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Zwienacht (German Edition)

Zwienacht (German Edition)

Titel: Zwienacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raimon Weber
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stellte fest, dass er dennoch etwas erkennen konnte. Durch ein schmales, vergittertes Fenster fiel trübes Tageslicht.
    Richard hörte, wie draußen vor dem Fenster ein Auto durch eine Pfütze fuhr. Es musste in der Zwischenzeit angefangen haben zu regnen.
    Er stapfte vorsichtig durch die matschige Masse aus Kohle und Wasser zur Tür. Sie war nicht verriegelt. Dahinter war ein dunkler, fensterloser Flur.
    Richard horchte. Alles blieb still. Niemand schien sich hier unten aufzuhalten.
    An der Wand entdeckte Richard einen Lichtschalter. Ein rundes, klobiges Ding aus Bakelit. Er streckte die Hand danach aus, obwohl er nicht damit rechnete, dass die Ruine noch an das Stromnetz angeschlossen war. Zu seiner Überraschung schalteten sich Lampen an der rußigen Decke ein. Die Glühbirnen konnten die Dunkelheit nicht bannen. Sie konnten sie nur zurückdrängen und den muffigen Flur mit seinen Spinnweben voller Staub und den Hüllen ausgesaugter Nachtfalter in trübes Beige tauchen.
    Richard versuchte sich zu orientieren. Zu seiner Rechten zweigte nach ein paar Metern ein weiterer Flur ab. Er spähte hinein und sah an dessen Ende eine Treppe, die nach oben führte.
    Es wäre ihm lieber gewesen, wenn er die Ruine nicht wieder durch den alten Fluchtweg verlassen musste.
    Die gesamte Treppe war von Holzwürmern befallen. Winzige Häufchen aus fein zermahlenem Holz zeugten davon, dass sie noch immer aktiv waren. Prüfend stellte er einen Fuß auf die unterste Stufe. Sie knarrte, aber sie hielt.
    Die Tür am oberen Ende der Treppe war allerdings fest verschlossen.
    Richard kehrte in den Keller zurück und begann damit die einzelnen Räume zu durchsuchen. Einige waren leer, aber in anderen hatten die ehemaligen Mieter bergeweise Müll und alte Möbel zurückgelassen. Eigenartigerweise waren es ausschließlich Büromöbel: Schreibtische, Drehstühle auf verrosteten Rollen und sogar mehrere Schreibmaschinen der Marke Robotron. Zwei von ihnen hatte man allerdings in einem Akt von Vandalismus gegen die Wand geschleudert.
    Aus aufgerissenen Verpackungen waren kleine Flaschen mit einem weißlich gelben Inhalt auf den Boden gefallen. Die meisten von ihnen hatte man wie die Schreibmaschinen zerschmettert. Wo sie aufgeprallt waren, hatten sie einen klebrigen Fleck hinterlassen.
    Richard betrachtete eines der Fläschchen näher. Die Schrift auf dem Aufkleber war noch lesbar: Büroklebstoff Barock Gold .
    In einem Raum waren Kartons voller Aktenordner bis unter die Decke gestapelt. Die Pappe der unteren Kartons waren feucht geworden und ihr Inhalt begann sich in einen zähen Brei zu verwandeln, auf dem bleiche Pilze gediehen, eine Sorte, die Richard nie zuvor gesehen hatte. Sie erfüllten die Luft mit einem Geruch, der an gärendes Obst erinnerte.
    Richard nahm einen der Aktenordner in die Hand. Er fühlte sich klamm an und als er ihn aufschlug, pappten die meisten Seiten zusammen. Der Inhalt beschränkte sich auf lange Listen mit unbekannten Chemikalien, Metallen und Werkzeugen, Lieferscheinen und Materialanforderungen.
    Der ganze Kram stammte aus der Fabrik. Offensichtlich hatte man die Kellerräume damals angemietet oder einfach übernommen, um sie als Lager und Archiv zu benutzen.
    Wenn das stimmte, überlegte Richard, müsste es auch eine Verbindung zwischen den Gebäuden geben. Man hatte Akten und Schreibtische wohl kaum über die Straße geschleppt.
    Jetzt sah Richard die ersten Ratten. Zu zweit hockten sie auf einem Karton und starrten ihn mit ihren schwarzen Augen unverwandt an. Richard fluchte laut und warf den Aktenordner nach ihnen. Mit wütendem Pfeifen flohen sie in ein Versteck. Richard zog die Tür schnell hinter sich zu und verzichtete darauf, die übrigen Räume zu durchsuchen.
    Wenn er nicht völlig die Orientierung verloren hatte, musste sich direkt hinter der Mauer am Ende des Ganges die Fabrik befinden. Die Lampe in diesem Bereich des Kellers funktionierte nicht. Die Überreste der zerschlagenen Glühbirne ragten noch aus der Fassung.
    Richard entdeckte die Tür in dem Halbdunkel erst, als er sich bis auf wenige Meter genähert hatte. Ihre Farbe war von demselben schmutzigen Grau wie der gesamte Keller. Sie bestand aus Stahl und machte noch immer einen soliden Eindruck. An der Wand warnte ein Schild:

    Kein Durchgang für Unbefugte!

    Er drückte die Klinke herunter. Die Tür war abgeschlossen und so, wie sie aussah, würde er einen Schweißbrenner benötigen, um sie zu öffnen.
    Am Ende des Flures roch es noch

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