Zwischen den Zeilen
Bier«, sage ich.
»Keinen Cocktail?« Irgendwie klingt er enttäuscht.
»Na gut, dann einen Mojito«, ändere ich meine Bestellung. Ist der erste Cocktail, der mir spontan einfällt. Ich mag ihn nicht mal sonderlich.
»Einen Mojito?«, wiederholt die Kellnerin. Offensichtlich ist sie mit der klassischen Bezeichnung leicht überfordert. Shit! Auswendig weiß ich die Zusammensetzung jetzt auch nicht. Und natürlich hab ich keine Ahnung, welchen bescheuerten Schauspielernamen sie ihm in der Karte gegeben haben.
»Oder vielleicht nehme ich doch lieber einen Rock Hudson «, sage ich also. Denn Richard Burton scheidet aus. Ich mag auch keine Sahne. Und das Gleiche wie Josh bestellen, will ich irgendwie auch nicht.
Fischbrötchenküsse
Josh
Oh Scheiße! Das kann doch wohl jetzt nicht wahr sein. Ich meine, eigentlich ist die Grundsituation alles andere als schlecht, schließlich sitze ich hier mit Ben. Oder vielmehr himmle ich ihn an, weil er mir immer besser gefällt, und zwar definitiv nicht nur, weil das vor mir schon mein zweiter Charlton Heston ist. Bisher ist es ganz gut gelaufen. Auch wenn wir ein paar Startschwierigkeiten hatten und er nicht unbedingt auf alte Filme und meine Monologe über Totalversagen an der Nannen steht.
Aber immerhin hab ich ihm die Sache mit der Videothek gestanden und es war kein Grund für ihn, aufs Klo zu gehen und nicht mehr wiederzukommen. Allerdings fürchte ich, dass es jetzt gleich unlustig wird, denn dummerweise hat sich grade Arno durch die Tür geschoben. Der Arno. Zusammen mit einem Typen zwar, aber ich fürchte, der ist nur ein Kumpel, denn mit so was würde nicht mal er ausgehen. Und wenn doch, dann nehme ich das ziemlich persönlich.
Ich sollte wohl besser den Kopf einziehen oder mir ein Loch im Boden suchen. Denn seit Arno weiß ich, wie schlecht ein Date wirklich sein kann. Besagtes Date war, im Gegensatz zu diesem hier, nämlich so grauenvoll, dass ich für einen Moment drüber nachgedacht hab, zu behaupten, ich müsse kurz mal den Parkschein verlängern, und dabei auf Nimmerwiedersehen zu verschwinden. Aber das hab ich mich, da er jetzt ja mit Nati verwandt ist, dann doch nicht getraut, denn es ist abzusehen, dass wir uns irgendwann vermutlich auf irgendeiner Familienfeier wiedersehen. Und dann will ich so einen Abgang lieber nicht erklären.
Also hab ich das Essen mit Arno durchgehalten, ohne zu türmen. Stattdessen hab ich ihn, um bei ihm keine falschen Hoffnungen aufkommen zu lassen, von einem nicht existenten Ex vollgeheult, an dem ich noch total hänge. Ich finde so was ja immer extrem abschreckend.
Das Problem ist nur, ich hab dabei mehr oder weniger Ben beschrieben. Mir ist auf die Schnelle niemand anderes eingefallen. Ich hab nur Ex-Freunde, an denen ich nicht hänge und ich wollte, damit es Arno leichter fällt, seine Chancen einzuschätzen und es selbst zu raffen, einen, der gut aussieht.
Ich hab das dann ziemlich ausgeschmückt. Hab ihm erzählt, dass ich meinen Ex immer noch total liebe, obwohl er mich mies behandelt hat, und ich mich im Moment echt noch nicht auf was Neues einlassen kann. Anscheinend hat das Ganze auf Arno allerdings nicht wirklich abschreckend gewirkt, obwohl ich, wie ich finde, ziemlich überzeugend war.
Ich hab dann ein möglichst glaubwürdiges Ich bin kein Typ für die erste Nacht gemurmelt, das Weite gesucht und mich natürlich auch nicht mehr bei ihm gemeldet. All seine Versuche, mich zu erreichen, hab ich ignoriert. Dabei weiß ich, dass er sogar Nati gefragt hat, ob mit meinem Handy was nicht stimmt.
Zum Glück hat sie meine Androhung, sie umzubringen, ernst genommen und ihm nicht auch noch die Festnetznummer unserer WG gegeben. Und ehrlich gesagt, hatte ich bis eben die Hoffnung, ihn und diese ganze, unglückselige Sache erfolgreich verdrängen zu können. Ich wüsste da nämlich jemanden, mit dem ich definitiv ein Typ für die erste, die zweite und auch die dritte Nacht wäre. Sitzt mir grade gegenüber. Und fragt sich vermutlich berechtigter Weise, wieso ich grade dabei bin, hinter der Cocktailkarte zu verschwinden.
»Alles in Ordnung?«, erkundigt Ben sich prompt.
»Nicht wirklich«, gebe ich zu. Vielleicht sollte ich zur Toilette gehen. Der Laden ist ziemlich voll, möglicherweise finden Arno und sein Begleiter keinen Sitzplatz und bleiben nicht lange.
»Was ist los?«, will Ben wissen und irgendwie klingt es fürsorglich.
»Oh, da drüben ist das Date, das ich mir letztens schöntrinken musste«,
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