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Zwienacht (German Edition)

Zwienacht (German Edition)

Titel: Zwienacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raimon Weber
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das nicht so wichtig. Es ist nur so, dass die alte Frau Ahrens mir immer von allen Mietern den neuesten Tratsch erzählt, nur von Ihnen weiß sie so gut wie nichts. Deshalb heißen Sie bei ihr nur der geheimnisvolle Neue . Nehmen Sie ihr das nicht übel.“
    Richard schüttelte den Kopf. „Kein Problem.“
    Die Portugiesin deutete auf das grobe Werkzeug in Richards linker Faust. „Und Sie sind sicher, dass Sie den Wagen damit wieder zum Laufen bekommen?“
    „Schon möglich.“
    Sie legte den Kopf schief und lächelte wieder. Richard fand, dass sie entzückend aussah. Allerdings, gestand er sich ein, hatte es ihn schon immer zu Krankenschwestern und ihrer besonderen Berufskleidung hingezogen und sie musste doch wohl so etwas Ähnliches wie eine Krankenschwester sein.
    „Der Wagen gehört nämlich dem Pflegedienst, für den ich arbeite.“
    „Ein kleiner Schlag auf den Anlasser. Mehr nicht. Wenn er dann nicht anspringt, können Sie immer noch Ihre Firma anrufen.“
    Richard legte sich auf den Rücken und kroch, ohne darauf zu achten, dass er sich schmutzig machte, ein Stück weit unter den Motor des Fiats. Er stieß sich den Kopf, unterdrückte tapfer einen Schmerzensschrei und versuchte mit dem Hammer an den Anlasser zu gelangen.
    „Ziemlich eng“, ächzte er und überlegte, dass es von oben einfacher gegangen wäre, aber so machte es wohl bedeutend mehr Eindruck. Als er meinte, sich schon fast den Arm ausgekugelt zu haben, platzierte er einen Hieb auf den Magnetschalter des kleinen Anlassers.
    „Aha“, hörte er die Stimme der Frau neben sich. Sie war in die Hocke gegangen und spähte unter den Wagen. „Da sitzt also der Anlasser.“
    Richard kroch unter dem Fiat hervor. „Starten Sie mal.“
    Der Motor sprang zwar beim ersten Versuch an, aber ein mahlendes Geräusch aus den Eingeweiden des alten Pandas zeigte ihm, dass der Wagen bald den Geist aufgeben würde.
    Sie ließ den Motor im Stand laufen und stieg wieder aus. „Ich muss noch zu ein paar Terminen. Falls die Karre wieder nicht anspringt ... könnten Sie mir vielleicht bis morgen den Hammer leihen. Ich weiß ja jetzt, wie es funktioniert.“
    Richard reichte ihr das Werkzeug. Er wünschte, ihm würde noch etwas einfallen, um mehr Zeit mit der Frau zu verbringen. Etwas, dass ihn interessant erschienen ließ und in ihr den Wunsch weckte, den Kerl mit dem Hammer und den Triefaugen wiederzusehen. In seinem Kopf herrschte Leere. Er hatte die Kunst der intelligenten Konversation noch nie besonders beherrscht. Seine Stärke war immer das geschriebene Wort gewesen. Damit ist es wohl mittlerweile auch vorbei, sagte er sich.
    Etwas von den trübsinnigen Gedanken musste sich in seinem Gesicht wiedergespiegelt haben, denn Maria fragte: „Ist alles in Ordnung mit Ihnen?“
    Er versuchte ein Lächeln, das kläglich misslang. „Sicher. Und ...äh... den Hammer können Sie behalten.“
    Sie nahm das Werkzeug aus seiner ausgestreckten Hand. „Ich bringe Ihnen das Ding morgen zurück, ehe ich nach Frau Ahrens sehe. Sind Sie dann zu Hause?“
    „Das ist wirklich nicht nötig.“ Kaum hatte er den Satz ausgesprochen, bereute er ihn bereits. Was war er doch für ein Idiot! Maria hatte ihm gerade angeboten, sie wiederzusehen.
    „Doch, doch“, beharrte sie. „Dann müssen Sie aber auch ein wenig von sich erzählen. Für Frau Ahrens.“ Sie kniff ein Auge zu. „Damit sie endlich etwas über den geheimnisvollen Neuling im Haus erfährt.“ Sie winkte ihm mit dem Hammer in der Hand zu und wollte gerade in den Fiat steigen, als sie stockte. „Ach, ich habe mich noch gar nicht vorgestellt. Ich bin Maria.“
    Das weiß ich, dachte er und sagte gerade laut genug um gegen den scheppernden Motor anzukommen: „Ein schöner Name. Ich heiße Richard.“
    „Bis morgen, Richard!“, rief sie und legte den ersten Gang ein.
    Mit einem breiten Grinsen sah er dem feuerroten Panda nach.
    Der Rentner im Unterhemd, der am vorherigen Abend noch mit dem Säbel durch die Wohnung gerast war, hatte seinen Beobachtungsposten im Fenster eingenommen. Richard hob grüßend die Hand. Der alte Mann nickte ihm zu.
    Richard warf einen Blick auf das Nebenhaus mit der leer stehenden Fabrik. Das verwitterte Gebäude wirkte wie räudig von den Schuppen der abblätternden Farbe an den Außenwänden. Blinde, vorhangslose Fenster blitzen im Morgenlicht. Vor dem mit Brettern vernagelten Eingang standen ein paar leere Bierflaschen. Unmittelbar daneben lag etwas, dass Richard zunächst für ein

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