Zwillingsbrut
verbrachte Kacey zunächst damit, mit Bonzi zu spielen, Rechnungen zu überweisen und das Haus aufzuräumen.
Nach langem Hin und Her rief sie Trace O’Halleran an. Sein Anrufbeantworter meldete sich, also hinterließ sie ihre Handynummer und eine Nachricht, sie wolle sich nach Eli erkundigen.
Das war kein Vorwand; sie war wirklich besorgt um den Jungen, und zwar eher wegen seiner Grippesymptome als wegen seines Arms. Doch sie musste sich nichts vormachen: Natürlich hatte sie gehofft, mit Trace sprechen zu können.
Am späten Morgen hatte sie beschlossen, die Initiative zu ergreifen und dem Geheimnis um ihre Doppelgängerinnen auf den Grund zu gehen. Sie machte einen kurzen Abstecher zum Fit Forever und fragte nach einer Trainerin namens Gloria. Dem hübschen Mädchen mit den weißblonden Zöpfchen an der Rezeption, das nicht älter war als achtzehn, machte sie weis, sie überlege, Mitglied zu werden. Mit jugendlicher Begeisterung – und der Aussicht auf eine Provision, vermutete Kacey – zählte ihr die Rezeptionistin die Vorteile einer Mitgliedschaft im Fit Forever auf. Als Kacey nicht sofort auf der gestrichelten Linie unterschrieb, verlor sie ein bisschen von ihrem Feuer und schob ein paar Broschüren über den langen Tresen, bevor sie sich der Frau hinter ihr zuwandte, von der sie sich offenbar mehr versprach.
Rasch überflog Kacey die Seiten. Tatsächlich gab es eine Trainerin namens Gloria Sanders-O’Malley. Kacey schlenderte einen Gang entlang, als wäre sie bereits Mitglied; sie wollte nicht, dass jemand sie herumführte. Hinter einer großen Glasscheibe, durch die man in den Workout-Raum blicken konnte, entdeckte sie die Trainerin, die Gloria Sanders-O’Malley sein musste. Es war verdammt unheimlich, die Frau zu beobachten, die gerade einen Spinningkurs gab. Keine der Kursteilnehmerinnen sah ihr ähnlich – Gott sei Dank –, aber Gloria hatte genau dieselbe Gesichtsstruktur wie Kacey. Sie trug ihr rotbraunes Haar kurz und verstrubbelt; ihr Körper war durchtrainiert wie der einer echten Sportlerin.
Als der Kurs zu Ende war, betrat Kacey den Workout-Raum und stellte sich als potenzielles Mitglied vor. Gloria war höflich interessiert, doch sie schien ihre Ähnlichkeit nicht zu bemerken, und Kacey sprach sie auch nicht darauf an.
Vielleicht sah sie tatsächlich Gespenster.
Unsicher, was sie von all dem halten sollte, kehrte Kacey nach Hause zurück und verbrachte ein paar Stunden mit ihrem Laptop am Schreibtisch. Von der Landesbehörde war noch keine E-Mail gekommen, also beschloss sie, eine ihrer College-Freundinnen anzurufen, die ihres Wissens nach bei der Bundesbehörde in Helena arbeitete, in der Datenverarbeitung. Vor Jahren, als sie noch zur Uni gegangen waren, hatte Riza Kacey geholfen, ihre Computerkenntnisse zu verbessern, und dafür von ihr Nachhilfe in Literatur und Spanisch erhalten.
Es dauerte fast sieben Minuten, bis man Kacey dreimal weitergeleitet und endlich mit Riza verbunden hatte; offenbar war sie geschieden und hatte wieder ihren Mädchennamen angenommen.
»He, Riza. Hier spricht Kacey Collins … nun, jetzt heiße ich Lambert.«
»He. Wie ist es dir denn so ergangen?« Selbst wenn sie sprach, hörte man Rizas Tastatur klappern.
»Ganz gut.« Sie plauderten ein wenig, und ja, Riza war tatsächlich von ihrer Highschool-Liebe geschieden, die sie gleich nach dem College geheiratet hatte, und lebte jetzt mit ihrem neuen Freund, einem Musiker, zusammen. Kacey erzählte ihr, dass auch sie und JC sich getrennt hatten und dass sie jetzt in Grizzly Falls wohnte.
»Wurde auch Zeit, dass du diesen Besserwisser losgeworden bist«, sagte Riza. »Ich habe ihn nie gemocht.«
»Dann hättest du mir das vielleicht damals schon sagen sollen.«
»Du hättest doch eh nicht auf mich gehört.«
Das stimmte vermutlich, dachte Kacey.
»Also, was ist los?«, fragte Riza. »Du rufst mich bestimmt nicht einfach so aus heiterem Himmel an. Da steckt doch etwas dahinter?«
»Nun … ja …« Kacey musste zur Sache kommen. »Hör mal, Riza, ich brauche deine Hilfe. Mehrere Frauen sind ums Leben gekommen, und zwei von ihnen sind im Valley Hospital geboren worden, vor rund dreißig Jahren. Ich möchte herausfinden, ob es noch weitere gab. Frauen … ich denke, es handelt sich nur um Frauen, die vor neunundzwanzig bis, ähm, sagen wir mal achtunddreißig Jahren in diesem Krankenhaus auf die Welt gekommen und jetzt tot sind.«
»Du weißt aber, dass ich ausschließlich Zugang zu den
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