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Zwischen den Zeilen

Zwischen den Zeilen

Titel: Zwischen den Zeilen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benedikt Altmann , Berthold F. Bauer
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Appartements, sondern Büros der Schulverwaltung untergebracht gewesen, und man hatte diese kleinen Leuchttafeln dann praktischerweise in der Wand belassen. So kam dann auch garantiert keiner der Jungs zum Putzen rein, wenn einer der Lehrerkollegen, die jetzt heute hier wohnten, gerade in seinem privaten Arbeitsbereich beim Korrigieren oder beim Vorbereiten seines Unterrichts war, oder einfach mal ganz schlicht einige Stunden völlig vom Internatsleben abschalten wollte.
    »Setz Dich doch bitte Nicolas.«
    »Danke Herr Bauer. Mann, war das peinlich heute.«
    »Es braucht Dir nicht peinlich sein, Nicolas, wenn Du erst wüsstest, was ich sonst noch erlebt hab, als Du schon längst wieder weg warst …«
    »Mhhhhhhhhh«, murmelte Nicki und saß - seine schmerzende Hand reibend - auf der Couch.
    Dann zog er eine offensichtlich selbst gedrehte Zigarette heraus, die er in seiner rechten Socke versteckt gehabt hatte. »Darf ich hier bei Dir einen rauchen?«
    Ich blickte intensiv zu Nicki hinüber. Sollte das jetzt ein Test für mich sein, oder was? fragte ich mich.
    Aber er hatte mir heute Nachmittag sehr leid getan, und diesen kleinen Trost hätte er sich jetzt daher auch wirklich verdient gehabt, nachdem was wir ihm vorher angetan hatten. Aber es ging natürlich nicht. Gerade weil Nicki mich so sehr an meinen jüngeren Bruder erinnerte.
    »Weißt Du, was ich glaube«, sagte ich dann zu Nicki. »Du kiffst im Grunde doch nur, weil es hier verboten ist, oder? Wäre es damit so ähnlich wie mit Alkohol, der hier in der Oberstufe in Maßen erlaubt ist, hättest Du es vielleicht einmal ausprobiert und dann überhaupt kein weiteres Interesse mehr daran? Du trinkst doch so gut wie keinen Alkohol, oder?«
    Nicki schüttelte seine immer noch überlangen Haare. »Schon möglich.«
    »Magst Du vielleicht doch lieber einen Whiskey? Zwanzig Jahre alt. Fast so alt wie ich selber.«
    Nicki guckte mich nun verwirrt an. Er erinnerte mich von Sekunde zu Sekunde immer mehr an meinen jüngeren Bruder.
    Ich holte ein weiteres Wasserglas aus dem Inventar meiner winzigen Küche und goss Nicki darin zwei Finger breit Whiskey ein.
    »Na, nun nimm schon und trink. Wir können jetzt schließlich nicht ewig hier sitzen blieben.«
    Nicki nahm das Glas in seine linke Hand. Schweigend nippte er mehrmals daran. Und in seinem sehnigen schlanken Körper mit seiner eng anliegenden, genau richtig trainierten Muskulatur brannte es wie Feuer. Das konnte man ganz deutlich sehen. Ich setzte mich neben ihn und fuhr ihm vorsichtig durch die viel zu langen Haare. Den Fuck You Schriftzug auf seiner linken Backe hatte er sich inzwischen gründlich abgewaschen, es war nun fast nicht mehr davon zu sehen. Es war gespenstisch. Als könnte mein Bruder durch das Fenster der Zeit schreiten und nun urplötzlich hier an dieser Schule wieder in Nickis Gestalt auftauchen.
    »Du musst wirklich echt ganz dringend wieder mal zum Friseur, Nicolas.«
    »Ja, ich weiß.«
    Aber offenbar verhielt es sich mit Nickis Haarlänge ganz ähnlich wie mit seiner Kifferei. Je unerwünschter überlange Haare hier an dieser Schule waren, umso länger und schneller schienen sie bei Nicki zu wachsen.
    »Schenkst Du mir jetzt das Zeug hier?« fragte ich und griff nach seinem selbstgefüllten Zigarettenpapier. »Ich rauch es vielleicht dann später beim Spazierengehen draußen hinter dem alten Gerätehaus.«
    Nicki guckte mich mit großen Augen an. »Kannst Du denn damit überhaupt umgehen? Ich hab ihn ja nicht einmal besonders stark gemacht. Eigentlich ist es ja nur angereicherter Tabak. Wegen dem Aroma. Das auch jeder ganz klar riecht, was ich da rauche. Du bekommst vielleicht nur plötzlich einen unbändigen Hunger davon.«
    »Echt? «
    »Ja. Vielleicht spürst Du aber auch rein gar nichts. Jeder reagiert anders darauf.«
    Ich schmunzelte. »Das brauchst Du mir nicht zu erzählen, Nicki. Ich habe jahrelang mit einem Abhängigen zusammengelebt. Mein jüngerer Bruder war das, was man umgangssprachlich in bürgerlichen Kreisen einen Junkie nennen würde.«
    Nicki schluckte. Nun war ihm wohl klar, dass ich das Zeug von ihm nicht geschenkt haben wollte, sondern es ihm hiermit abnahm.
    »Wie hieß denn Dein Bruder«, fragte er mich dann.
    »Namen sind nur was für Grabsteine, Nicki. Er ist am Ende an einem ganz üblen Substanzencocktail ausgerechnet während einem Kula Shaker Konzert abgekackt, er wurde gerade mal siebzehn.«
    Vorsichtig und plötzlich wieder ganz ernst nahm Nicki nun einen weiteren

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