Zwilling verzweifelt gesucht
ich, und das klingt wie eine blöde, ausweichende Antwort, trifft es aber genau.
Natürlich bin ich enttäuscht, dass ich meine Zwillingsschwester nicht gefunden habe. Natürlich bin ich nicht so richtig enttäuscht, weil ich ja eigentlich schon geahnt habe, dass Mara nicht die richtige ist. Einer richtigen Zwillingsschwester wäre es wichtig gewesen, mich so schnell wie möglich zu treffen.
„ Und jetzt? “ , frage ich.
„ Was meinst du? “
„ Hast du noch eine Idee? Wie wir meine Schwester finden können? “
„ Vielleicht im Internet “ , antwortet Alisia. „ Deine Brüder basteln doch noch an ihrem Programm. “
„ Die wissen gar nichts von meiner Schwester. “
„ Ach so. “ Alisia beißt sich auf die Unterlippe. „ Wir haben immer noch das Foto. Du solltest deine Mutter direkt auf das Foto mit den beiden Babys ansprechen. “
„ Vielleicht. “
„ Ich glaube “ , sagt Alisia, „ wir brauchen noch ein bisschen Geduld. “
Geduld! Dieses Wort hat Alisia noch nie benutzt, seit wir uns kennen. Das ist der eindeutige Beweis dafür, dass sie, meine schlaue, ideenreiche Freundin Alisia, nun selbst mal nicht weiterweiß. Das wird sie bestimmt nicht auf sich sitzen lassen.
Mops und Moppel gehen sich gegenseitig an die Gurgel, sobald sie sich begegnen. Mama ist völlig verzweifelt und weiß nicht, was sie noch tun soll. Sie hat schon drei Tierärzte angerufen, zwei Fachleute von der Hundeschule, einen Hundepsychologen und zuletzt sogar eine Hellseherin, die ihr aber erklärt hat, dass sie grundsätzlich nicht mit Tieren arbeitet, weil die im Gegensatz zu Menschen so schwer zu durchschauen sind.
Nun hält sich immer abwechselnd einer der Hunde im Haus auf, der andere muss im Garten bleiben. Am lästigsten daran ist, dass man nicht mehr mit beiden gemeinsam spazieren gehen kann. Es ist geradezu lächerlich, wenn zwei Familienmitglieder mit jeweils einem Hund aus dem Haus kommen und in entgegengesetzte Richtungen davongehen, um einander bloß nicht begegnen zu müssen.
„ Vielleicht sollte ich noch einen Pfarrer anrufen “ , überlegt Mama. „ Pfarrer verstehen manchmal auch Dinge, die andere nicht verstehen. “
„ Könnte helfen, falls ein böser Geist in die Hunde gefahren ist “ , witzelt Papa.
Mama wirft ihm einen vernichtenden Blick zu.
„ Ich weiß nicht, was in sie gefahren ist “ , sagt sie. „ Aber ein guter Geist war es jedenfalls nicht. “
Sie denkt eine Weile nach, aber ihr fällt aus unserem Bekanntenkreis kein Pfarrer ein. Also stochert sie wieder im Internet, schreibt ihre Fragen in irgendwelche Foren. Dort bekommt sie viele Antworten, über die sie den Kopf schüttelt.
„ Die Leute sind alle verrückt “ , sagt sie. „ Da denke ich doch lieber wieder selbst nach. “
„ Warum erfindet Papa nichts? “ , frage ich.
„ Er kennt sich nur mit Maschinen aus. “ Mama klappt ihr Laptop zu.
Papa ist dieser Tage sehr nervös. Die Chinesen haben abgesagt. Sie wollen den Krawallator nicht, aber dafür hat ein arabischer Scheich aus Dubai Interesse angemeldet. Na ja, Papa weiß nicht genau, ob er ein richtiger Scheich ist, aber der Mann hat offenbar viel Geld. Einen endgültigen Auftrag gibt es leider noch nicht. Kein Wunder, dass Papa nervös ist.
„ Wenn das klappt … “ , sagt er immer wieder, „ dann wird hier bald einiges anders aussehen … “
Mama dreht sich zu ihm um.
„ Nur für den Fall, dass es nicht klappt “ , sagt sie vorsichtig, „ könntest du dann selbst vielleicht mal den Wasserhahn im unteren Bad reparieren? Er tropft ununterbrochen. Und im Zimmer der Jungs geht eine Steckdose nicht mehr. Ich weiß nicht, was sie damit angestellt haben. “
Papa beißt sich auf die Unterlippe und geht aus dem Zimmer.
Jemand nähert sich durch den Garten unserem Haus. Alisia. Klar, wir wollten ja heute mit der Umfrage beginnen. Alisia ist manchmal anstrengend. Sie setzt jeden Plan sofort in die Tat um, bevor man sich überlegen kann, ob es überhaupt ein guter Plan ist. Ich frage mich, wie lange Mara über ihren Plan, sich als meine Zwillingsschwester auszugeben, nachgedacht hat. Ich wette, sie ist mehr so wie ich …
Alisia nickt mir kurz zu, als ich die Tür öffne, und zieht einen bedruckten Zettel aus der Tasche.
„ Wir fangen gleich an. “
„ Womit? “
Sie antwortet nicht, sondern marschiert direkt auf meine Mutter zu, die wieder ratlos an ihrem Laptop sitzt. Im Bad hört man es hämmern und fluchen, aber darum kümmert sich Alisia
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