Zwillingsblut (German Edition)
fühlte sich nur verletzt und wusste, dass nicht mehr viel fehlte, bis ihr Körper ihr seinen Dienst verweigern würde. Ihr Herz schlug unrhythmisch, zu hastig und versuchte mit zu wenig Blut dieselbe Menge an Zellen zu versorgen.
Zu wenig Blut!
Das Rauschen in ihren Ohren nahm zu, Sofia konnte jedenHerzschlag in ihrem Kopf hören und spüren, fühlte sich, als müsse das Dröhnen sie vernichten. Doch erst als sich Ketten, silberne Fesseln um ihre Gelenke legten, begriff sie, was Vernichtung wirklich bedeutete. Die Glieder brannten sich in ihre Haut und die Schmerzen waren lähmend. Nie hätte sie die Existenz solcher Schmerzen für möglich gehalten. Das Silber fraß ihre Haut, verätzte sie, bis die Haut nachwuchs. – Um ebenfalls zu verbrennen. Die Vampirin wandte sich und versuchte die Fesseln abzustreifen, den peinigenden Schmerzen zu entkommen, doch sie saßen fest. Sofia konnte die Anstrengung spüren, die es ihren Körper kostete, sich zu regenerieren, merkte, wie das Nachwachsen der Haut langsamer wurde, das Klopfen hinter ihren Schläfen lauter und das Ziehen in ihrem Körper, in jeder Zelle fordernder. Gemeinsam bildete die Anstrengung, das Klopfen und Ziehen ein Kaleidoskop der Schmerzen und des Verlustes. Ihr ganzer Körper schrie tonlos vor Pein, während der Geruch von schwellendem Fleisch ekelerregend intensiv in ihrer Nase kitzelte und die Schreie ohrenbetäubend laut in ihren Ohren schrillten.
Es dauerte, bis Sofia erkannte, dass es ihre Schreie waren, die sie betäubten, ihre Tränen, die verhinderten, dass sie die Gesichter ihrer Peiniger erkennen konnte. Sie blinzelte, doch neue Fesseln wurden um ihre Beine geschlungen, um ihre Taille und ihren Busen, sie berührten ihre nackte Haut, brannten dort und Sofia bemerkte erst jetzt, dass ihr schwarzes Kleid nur noch in Fetzen hing, sie kaum bedeckte. Doch niemand der umstehenden Folterer schien Interesse an ihrem Körper zu haben, sondern war ausschließlich auf ihre Schmerzen, ihr Leid, fixiert.
Nahezu körperlich konnte sie die Gewichte spüren, die zusätzlich an die Ketten gebunden wurden, unerträglich schwer, obwohl sie noch nicht auf ihrem Körper lasteten. Als Sofia begriff, schrie sie wieder.
Ein höhnisches Lachen aus der Menge antwortete ihr: Noctalyus.
»Passend, oder? Der heilige Nepomuk wurde hier schließlich in den Tod gestürzt. Ertrinken soll ein schöner Tod sein.«
Sagt wer?
, wollte Sofia schreien, doch kein Ton kam über ihre Lippen.
Noctalyus trat in ihr Blickfeld und der Hass und der Fanatismus verzerrten seine eigentlich schönen Züge, ließen ihn nicht mehr kindlich und jung erscheinen, sondern wie einen lebendig gewordenen Dämon.
»Stell dir vor, wie sich dein hübscher Mund im Wasser bewegt, nach Luft schnappt, sie aber nicht bekommen wird. – Nicht, dass es wirklich eine Rolle spielt, schließlich bist du ja tot und hast Luft nicht mehr unbedingt nötig, nicht wahr?« Sein Lächeln war diabolisch.
Er zog ein Beil aus seiner Manteltasche. »Nicht, dass du noch einen Mund oder einen Kopf haben wirst.«
Er weidete sich an Sofias entsetztem Blick. Sein Lachen war herablassend und so laut, dass es das fordernde Klopfen in Sofias Körper übertönte und die ohnehin angespannten Zellen zum Vibrieren brachte. Sie schienen zu schwingen und wie ein Resonanzkörper jeden Ton zu verstärken. Die Vampirin konnte spüren, wie sich die Töne in ihrer Mitte verdichteten und einen Rhythmus aufgriffen, den sie bisher noch nicht wahrgenommen hatte.
»Das ist falsch, so falsch. Die anderen Frauen des Magistraten haben sich selbst umgebracht«, wimmerte sie protestierend. Ihr Blick suchte Edward in der Menge und fand ihn schließlich.
Bitte! Bitte, nicht du!
Sein stoischer Anblick trieb Sofia neue Tränen ins Gesicht. Trotzdem konnte sie spüren, wie etwas in ihrem Inneren auf seine Anwesenheit reagierte: mit einem schmerzenden Gefühl der Enttäuschung.
»Etwas, wozu du anscheinend zu dumm bist!«, spottete Noctalyus. »Deswegen haben wir den Auftrag bekommen, dir zu… helfen.« Sein Lachen würde sie selbst in der Hölle verfolgen.
Unbändiger Hass stieg in Sofia auf und verdrängte für kurze Zeit die Schmerzen und die Angst. »Ich bin nicht einmal ein Jahr ein Vampir und es ist Tötungszeit?« Sie konnte hören, wie ihre Stimme bebte und es kostete sie Mühe, Widerstand zu leisten. Selbst die Kette Edwards um ihren Hals schien enger zu werden und Hitze auszustrahlen.
»Bedank dich beim Magistraten!« Noctalyus sah sich
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