Zwischen den Zeilen
mehr anhängen müssen.
»Ich schau mal, wie es passt, vielleicht schlaf ich Mittwoch oder Donnerstag bei dir«, hab ich gesagt, meine Hand auf seine gelegt und ihm mit dem Daumen kurz den Handrücken gestreichelt.
Leider ist aus Mittwoch und Donnerstag nichts geworden, weil ich dann doch noch in die Videothek musste. Und ich hab ihn so sehr vermisst, dass einmal die HSV-Bettwäsche dran glauben musste. Aber die ist, realistisch betrachtet, im Moment sowieso zu nichts weiter zu gebrauchen, als sie vollzuwichsen. Dass ich dabei an einen Kerl gedacht habe, der aus Bremen kommt, haben sie sich diese Saison echt verdient.
»Du weißt, dass du sexy bist, Josh…«, holt er mich aus meinen definitiv eher schmutzigen als depressiven Gedanken. Ist vielleicht ganz gut so, ich fürchte, sonst wird's offensichtlich.
»Na dann.« Ich räuspere mich und fahre mir ein letztes Mal durchs Haar. »Und jetzt nimm deine Augen von meinem Arsch.«
»Wieso?«, will er wissen. Seine Hände greifen nach meiner Hüfte, als er mich den letzten Schritt an sich zieht und spielerisch nach meinen Lippen sucht. Kurz erwidere ich seinen Kuss, weil ich echte Sehnsucht nach ihm hab, aber wir sind sowieso schon zu spät…
»Weil ich schon nervös genug bin«, gebe ich brummend zu, winde mich aus seiner Umarmung, wühle in meinem mitgebrachten Waschbeutel nach meinem Eau de Toilette und sprühe es rechts und links an meinen Hals.
»Hm«, macht er genießerisch, tritt wieder hinter mich und vergräbt seine Nase dort, während er seine Hände unter mein Shirt schiebt und sie zielstrebig nach oben zu meinen Nippeln wandern lässt. Ich stoppe sie mit einem entrüsteten Schnauben. Die Sache mit dem Sex werden wir definitiv nachholen…
»Schade.« In seiner Stimme klingt Bedauern.
»Wir holen das nach«, verspreche ich, streife wie zufällig mit der Hand seinen Schritt und schenke ihm mein schönstes Lächeln.
***
»Hat's euch geschmeckt?«, fragt Daniel drei Stunden später. Der HSV ist tatsächlich in der Relegation. Ich konnte es nicht lassen und hab vorhin, als ich zur Toilette bin, auf dem Handy nachgesehen. Allerdings ist meine Stimmung in Anbetracht dieses Umstandes überraschend euphorisch. Es war ein wirklich schöner Abend. Daniel ist, auch nach näherem Kennenlernen, sehr nett. Was er auf den Grill gepackt hat, war wirklich lecker, und seine neue Flamme hat einen Nachtisch gezaubert, der seinesgleichen sucht. Irgendwas mit Himbeeren, Vanillecreme und Baiser. Dafür könnte ich ihm und dem Rest der Bayern die Schmach des heutigen Spiels beinahe kollektiv verzeihen.
»War echt super!« Ich nicke und sehe rüber zu Ben, der sich, entspannt und vermutlich beinahe genau so satt wie ich, auf seinem Stuhl zurückgelehnt hat und die Hände im Nacken verschränkt. Für einen Moment mustere ich ihn im Licht der großen Kerzen in der Mitte des stilvoll gedeckten Tisches. Es ist eine ganze Reihe unterschiedlich hoher Kerzen. Dazu schwarze Servietten, viereckige Teller und rauchgraues Kristallglas. Meine Mutter wäre begeistert… und ich bin es auch… von ihm…
Ich sehe ihn an in diesem weißen Hemd, das über seiner Brust spannt, sehe seine Arme, seine Hände, das kantige Kinn, sein Profil... Er ist so schön. So perfekt. Ich könnte ihn stundenlang ansehen… und ich kann es kaum noch erwarten, endlich alleine mit ihm zu sein.
»Was?«, fragt er lautlos, als er meinen Blick offenbar bemerkt, löst eine Hand von seinem Hinterkopf und fährt mir liebevoll damit durchs Haar.
»Alles gut«, sage ich halblaut und schenke ihm ein Lächeln.
»Gut.« Er streicht über meine Wange und meinen Hals zu meinem Oberarm, fährt daran entlang und nimmt, als er sie erreicht, schließlich meine Hand.
»Noch jemand Wein?« Daniel steht auf und greift nach der Flasche, die vor mir auf dem Tisch steht.
»Einen kleinen Schluck vielleicht.« Martin greift nach seinem Glas, hält es ihm hin und schenkt ihm ein Lächeln.
Ich finde, wie sie sich ansehen und miteinander umgehen, macht ziemlich deutlich, dass er sich wünscht, dass beide mehr als Freunde sind. Und ich würde mal behaupten, auch Daniel ist ein bisschen in ihn verliebt. Es ist anders als bei uns. Nicht so offensiv, da sind nicht diese vielen kleinen Berührungen bei jeder sich bietenden Gelegenheit. Keine Küsse in der offenen Balkontür, wenn wir uns begegnen, weil ich zur Toilette muss, um heimlich die Ergebnisse zu checken, und er noch mal Brot bringt.
Es ist eher leise. Aber dennoch
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