Zwillingsbrut
stiegen ebenfalls ein.
»So, hier drinnen ist alles sauber«, sagte Alvarez und ließ den Motor an. Trace hatte hinten Platz genommen, Kacey auf dem Beifahrersitz. Alvarez stellte die Heizung an, um die beschlagenen Scheiben frei zu machen, dann den Scheibenwischer, der den Neuschnee zur Seite schob. »Ich denke, man hat Sie vergiftet, aber vermutlich in einer so geringen Dosis, dass Sie nicht gleich sterben, sondern nur krank werden. Wir haben Spuren von Arsen in Jocelyn Wallis’ Blut gefunden. Der Kerl hat mit ihr gespielt. Irgendwie hat er das Zeug in ihren Kaffee gemischt.«
»Perverser Bastard«, sagte Trace.
»Und Sie glauben, das hat er bei mir ebenfalls getan?«, fragte Kacey.
»Das werde ich herausfinden.«
»Ich denke, der ›perverse Bastard‹ könnte mit mir verwandt sein«, sagte Kacey bedächtig.
»Wie kommen Sie darauf?«, erkundigte sich Alvarez.
Kacey weihte sie etwas widerwillig in die Geschichte ihrer Mutter ein, sie sei das uneheliche Kind von Maribelle und Gerald Johnson – ein Doktor, der einen speziellen Herz-Stent entwickelt hatte. Sie erzählte der Beamtin, was sie am Nachmittag in Johnsons Firma in Missoula herausgefunden, welchen Eindruck sie von ihm und seinen Kindern gewonnen hatte, dann ließ sie die Bombe platzen, dass Gerald Johnson während seines Medizinstudiums sein Geld als Samenspender in einer mittlerweile geschlossenen Klinik verdient hatte.
Alvarez ließ sich eine Weile Zeit, um das Gefühl auszukosten, dass sie einen gewaltigen Durchbruch erzielt hatte. »Wir wussten bereits von der Samenspende«, teilte sie einer überraschten Kacey mit. »Von Elle Alexanders Mutter.« Sie wiederholte kurz, was sie in Erfahrung gebracht hatte, dann sah sie Kacey ernst an. »Sie müssen mit Ihren Nachforschungen sofort aufhören. Kommen Sie mit aufs Department und machen Sie eine Aussage, und dann verschwinden Sie, tauchen Sie unter. Zumindest bis wir herausgefunden haben, ob Sie tatsächlich ein Ziel sind und was mit Johnson und seinen Kindern ist.«
»Es gibt noch einen weiteren Abkömmling wie mich. Robert Lindley. Seine Mutter, Janet Lindley, war ebenfalls Johnsons Geliebte. Außerdem ist eine seiner Töchter, Kathleen, im Alter von etwa zwanzig Jahren bei einem Skiunfall ums Leben gekommen.«
»Noch ein Unfall«, stellte Alvarez fest.
»Könnte sie ebenfalls ein Opfer sein?«, fragte Trace.
»Schon möglich.«
»Und die Kleine? Johnsons Tochter Agatha-Rae ist im Alter von acht Jahren gestorben. Die anderen hatten meines Wissens bislang keine lebensbedrohlichen Unfälle.«
»Genau das ist der Punkt: Sie wissen es nicht. Sie sollten aufhören, Detektiv zu spielen. Es ist einfach zu gefährlich«, beharrte Alvarez hartnäckig. »Das ist unsere Aufgabe. Von jetzt an überlassen Sie das Feld uns.«
»Mein Gott«, murmelte Pescoli fassungslos, als sie sich in den Schnee neben den Leichnam kniete: eine Langläuferin, die offenbar gegen den Aststumpf einer Kiefer in der Nähe des vereisten Flussufers geknallt war. Pescoli war unterwegs zum Haus von Kacey Lambert gewesen, als der Anruf einging.
Die tote Skifahrerin hatte rötlich braunes Haar, und obwohl ihr Gesicht durch den Zusammenprall mit der Kiefer zerschmettert und mit gefrorenem Blut verschmiert war, spürte Regan, wie ihr ein eisiger Schauder das Rückgrat hinunterlief.
Die Züge des Unfallopfers wiesen trotz der Entstellungen eine deutliche Ähnlichkeit mit denen von Jocelyn Wallis, Elle Alexander und Shelly Bonaventure auf.
»Verdammt«, murmelte sie, als der Leichnam fotografiert, in einen Leichensack verfrachtet und zum Transporter des Gerichtsmediziners geschafft wurde, der unten auf dem Parkplatz neben dem roten Honda stand, der auf Karalee Rierson zugelassen war. Die junge Frau wohnte etwa zehn Meilen entfernt in östlicher Richtung.
Wie standen die Chancen, dass das hier wieder ein Zufall war?
Pescoli nahm sich Zeit, mit dem Paar zu sprechen, das sie gefunden hatte; die beiden waren Anfang zwanzig, frischverheiratet und mit ihren Schneeschuhen unterwegs gewesen, als sie die Leiche entdeckt hatten. Fast hätten sie sie übersehen, weil sie halb im Schnee begraben lag, doch der Mann hatte etwas Rotes unter der frisch gefallenen Schicht entdeckt und genauer nachgeschaut.
Entsetzt hatten sie dann per Handy den Notruf gewählt. Kayan Rule hatte den Anruf entgegengenommen und war zur Unfallstelle geschickt worden. Als er das Opfer gesehen hatte, hatte er umgehend die Mordkommission angefordert. Pescoli war
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