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Zwillingsbrut

Zwillingsbrut

Titel: Zwillingsbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
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doch etwas«, sagte Pescoli. »Nehmen wir mal an, sie ist es – warum begleiten Sie uns nicht zu ihr, wenn Sie sie kennen?«
    »Meinen Sie, die Ärzte werden das erlauben?«, fragte er.
    »Wir haben Freunde in den höheren Etagen«, erklärte Alvarez, doch er erhob sich bereits. Sie griff nach Jacke, Handtasche und Dienstwaffe.
    »Ich fahre«, bestimmte Pescoli. Sie wollte sehen, wie er reagierte, wenn er der Verletzten gegenübertrat, und anschließend seine Geschichte überprüfen.
    Sollte sich herausstellen, dass es sich um eine andere Frau als die Grundschullehrerin handelte, hätten sie nun einen zusätzlichen Vermisstenfall.
    Vorausgesetzt, es stimmte, was O’Halleran ihnen erzählt hatte.
     
    »Oh, Gott sei Dank, Dr. Lambert! Ich habe mir solche Sorgen gemacht!«, rief Rosie Alsgaard, die Finger einer Hand theatralisch über der Brust gespreizt, als sie Kacey auf dem Gang im Obergeschoss des an die Poliklinik angrenzenden Krankenhauses entdeckte. Die Schwester aus der Notaufnahme, aus deren Kitteltasche die Ohrbügel ihres Stethoskops herausragten wie die zwei winzigen Gesichter einer doppelköpfigen Schlange, eilte über das glänzende Linoleum auf die Kollegin zu. »O Mann, hab ich mir Sorgen gemacht! Genau wie die anderen.«
    »Warum denn? Wovon reden Sie eigentlich?«
    »Von der Patientin, die gestern Abend bei uns eingeliefert wurde, noch bevor meine Schicht begann. Cleo hatte Nachtschicht, und sie war sich zuerst sicher, Sie wären es! Sie könnte Ihre Doppelgängerin sein.«
    »Cleo?«
    »Nein, die unbekannte Patientin. Cleo ist die Schwesternhilfe, die letzte Nacht in der Notaufnahme gearbeitet hat. Aber nicht nur Cleo hat Sie verwechselt, ich auch! Ich habe die Patientin gesehen und … mein Gott, ist das irre!« Rosie schnaufte, dann erklärte sie aufgeregt stammelnd: »Ihr Gesicht ist natürlich geschwollen und voller blauer Flecken, die Nase gebrochen, aber ihre Haare … sie sieht genauso aus wie Sie. Ich war mir absolut sicher … und ich habe mir solche Sorgen gemacht, Sie wären gestürzt und –«
    »Jetzt mal langsam, Rosie«, sagte Kacey mit fester Stimme. »Und bitte noch einmal von vorn.«
    »Schon gut, schon gut!« Langsam kehrte Rosies Farbe zurück, und sie atmete tief durch. »Letzte Nacht ist eine Patientin von der Rettung hier bei uns in der Notaufnahme eingeliefert worden. Angeblich ist sie beim Joggen ausgeglitten und die Klamm bei den Wasserfällen hinuntergestürzt. Sie hatte keinen Ausweis bei sich, und sie befand – befindet – sich in äußerst schlechtem Zustand. Schädeltrauma, Beckenbruch, doppelt gebrochene Schienbeine, verstauchtes Handgelenk, zwei gebrochene Rippen, Milzruptur, Schnitte und Prellungen. Sie muss den Abhang hinuntergerollt und gegen Felsbrocken und Wurzeln und Gott weiß was geprallt sein. Aber die Sache ist die: Sie sieht Ihnen unglaublich ähnlich. Hat dieselbe Statur, und wir wissen ja, dass Sie ebenfalls joggen, manchmal auch oben im Park … Wir haben so gehofft, dass Sie es nicht sind …«
    »Sie hätten mich doch anrufen können.«
    »Dazu war zu viel los. Die Polizei war auch hier. Außerdem hat es bei dem Schnee zwei Autounfälle mit gleich mehreren Fahrzeugen gegeben, wir hatten wirklich keine Zeit. Falls Sie heute nicht Ihre Runde gemacht hätten, hätten wir uns drüben in der Poliklinik nach Ihnen erkundigt.«
    »Wo ist die unbekannte Patientin jetzt?«
    »Auf der Intensivstation, aber wir werden sie nach Missoula oder Spokane schicken müssen, kommt ganz drauf an. Im Augenblick möchte sie niemand verlegen.«
    »Ich werde nach ihr sehen, wenn ich meine Visite beendet habe.«
    Rosie lächelte sie zaghaft an. »Ich bin einfach nur froh, dass bei Ihnen alles okay ist.«
    Als Kacey ihre Runde drehte, fragte sie sich, ob bei ihr tatsächlich »alles okay« war. Zum zweiten Mal binnen einer Woche hatte sie gehört, dass jemand, der ihr ähnlich sah, entweder tot war oder um sein Leben kämpfte. Seltsam. Doch womöglich hatte Rosie nur eine allzu ausgeprägte Phantasie.
    Eine Stunde später hatte sie alle ihre Patienten behandelt und machte sich auf den Weg in die Intensivstation.
    Anita Bellows war die diensthabende Intensivschwester. Mit ihren vierzig Jahren war die kaum eins fünfzig große Frau so rank und schlank und genauso lebhaft wie eine Zwanzigjährige – ein Eindruck, den ihr kurzes braunes Haar, die großen Augen mit den dick getuschten Wimpern und ihr offenes Lächeln nur bestätigten. Auf dem College hatte sie zu den

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