warnend aufschreien, was es bereits tat, würde der Rest dennoch das Nötige tun. Sie brauchte lediglich etwas Durchhaltevermögen, und das hatte sie ihr Leben lang geschult.
    »Was ist mit Marne?«
    »Sag ihr zu, Mom« antwortete Annabella. Es war egal. »Ich muss jetzt wirklich los. Alles Liebe.«
    Sie musste von Adam und Custo fortkommen, die sich von der zunehmend fahriger werdenden Dr. Powell ablenken ließen:
    »Ich weiß nicht, worauf du anspielst mit … «
    »Ich muss in meinen Notizen nachsehen … «
    »Nein, ich habe nie Informationen weitergegeben … «
    Es gab keinen besseren Zeitpunkt. Leise schlich Annabella zur offen stehenden Tür.
    Wenn sie zögerte, verstrich die Gelegenheit ungenutzt, also war Annabella mit drei leisen Schritten aus der Tür und stand im Flur.
    Jeden Augenblick würden Custo oder Adam ihre Abwesenheit bemerken. Sie musste aus Segue entkommen, irgendein vertrautes Tanzstudio suchen und dort vielleicht ein bisschen Talent entfachen, um die Grenze zu

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