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Zwischen den Zeilen

Zwischen den Zeilen

Titel: Zwischen den Zeilen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rona Cole
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Thalia gelandet. Ich kann mich nicht mal mehr dran erinnern, wann ich zum letzten Mal in einer Buchhandlung gewesen bin.
    »Oh… Lass uns eben zu Thalia , ich brauch was für meine Mutter«, hat er gemeint, als wir dran vorbeigekommen sind, und mich einfach am Arm hinter sich hergezogen. Und jetzt stehe ich mittendrin. Kaum einen Meter weg von ihm und doch so weit entfernt. In einer mir fremden Welt voller Bücher.
    »Meine Ma steht mehr so auf die seichte Unterhaltung«, sagt er, als wolle er sich dafür entschuldigen, während er suchend durch den Laden geht und die einzelnen Abteilungen mustert.
    »Hm«, mache ich unkonkret. Keine Ahnung, was ich groß dazu sagen soll.
    »Was hältst du davon?« Er nimmt ein Buch aus dem Regal, vor dem wir stehen geblieben sind, und hält es mir hin. Auf weißem Grund sieht man die schwarze Silhouette einer Frau, die auf einer Wiese steht und einen Vogel fliegen lässt. Rundherum am Rand sind rote Blüten. Ich schätze, es soll Klatschmohn sein.
    Im oberen Bereich ist in Schreibschrift der Titel. Das erste Wort ist Ein . Der Name des Autors, oder besser der Autorin, denn irgendwas sagt mir, dass es wohl eher von einer Frau geschrieben worden ist, ist in Druckschrift geschrieben und beginnt mit einem J . Der zweite Buchstabe ist ein O . Wie in Josh.
    »Schreiben Sie einfach, was Ihnen einfällt«, hat Frau Abel heute Morgen zu mir gesagt. Ich hab meinen Namen geschrieben. Und seinen. Jedenfalls hab ich's versucht.
    »Keine Ahnung.« Ich zucke die Schultern. Sieht nach Liebesgeschichte aus.
    »Ich glaube, sie hat den Vorgänger davon gelesen oder den Nachfolger. Aber ich weiß nicht, ob sie ihn mochte«, grübelt er, blättert ein paar Seiten durch und beginnt, den Text zu überfliegen. Faszinierend, wie schnell er dabei zu sein scheint, denn schon nach ein paar Sekunden klappt er das Buch wieder zu und stellt es zurück ins Regal. Ich hätte in dieser Zeit, wenn überhaupt, allerhöchstens ein paar Buchstaben erkannt.
    »Oder das hier vielleicht?« Erneut hält er mir mit fragender Miene ein Buch hin. Es ist dicker als das erste.
    »Keine Ahnung«, sage ich wieder und bemühe mich, den Titel zu entziffern.
    »Ja, dass du keine Ahnung hast, sagtest du schon«, kommt es prompt. Er klingt amüsiert. Und er hat keine Vorstellung davon, wie recht er damit hat. Weil er nicht mal die leiseste Ahnung davon hat, dass es jemanden wie mich überhaupt gibt. Jemanden, der wirklich keine Ahnung hat und der nicht mal bei Hollister arbeiten könnte. Man kann nirgendwo arbeiten, wenn man nicht lesen kann…
    Ich schlucke, bemühe mich um ein Lächeln und trete dann neben ihn. Lasse meinen Blick über das Regal gleiten und tue, als würde ich die Titel mustern. Keine Ahnung, wie lange man für so was braucht, wenn man normal ist. Ich brauche für ein paar wenige Worte eine halbe Ewigkeit. Also bleibt mir nichts anderes übrig, als einfach so zu tun als ob, wenn ich nicht auffliegen will.
    »Welches würdest du nehmen? Dieses oder das hier?« Wieder hält er mir das Buch mit der Frauensilhouette hin und dazu ein anderes, das er weiter unten aus dem Regal gezogen hat. Das dicke Buch hat er mittlerweile wieder zurückgestellt.
    »Weiß nicht.« Unschlüssig, nehme ich ihm das Buch mit der Frau aus der Hand und drehe es auf den Rücken. Kontrolliert lasse ich meine Augen hin und her gleiten, während ich mich bemühe, möglichst gleichmäßig zu atmen. Versuche, mich zu beherrschen, die Beklemmung zu ignorieren, die mich einschnürt, und gegen den Drang anzukämpfen, einfach wegzulaufen. Cool zu bleiben, jedenfalls nach außen, damit er nichts bemerkt. Ich muss mich zusammenreißen. Aber es gelingt mir nur schwer...
    »Weiß nicht«, wiederhole ich nach einer mir, warum auch immer, angemessen scheinenden Zeit, verziehe das Gesicht, gebe ihm das Buch zurück und zucke dann die Schultern. Ich hab keine Ahnung, was für ein Buch es ist, das ich da beurteile.
    »Vielleicht sollte ich lieber was von der Spiegel- Bestsellerliste nehmen«, beschließt Josh und stellt beide Bücher wieder zurück an ihren Platz. »Irgendeinen Frauenkram wird es da schon geben.« Mit dem Kinn deutet er quer durch den Laden zur auffällig platzierten Regalwand links des Eingangs, bevor er sich in Bewegung setzt. Ich folge ihm ergeben und versuche dem Gefühl zu widerstehen, einfach die paar Schritte weiter zurück in die Passage zu gehen. Und einen Moment lang denke ich darüber nach, welche Ausrede vielleicht funktionieren

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