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Zwilling verzweifelt gesucht

Zwilling verzweifelt gesucht

Titel: Zwilling verzweifelt gesucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Obrecht
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Berufsdetektiv ist – müssen Alisia und ich dann an einem Referat für die Schule arbeiten. Wir sollten uns ein europäisches Land aussuchen, über das wir berichten wollen, und haben uns gemeinsam Montenegro ausgesucht, weil das so schön klingt und in der Klasse keiner genau wusste, wo es überhaupt liegt. Ich gebe zu, wir mussten selbst erst auf der Landkarte nachsehen. Und ich gebe zu, die meiste Zeit beschäftigen wir uns gar nicht damit, wie es in Montenegro aussieht. Wir legen uns auf den Boden und träumen davon, wie es in Montenegro aussehen würde, wenn es das Land unserer Träume wäre. Dort scheint – zumindest in unserer Vorstellung – natürlich immer die Sonne von einem knallblauen Himmel, überall wachsen Apfelsinen und Bananen und natürlich sind die Strände endlos und weiß und alle hundert Meter steht ein Eisverkäufer und bietet seine köstlichen Produkte zu den lächerlichsten Preisen an. Und wenn Moppel nicht immer wieder ungeduldig über unsere Bäuche trampeln und in unsere Notizblöcke beißen würde, wäre es ein richtig entspannter Nachmittag.

„ Elefantenfüße “ – das ist ein guter Name für die Skulptur, an der ich mich mit Mara verabredet habe: geriffelte, dicke graue Stahlröhren, ineinander verschlungen, als sei der Elefant über seine eigenen Füße gestolpert.
    Ich bin diesmal nicht zu früh da. Nach den Erfahrungen im Eiscafé habe ich keine Lust mehr, stundenlang herumzusitzen und zu warten. Und noch etwas ist anders: Alisia begleitet mich. Ich glaube, sie war ziemlich froh, dass ich sie darum gebeten habe.
    Um die Elefantenfüße herum ist viel los. Menschen hasten von der Bushaltestelle in Richtung Fußgängerzone und umgekehrt. Fahrradfahrer bahnen sich ihren Weg zwischen schimpfenden Passanten hindurch. Hunde kläffen einander an, Tauben fliegen auf. Ein Krankenwagen saust mit Blaulicht und Martinshorn vorbei. Mir wird ganz wirr im Kopf, und als auch noch ein Handy klingelt, dauert es einen Moment, bis ich kapiere, dass es mein eigenes ist.
    „ Na super “ , sagt Alisia. „ Sie sagt schon wieder ab. “
    Ich gehe dran. Es ist Mara.
    „ Tut mir leid “ , sagt sie, ohne zu grüßen. „ Ich kann schon wieder nicht kommen. “
    „ Und warum nicht? “ Ich gebe mir gar keine Mühe, meine angenervte Stimmung zu verbergen.
    „ Weil … ich muss für die Schule noch … und meine Mutter … “
    „ Ich glaube gar nicht, dass du meine Schwester bist “ , platze ich heraus. „ Wenn du meine Schwester wärst, dann hättest du auch Zeit. Dann wäre dir ein Treffen wichtiger als alles andere. “
    „ Nein, nein … es ist nur … “
    Alisia stößt mich in die Seite und zeigt mit dem Finger. Ich folge ihrem Blick und entdecke ein Mädchen, das auf der anderen Seite des Platzes steht, telefoniert und dabei konzentriert zu uns rübersieht. Jetzt wendet sie sich schnell ab.
    „ Ich muss Schluss machen “ , sagt Maras Stimme.
    Dann ist sie weg. Das Mädchen steckt ihr Handy ein. Alisia und ich rennen los und das Mädchen ebenfalls. Sie trägt eine rote Jacke und hat einen dunkelblauen Rucksack. Sie hat lange, dunkle Haare. Dunkle Haare. Falls sie sich die Haare nicht färbt, reicht das eigentlich schon aus.
    „ Sie ist nicht meine Schwester “ , rufe ich Alisia zu.
    Das bedeutet eigentlich, dass wir sie nicht verfolgen müssen – wozu denn? Ich habe keine Zeit, enttäuscht zu sein, weil ich so nach Luft ringe. Aber Alisia ist unermüdlich. Das Mädchen schafft es, durch die Drehtür hindurch ins Kaufhaus zu schlüpfen. Wie sollen wir sie im Getümmel da drin je finden? Ich sehe Alisia an.
    „ Wir kriegen sie! “ , schnauft die. Schon haben wir die Drehtür erreicht. Im Inneren des Kaufhauses sehen wir uns um, entdecken das Mädchen natürlich nicht.
    „ Wir teilen uns auf “ , bestimmt Alisia. „ Du bleibst hier und ich nehme den Ausgang auf der anderen Seite. Irgendwann muss sie ja wieder rauskommen. “
    Sie drängt sich durch die Leute durch und ist verschwunden. Ich sehe ihr nach. Es riecht nach bunten Bonbons und allerlei anderen Leckereien, die in der Nähe dieses Ausgangs in durchsichtigen Plastikboxen auf Käufer warten. Ich habe sogar ein bisschen Kleingeld in der Tasche, aber ich wage es nicht, meinen Posten aufzugeben. Wenn das Mädchen auftaucht, muss ich alles fallen lassen und sie weiterverfolgen.
    Ich gehe auf und ab, lese die Plakate, die an der Glastür angebracht sind, die Titel auf den Zeitungen im Zeitungsständer, beobachte eine Weile

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