Zwischen den Welten: Eine neue Welt (German Edition)
wir uns seines Charakters noch nicht ganz sicher waren, aber er wollte unbedingt ausgebildet werden, also schwor er zu schweigen. Ein Versprechen, das er hielt. Etliche Jahre lang ging dies gut, auch wenn er sich zunehmend die Rolle, die er nur vorgab zu spielen, in Wirklichkeit wünschte. Es muss schwer sein für einen jungen Mann, keine Freundin oder Geliebte haben zu dürfen, da dies die Tarnung verriete, und dann noch mitzubekommen, wie glücklich eine hübsche junge Frau, deren Freund er spielte, mit einem anderen Mann war. Aber er hatte sich auf dieses Spiel eingelassen. Er wusste, dass, solange Virilia Litor liebte, sie dieses Gefühl nach außen ausstrahlen würde. So offenkundig, dass Rogiines mit jeder Faser seines Körpers spürte, wie verliebt sie war. Zum Glück spielten beide ihre Rollen gut genug, wodurch er keinen Verdacht schöpfte. Eine heimliche Beziehung kam für Vegion nicht in Frage, denn käme dies raus, wäre entweder der Plan in Gefahr oder schlimmer noch, sein eigenes Leben, denn Rogiin versprach ihm, dass er es büßen würde, täte er Virilia jemals weh. Angefangen zu wanken hatte Vegion vor hundertvierzig Jahren, bei der Geburt Andors, dem älteren Bruder Balors, der später durch die Hand Garas, dem Berserkerführer, den Tod im Trainingskampf fand. Vegion hasste Andor. Der verkörperte schließlich all das, was er sich mit Virilia in seinen Träumen vorgestellt hatte, bloß war dies das Kind Litors. Und erst da fiel es uns auf, dass er sich in Virilia verliebt hatte oder es zumindest glaubte. Wahrscheinlich hatte er seine allgemeinen Gefühle auf sie fixiert. Ihn aus seiner Jugend zu reißen war ein Fehler, der uns nie hätte unterlaufen dürfen. Ebenso, dass uns seine Unkonzentriertheit bei den Übungen, denn er wurde, all seinen Ambitionen zum Trotze, nie ein wirklich guter Avatar, obwohl man ihm eine gewisse Begabung nicht absprechen konnte, nicht auffiel.
Zu diesem Zeitpunkt begann Rogiin an Vegion zu zweifeln, da dieser seinen Sohn nie auf den Arm nahm, ihn nie beachtete oder mit väterlichen Gefühlen bedachte. Ein Abbruch dieser Aktion stand außer Frage, da dies den sicheren Tod von Vegion bedeutet hätte. Zudem wollte er dies auch nicht. So war er Virilia wenigstens nahe. Dennoch wurde die Situation komplizierter. Wir konnten dem kleinen Andor nicht vormachen, Vegion sei sein Vater und wir konnten die Wahrheit nicht offenbaren. Also täuschten wir, als Andor nicht mehr gestillt werden musste, seinen Tod vor. Angeblich sei er bei einem Ausflug mit seinen Eltern im Teich ertrunken. Dabei brachten wir ihn nur zu Litor und dessen Familie. Auch hier haben wir etwas Schreckliches getan. Denn egal was Rogiin für ein Herrscherwar, es brach ihm das Herz. Wie durch einen Fluch alterte er binnen weniger Wochen wie in den letzten Jahrzehnten nicht mehr. Die Trauer über den Tod seines Enkels und das mangelnde Interesse Vegions nahmen ihm jeden Funken Lebensfreude. Noch am Sterbebett konnte er es Vegion und Virilia nicht verzeihen, Andor mit zu diesem angeblichen Ausflug genommen zu haben. Kurz darauf verstarb er, was einen Haufen neuer Probleme mit sich brachte. Virilia war nun offiziell Königin und sie gestand der Öffentlichkeit und ihrer Mutter, die ebenfalls ob diesem Schock bereits im Sterben lag, dass Litor der Vater Andors war. In ihrem Geschick und ihrer Gutmütigkeit nahm sie die ganze Schuld auf sich, sie tat so, als wäre alles ihr Plan gewesen. Larinka starb erleichtert, schließlich bestand die Hoffnung auf eine Wiedervereinigung, etwas, dass sich Kalin garantiert auch gewünscht hätte. Die Öffentlichkeit verzieh ihr, da sie Rogiin und seine Einstellung den Gaomerianern gegenüber kannte. Schließlich sehnten sich alle, nach so langer Trennung, nach Einheit mit den Auswanderern, somit waren sie sogar froh, dass Virilia und Litor sich liebten.
Nur einer konnte die allgemeine Freude nicht teilen. Vegion. Jetzt offenbarte sich die Schwäche in seinem Charakter, die uns zweifeln ließ, ob wir ihn ausbilden sollten oder nicht. Nicht sein Gram gegenüber der Situation war es, denn den konnten wir alle verstehen, sondern das was er tat. Er forderte Litor zu einem Ehrenduell heraus. So etwas verstieß gegen alle Grundsätze des Kodex der Krieger. Er tat es trotzdem. Und Litor, der als König keine Schwäche zeigen wollte, nahm die Herausforderung gegen den Willen seines zukünftigen Reiches, den geeinten Reichen Gaomerias und Samerias, gegen den Willen Virilias, auch gegen den
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