Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zwillingsbrut

Zwillingsbrut

Titel: Zwillingsbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
Wind blies durch die tiefe Schlucht und bauschte ihr Nachthemd. Barfuß, bibbernd vor Kälte, starrte sie auf das tosende Wasser.
    »Kacey!«, hörte sie ihren Namen über den heulenden Sturm hinweg und sah Grace Perchant mit ihrem Wolfshund Bane. »Böse«, sagte sie, ihre Stimme ein Flüstern, das den klagenden Wind übertönte. »Böse.«
    »Wer?«, wollte Kacey fragen, aber ihre Stimme versagte. Der dicht fallende Schnee umhüllte Grace und ihren Hund wie ein Leichentuch, bis sie dahinter verschwunden waren.
    Furcht ergriff sie, und als sie wieder aufs Wasser blickte, sah sie Gesichter unter der Oberfläche. Bleich und verzerrt starrten sie zu ihr hinauf, in ihren Augen spiegelte sich nacktes Entsetzen. Shelly Bonaventure, das Make-up verschmiert; Jocelyn Wallis, weinend; Elle Alexander, die Augen vorwurfsvoll aufgerissen; und dann trieb ihr eigenes Gesicht hinauf an die Wasseroberfläche, körperlos, die Züge verschwommen, aber unverkennbar ihre. Auch Leanna O’Halleran war da, zusammen mit Trace. Den Mund zu einem boshaften Grinsen verzogen, trieb er zwischen Jocelyn und Leanna, bis Jocelyns nackter Körper an ihm vorbeigespült wurde, die Brüste schlaff, die dunklen Brustwarzen eingefallen, eine grobe y-förmige Autopsienarbe am Oberkörper.
    Kacey versuchte zu schreien, doch kein Laut drang aus ihrer Kehle. Sie konnte auch nicht weglaufen: Wie angewurzelt stand sie am Ufer, während sich der unaufhörlich vom Himmel rieselnde Schnee erst rosa, dann rot verfärbte und schließlich in dicke Blutstropfen verwandelte.
    Allmächtiger!
    Ein Hund knurrte und bellte, und ihr Blick schweifte wieder über den Fluss, wo sie Grace entdeckte, die jetzt nicht mehr war als ein Skelett; ihr bleiches Haar flatterte im Wind, ihre Kiefer öffneten sich und enthüllten ein schwarzes Loch, als sie flüsterte: »Halt dich von ihm fern … Er ist böse.« Das ausgemergelte Untier neben ihr knurrte aus tiefer Kehle, während der blutige Schnee das bedeckte, was von seinem Fell noch übrig geblieben war.
    »Wer?«, rief sie wieder, als erneut ein Hund bellte und sie zusammenfahren ließ. Ein tiefes, unwirsches Knurren …
    Kacey fuhr in ihrem Bett hoch.
    Das Schlafzimmer war dunkel, ihre Decke zerwühlt. Bonzi stand am Fenster und blickte hinaus in den Garten. Die Nackenhaare gesträubt, den Schwanz reglos, drückte er seine Nase gegen die Scheibe, auf der sich kreisrunde Beschlagflecken bildeten.
    Fast wäre ihr das Herz stehengeblieben. »Bonzi …?«, fragte sie leise und kletterte aus dem Bett. Sie stellte sich neben ihn ans Fenster, hinter die Vorhänge. Neben ihr an der Wand lehnte die geladene Schrotflinte. Sie konnte draußen nichts Außergewöhnliches erkennen. Der Garten und die umstehenden Büsche und Sträucher waren schneebedeckt und zitterten im Wind, der auch die Dachsparren des alten Farmhauses ächzen ließ.
    Es war fast Morgen, die Nebengebäude hoben sich dunkel von der weißen Schneedecke ab, erleuchtet von den neuen Außenlampen an der Garage.
    War etwas oder jemand dort draußen? Gleich hinter der Ecke des alten Schuppens? Oder weiter weg, zwischen der dunklen Reihe junger Kiefern vor den Feldern, die ihr Großvater früher einmal bestellt hatte? Es schneite leicht; große, weiche Flocken.
    Da ist nichts. Vielleicht eine streunende Katze oder ein Hase.
    Doch ihr Herz raste, ihre Nerven waren zum Zerreißen gespannt. Die Szenen aus ihrem Traum traten ihr wieder vor Augen, die verstörenden Bilder von toten Frauen und blutigem Schnee und von Grace Perchants ominöser Warnung.
    Böse …
    Sie sah ihr bleiches Spiegelbild in der Fensterscheibe, ein aschfahles Antlitz, das sie an die Frauen aus ihrem Traum erinnerte. Konnte das sein? Konnte es denn sein, dass Gerald Johnson all die Frauen gezeugt hatte, die jetzt nach und nach ermordet wurden?
    Von unten drang ein Geräusch zu ihr hoch. Sie erstarrte, dann wurde ihr klar, dass es von Trace kommen musste.
    »Kacey?«, rief er im selben Moment leise die Treppe hinauf, dann waren Schritte von nackten Füßen auf den Stufen zu hören. »Ich dachte, ich hätte etwas gehört –« Er tauchte im Türrahmen auf, seine nackten Schultern, vom Flurlicht beschienen, stießen fast an die Pfosten, seine abgewetzte Jeans saß tief auf seinen Hüften. »– den Hund.« Er blickte sich im dunklen Zimmer um und fragte: »Stimmt was nicht?«
    »Nein.« Sie verdrängte die Fratze aus ihrem Traum und erklärte: »Bonzi hat mich geweckt.«
    Als er seinen Namen hörte, drehte der

Weitere Kostenlose Bücher