Zwienacht (German Edition)
und hielt die Stablampe wie eine Waffe.
Hier unten war es kalt. Und so finster, dass der Strahl der Lampe die Dunkelheit nicht zurückdrängen konnte, sondern nur einen Lichtkreis auf moosbedeckte Wände und einen mit Pfützen bedeckten Boden sandte. Münzberg blieb stehen, versuchte den rasselnden Atem einzudämmen und lauschte.
Keine Geräusche.
Der Verwesungsgestank war noch intensiver als an der Oberfläche. Der Gang machte eine Biegung und dann noch eine. Jan Münzberg stand vor einer rostigen Metalltür.
Kehr um!, sagte eine innere Stimme, aber er hatte es sich in den Kopf gesetzt, die Rattenbrut auszurotten. Was sollte er seinem Nachbarn erzählen, wenn er jetzt aus Feigheit den Keller ausließ und die Ratten weiterhin wie gewohnt versuchten, Richard Gerlings Wohnung zu stürmen?
Die Tür war nicht verschlossen. Es gelang ihm, sie unter heftigem Quietschen ein paar Zentimeter weit zu öffnen. Es widerstrebte ihm, aber es blieb ihm nichts anderes übrig, als die Taschenlampe auf den Boden zu legen, um beide Hände benutzen zu können.
Er griff in den entstandenen Spalt und drückte die Tür mit aller Kraft nach innen. Er spürte einen Schmerz in seinem Rücken und gab dennoch nicht auf.
Uraltes Metall knirschte über Beton. Der Spalt wurde größer. Rost rieselte in seinen Nacken. Er widerstand dem Drang, sich zu kratzen und schob unermüdlich weiter.
Jan Münzberg war sich nun sicher, dass der Kammerjäger nicht hier unten gewesen war.
Endlich gelang es ihm, sich ein Stück weit in den Durchlass zwischen Tür und Rahmen zu quetschen. Jenseits der Tür erschien die Dunkelheit wie etwas Massives, durch das es kein Durchkommen gab.
Er warf sich mit seinem ganzen Gewicht gegen das Metall. Jan Münzberg schaffte es die rechte Schulter hineinzudrücken, aber sein ausladender Bauch stellte ein erhebliches Hindernis dar. Die Tür kratzte mit einem hässlichen Geräusch, das in der ganzen Fabrik zu hören sein musste, über den Boden und schwang weitere Zentimeter nach innen. Münzberg drängte vorwärts und spürte, wie die weichen Fettmassen an seinem Bauch schmerzhaft eingequetscht wurden. Zischend stieß er den Atem aus.
„So wird das nichts“, sagte er in die Dunkelheit vor seinen Augen hinein, um den Klang der eigenen Stimme zu hören.
Hier unten gab es überhaupt keine Geräusche. Weder das Trippeln und Pfeifen der Ratten, noch sonst irgendetwas. Die Stadt schien meilenweit entfernt. Zum ersten Mal spürte Jan Münzberg ein Gefühl der Angst. Er hatte den Keller zwar mit einem deutlichen Unwohlsein angesichts des Gestanks und des Schmutzes betreten, aber die Angst kam erst jetzt. Er wollte versuchen, den Keller an einer anderen Stelle zu erkunden. Sicher gab es im Fabrikgebäude noch weitere Zugänge.
Die Tür drückte ihm gegen den Brustkorb und machte das Atmen schwer. Er ruckelte hin und her und jede Bewegung war mit einem Schmerz verbunden.
Plötzlich glaubte er in der Dunkelheit hinter der Tür, in die schutzlos sein Kopf und die rechte Schulter hineinragten, eine Bewegung auszumachen. Eigentlich konnte er dort überhaupt nichts sehen, vielleicht hatte er auch nur einen Luftzug auf seinen Wangen gespürt, aber dann gab es einen lauten Knall, als etwas gegen die Innenseite der Tür prallte und den mühsam geschaffenen Durchlass abrupt verringerte. Metall drückte sich in seinen Leib und presste ihm alle Luft aus der Lunge. In seiner Brust gab etwas knirschend nach.
Jan Münzberg schrie auf und versuchte sich, ungeachtet des Brennens in seinem Oberkörper, zu befreien.
Er steckte in der Falle und das Wissen darüber, ließ ihn japsen wie einen Hund.
„Schhhh“, machte etwas nur wenige Zentimeter von seinem Kopf entfernt. Mit riesigen Augen starrte Münzberg in die Schwärze, ohne etwas zu erkennen. Er spürte den Luftzug, unmittelbar bevor ihn der erste Schlag traf.
Der erste Schlag brach ihm das Nasenbein, der zweite schaltete ihn ab.
Kadaver
Richard hatte gehört, wie Maria die Treppenstufen hinabgegangen war. Ihm war, während der Zeit, die sie bei Frau Ahrens verbracht hatte, nichts eingefallen, was er ihr hätte sagen können. So blieb ihm nichts anderes übrig, als vom Fenster aus zuzusehen, wie sie in ihren Fiat stieg. Er bemerkte, dass sie neben ihrem Lederkoffer nun auch einen großen braunen Umschlag bei sich trug.
Der Wagen sprang nicht an und sie öffnete die Motorhaube, um dem Anlasser mit einem Hammer ein gezielten Schlag zu versetzen. Sie hatte offensichtlich schnell
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