Zwischen den Welten: Eine neue Welt (German Edition)
das Rückgrat Fehler einzugestehen, selbst wenn eindeutig welche gemacht wurden.” Seltsam, dass Cody dies endlich mal laut gesagt hat. Gedacht hat er das schon immer, aber den Großteil der Leute in seiner Welt interessiert sowas nicht. Sie leben wesentlich lieber in einer Welt, in der sie sich nichts vorzuwerfen haben, zumindest nichts von diesem Ausmaße.
”Wobei das etwas ist, was viele Menschen miteinander verbindet. Wer gesteht schon gerne Fehler ein, die er gemacht hat? Es könnte ja als ein Zeichen von Schwäche ausgelegt werden, wobei dies die einzige wahre Schwäche ist. Es erfordert wesentlich mehr Mut aufrichtig zu sein, seine eigene Unvollkommenheit preiszugeben, als sich als makellos darzustellen. Nur verstehen das Menschen nicht, die so etwas tun oder sie wehren sich gegen ihr Verständnis. Da liegt das einzige Problem.” Dago sieht das genau wie Cody, was ihm doch sehr lieb ist, da er wie immer an sich selbst zweifelt und nicht mit Unterstützung gerechnet hat. Es ist eine Art Genugtuung, dass er nicht alleine da steht, es beweist ihm, dass er doch nicht ganz so dumm ist, wie er immer gedacht hat. ”Auch ich bin da nicht besser. Ich habe mich in Venderia niedergelassen, um meine Vergangenheit weit von mir zu stoßen, sie zu verdrängen. Mit der Zeit und vor allem durch meine Frau, hab ich allerdings gelernt, damit umzugehen.”
”Aber was hast du für Fehler begangen Dago? Du hast ehrenhaft für unsere Freiheit gekämpft, du hast den Tod deiner Familie gerächt.”
”In der damaligen Situation schien es das einzig Richtige zu sein. Jetzt allerdings denke ich da anders drüber. Nicht der Kampf war der Fehler, aber das Motiv. Mir ging es um die Befriedigung meiner Rachegelüste, ich hasste Talon für das, was er unserem Dorf, meinen Eltern, meinem Bruder, angetan hat. Aber Hass ist nicht der Grund, der einen Krieg rechtfertigt. Der einzig akzeptable Grund ist die Liebe.”
”Liebe? Wie kann Liebe einen Krieg rechtfertigen? Ist Dago plötzlich verrückt geworden?”, fragt Cody sich im Inneren.
”Nicht die Liebe zum Kampf, sondern die Liebe zur Freiheit, die Liebe zum Leben. Wenn die eigene Freiheit, das eigene Leben auf dem Spiel stehen, dann darf man nicht zusehen, dann muss man auch mal kämpfen. Es ist die einzige Chance. Wehrt man sich nicht, so geht man unter,genauso wie man im Kampfe untergehen kann. Aber mit dem Bewusstsein zu sterben, dass man alles versucht hat, lässt einen in Ruhe und mit einem guten Gewissen sterben. Das Zuschauen hingegen hinterlässt beim Tod Zweifel. Zweifel, ob man nicht etwas hätte verändern können. Zweifel, ob man sein Leben nicht gar verschwendet hat. Nichts ist schlimmer als mit solchen Gedanken zu sterben, nichts schlimmer, als darüber nachzudenken, was man bereut in seinem Leben, was man lieber anders gemacht hätte. Und genau sowas geschieht auch, wenn man seine eigenen Fehler verleugnet. Denn irgendwann holen sie einen ein. Die wahre Kunst des Kampfes ist nicht der Sieg über den Feind, sondern der Triumph über die eigenen Dämonen. Das ist die erste Regel, die ein Krieger lernt, doch die wenigsten begreifen dies. Und Rachegelüste sind, genau wie falsche Zurückhaltung, wenn es um das Wichtigste geht, sehr machtvolle und tückische Dämonen.”
Schweigen. Cody denkt über sein Leben nach. Hat er alles richtig gemacht? Hat er seine eigenen Dämonen besiegt? Würde er, wenn er jetzt sterben müsste, zufrieden abtreten können oder würden ihn Vorwürfe an sich selbst plagen? Aber was tut er denn gerade? Er ergreift seine Chance, seine einzige, er kämpft, wenn auch auf seine eigene Art. Schon vor seinem Tod in seiner Welt hat er damit begonnen. Könnte er trotzdem beruhigt sterben? Nein, dies könnte Cody nicht. Nicht so gut wie alles in letzter Zeit gelaufen war. Seine Liebe zu Jennifer ist nicht aussichtslos, sogar gegen Coles Angriffe und Demütigungen hat er sich aufgelehnt. In diesem Moment beschließt er, nein er schwört sich, dass er wieder zurückkommt, dass sich alles zum Guten wenden wird, koste es, was es wolle.
Die Stille hält an. Cody sitzt dort auf dem Feld und betrachtet das Feuer. Zum ersten Mal in seinem Leben ist er sich einer Sache wirklich sicher. Die lodernden Flammen geben ihm irgendwie Mut. Auch wenn es langsam kaumnoch Holz gibt, um sie zu schüren, sie brennen weiter, bis sie jemand austritt, löscht. Dieses Feuer symbolisiert seinen Kampf. Am liebsten wäre ihm, es brenne auf ewig weiter an dieser Stelle. Da bemerkt
Weitere Kostenlose Bücher