Zwillingsblut (German Edition)
ablegte.
»Sie ist nur eine kleine unbedeutende Spielfigur«, stellte Morna klar. »Den Fluch zu brechen hat nie geklappt und wird nie klappen!«
5
Sofia schreckte aus ihrem Traum auf. Ihr Herz raste, obwohl es eindeutig still stand und auch der kalte Schweiß auf ihrer Stirn war nicht echt, sondern entsprang allein ihrer Phantasie. Angespannt versuchte sie sich jede Einzelheit zurückzurufen, doch es klappte nicht. Jedes Mal wenn Sofia sich konzentrierte, fühlte sie sich, als falle sie in ein tiefes schwarzes Loch. Sie schloss die Augen und versuchte sich in den Traum zurück zu zwingen. Sie hockte auf allen Vieren auf dem nassen Asphalt und bewegte sich nicht, obwohl ihre Jacke und die Bluse hoch gerutscht waren und ihren unteren Rücken und ihren Bauch entblößten. Ihre Kapuze bedeckte ihre Haare, ihr Gesicht war dem Boden zugewandt und wie betäubte wartete sie mit starren Augen auf ihr Schicksal.
Selbst wenn Sofia nicht begriffen hätte, dass sie es war, die dort auf der nassen Straße wartete, hätte sie Mitleid gehabt. Sie fühlte sich hilflos, ausgeliefert und entblößte bei dem Rückblick auf die Nacht, die sie zum Vampir gemacht hatte.
»Nimm sie dir!«, verlangte eine weibliche Stimme. Sie klang gefährlich und irgendwie unberechenbar. Der Besitzer einer solchen Stimme brachte jemanden um und lud dieselbe Person eine Minute später zum Geburtstag ein. »Lass sie wissen, was du tust – und wie! Fick sie!«
»Nein!« Es war die Stimme eines Mannes. Trotz seiner Verneinung konnte sie hören, wie er auf sie zukam. Und das Rascheln der Kleidung, welches bezeugte, dass er entgegen seines Wort der weiblichen Stimme gehorchte. Sofia konnte ihr eigenes Gesicht sehen. Reglos und unbeteiligt.
Ihr eigener Wutschrei riss sie aus dem Traum. Der Vampir hatte sie benutzt wie ein Stück Fleisch.
Wie Vieh!
Selbst der leidenschaftliche Sex gegen ihren Willen wäre besser gewesen. Sie schnellte zurück in ihre Erinnerung, in ihren Körper mit dem sie den verführerischen, gesichtslosen Fremden aktiv und leidenschaftlich empfangen hatte.
Doch die Wahrheit war noch schrecklicher als die Erinnerung: Sie hatte nicht einmal etwas dabei empfunden, nichts, gar nichts. Und er auch nicht.
Sie krümmte sich zusammen und umschlang ihre Unterschenkel, um einen schützenden Kokon um sich zu bilden.
Warum? War es ein Spiel, genau wie die Inschrift? Ein Wettkampf?
Sofia spürte Tränen ihre Wangen hinab laufen und weinte sich zurück in den Schlaf.
6
Edward lauschte den Worten der Hexe Morna, wie sie die Verführung der hilflosen Sterblichen so beschrieb, wie Morna es wahrgenommen hatte. Währenddessen erstarrten sein Gesicht und sein Körper langsam zu einer Maske hilfloser, heißkalter Wut. Obwohl es nur eine Täuschung gewesen war, brachten ihn Mornas ausführlichen Details um den Verstand. Zum Glück hatte das vor Rachsucht geifernde Miststück ihn ob ihres scheinbaren Triumphes nicht durchschaut! Ihn nicht und die perfekte Illusion nicht. Für sie war die Sterbliche in der Nacht in der Gasse kniend gefickt worden. Ein Stück Vieh, wehrlos und ausgeliefert und trotzdem vor Wonne schreiend.
Der Sterblichen hatte er wilden, hemmungslosen Sex suggeriert, ihre Erinnerungen so sehr manipuliert, wie er sich traute, ohne seinen Plan kaputt zu machen. Sie sollte an ihrer Rache festhalten. Ihre Rache war seine Erlösung!
Auf dem schmalen Grad, den er betreten hatte, hatte er die Lebensüberdrüssige so sanft behandelt, wie es ihm möglich war. Zum ersten Mal hatte er sich sein Opfer nicht selber ausgesucht, zum ersten Mal nicht ihr Gesicht gesehen. Es nicht einmal gewollt. Während des Blutaustausches hatte er sogar darauf verzichtet, ihre Gedanken, Hoffnungen und Träume kennenzulernen und sich einfach an den Plan gehalten, den der Magnus für ihn entworfen hatte. Selbst als er ihr sein blutiges Handgelenk zum Trinken an den Mund gepresst hatte, hatte er die Lebensüberdrüssige nicht beachten. Hatte nur die Stimme des Magnus gehört, seine Erklärungen und Hoffnungen, selbst Hoffnungslos.
Aber das Blut des Mädchens floss noch in ihm, der Geschmack ihres Lebens lauerte noch in seinem Mund und irgendwie schien Edward auch ihre Unschuld, von der Magnus erzählt hatte, schmecken zu können.
Durch seine Illusion war dieser Teil der Sterblichen vor der Hexe verborgen geblieben, trotzdem fühlte er sich deswegen schuldig. Immerhin hatte die Fraugenügend Respekt vor sich und vor ihrem Körper, um sich nicht dem erstbesten
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