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Zwischen den Zeilen

Zwischen den Zeilen

Titel: Zwischen den Zeilen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rona Cole
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den Gedanken, dass er immer noch bei ihm ist. Vielleicht weil es sich nicht so endgültig angefühlt hat, wie es das jetzt, da ich das Päckchen zwischen den Fingern spüre, tut.
    Ich will diesen Schal nicht mehr. Er kann ihn behalten. Es ist der HSV-Mädchen-Schal. Außerdem sieht es momentan sowieso nicht danach aus, als würde ich ihn nächste Saison noch benötigen. Samstag ist das erste Spiel der Relegation. Und so, wie sie das letzte Ligaspiel verloren haben, sehe ich da keine Hoffnung. Und selbst wenn sie, wider Erwarten, doch nicht absteigen, kauf ich mir einen neuen… in einem anderen Muster… Denn bei diesem hier würde ich nur immer wieder an Ben denken…
    »Alles okay?«, fragt Milla nach und sieht mich irgendwie seltsam an.
    »Ja, alles okay«, versichere ich schnell, aber mein Lächeln ist gequält. Unwillkürlich streiche ich mit dem Daumen über das schwarze Papier.
    »Ist es… von ihm?«, will sie wissen. Schön, wie durchschaubar ich bin.
    »Schätze schon.« Ich nicke.
    »Willst du's nicht aufmachen?«
    »Später… Ich weiß sowieso, was drin ist.«
    »Vielleicht ist ja eine Karte dabei.«
    »Wohl kaum«, kann ich mir nicht verkneifen.
    »Wieso nicht? Ein glühender Liebesbrief, dass es ihm leidtut und er dich zurück will.« Sie lacht.
    »Könnte schwierig werden«, entgegne ich zynisch und gehe nicht weiter auf das Warum ein. Und erneut ertappe ich mich dabei da-rüber nachzudenken, ob es nicht doch vielleicht sein könnte…
    Ich wollte eigentlich aufhören damit. Hatte ich jedenfalls in Dänemark beschlossen. Und ich wollte ihm definitiv nicht mehr hinterherheulen… aber Scheiße… verdammt noch mal, er ist eine Zehn… trotz allem… und selbst wenn diese Sache stimmt, ist sie irgendwie noch nicht vorgedrungen in mein Herz… Denn da fühlt es sich immer noch so an…
    Ich hab immer und immer wieder drüber nachgedacht, bin aber zu keinem richtigen Schluss gekommen und ich weiß auch nicht, was Daniel davon hätte, mich diesbezüglich anzulügen. An diesem Abend, als wir bei ihm zum Essen waren, bevor ich mit Ben den Sex meines Lebens hatte, hatte ich wirklich das Gefühl, er mag mich. Und wenn ich seine Andeutungen entsprechend interpretiere, dann…
    Shit. Diese Schrift, kein Absender. Nein… verdammt… das hat nichts zu bedeuten. Oder doch? Gott... dieser Gedanke ist, ganz gleich, wie oft ich ihn denke, so wahnsinnig abstrakt, dass er nicht in meinen Kopf will. Weil diese Option in meinem Gehirn einfach nicht existiert. Ben, mein Freund… ein Analphabet… oder so was in der Art und ich hab's drei Monate lang nicht bemerkt...
     
    ***
     
    »Und? Ausgepackt?«, fragt Milla eine gute Stunde später, als ich in die Küche komme.
    Ich hatte mich noch mal hingelegt, aber ich konnte nicht schlafen. Hab auf dem Bett gelegen, mit dem Schal neben mir auf dem Kopfkissen, depressive Musik gehört und an ihn und diese Sache gedacht. Daran, dass ich aufhören sollte, mir Gedanken darüber zu machen. Nur leider ist das einfacher gesagt, als getan. Vielleicht ziehe ich heute Abend mit Moritz ein bisschen um die Häuser. Er hat's angeboten, um mich aufzuheitern. Womöglich sollte ich ihn anrufen. Wir haben das, abseits vom Fußball, ewig nicht getan.
    Ich nicke, gehe rüber zur Kaffeemaschine, stelle sie an und nehme mir eine Tasse aus dem Oberschrank. Es ist der Radlerhosenboy, den ich längst entsorgen wollte. Ich hab's nicht gemacht, weil er mich ein bisschen an unsere erste Nacht und den Morgen danach erinnert.
    »Sag mal, Milla?«, frage ich meine Mitbewohnerin ins Geräusch der Maschine, während der Kerl auf der Tasse vor mir die Hüllen fallen lässt. »Kannst du dir vorstellen, mit jemandem zusammen zu sein, der dir von Anfang an was verheimlicht? Also nichts Schlimmes eigentlich, nur was Ungewöhnliches?«
    »Hm?« Fragend sieht sie von ihrer Zeitschrift auf. Anscheinend weiß sie nicht, worauf ich hinauswill.
    »Na ja, so was wie eine Behinderung«, versuche ich präziser zu werden. Obwohl das ja irgendwie ein blöder Vergleich ist, allerdings fällt mir auf die Schnelle kein besserer ein. »Also nichts Offensichtliches, aber… ein Handicap eben…«
    »Und was sollte das sein?«, hakt sie nach. »Ein Müll-Fetisch?« Ihre Witze waren auch schon mal besser.
    »Ein Müll-Fetisch?«
    »Na ja, wenn es um Ben geht, wäre das naheliegend.« Sie grinst.
    »Es geht nicht um Ben«, behaupte ich, ihre seltsame Andeutung ignorierend. »Und ich meinte eher so was wie eine Rot-Grün-Schwäche,

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