Zwischen den Zeilen
mein Bestellproblem finde.
»Wieso?«, frage ich abwesend, denn auch wenn es vermutlich echt peinlich ist, bin ich mir nicht sicher, wer jetzt schon wieder Rock Hudson ist. Ich glaube, das ist der Typ, der an Aids gestorben ist. Tolles Thema fürs erste Date, aber ich bin nicht sicher, ob ich nicht irgendwas verwechsle. Ich sehe eigentlich nicht so viele alte Filme. Klar, Ben Hur kenne ich, dem kann man sich Weihnachten nur schwer entziehen, aber die meisten Typen, deren Fotos und Plakate hier an den Wänden hängen, kenne ich nicht. Er dagegen scheint ziemlich auf diesen Kram zu stehen.
»Na ja, er war schwul.« Josh grinst. Offensichtlich scheint es ihn nicht weiter zu stören, dass ich Hudson und den Rest nicht kenne.
»Ach so, das meinst du«, sage ich und nicke.
»Klar, was sonst?«
»Ach nichts.« Wie gesagt, kein tolles Thema.
»Ich nehme trotzdem Charlton Heston mit dem Waschbrettbauch und dem knackigen Hintern«, sagt er, klappt die Karte dann zu und legt sie vor sich auf den Tisch.
»Du stehst auf alte Filme, oder?«, frage ich nach.
»Geht so, ich mag auch neue«, antwortet er.
»Jedenfalls kennst du dich ziemlich gut aus«, stelle ich fest.
»Ist eher ein Überbleibsel meiner Bewerbung an der Nannen «, erklärt er.
Ich nicke. Und hoffe, er erklärt mir von alleine, was die Nannen ist .
»Ich hab ziemlich viel gelesen, um mich darauf vorzubereiten. Es gibt da einen Test, bei dem sie einem Fotos von irgendwelchen Typen vorlegen, die man dann kennen muss. Schauspieler hab ich alle erkannt, aber bei Politikern war ich echt schlecht… und eine der Frauen war Prinzessin Mary von Dänemark. Ich hab Sandra Bullock hingeschrieben, dabei sehen die sich nicht mal wirklich ähnlich.« Er lacht.
»Oh…«, sage ich erneut, weil mir nichts Besseres einfällt. Offenbar ist es eine echte Bildungslücke, nicht zu wissen, was die Nannen ist. Vielleicht sollte ich ihn also besser nicht in Kenntnis setzen, dass ich noch nie im Leben davon gehört habe.
»Na ja, ich bin durchgefallen«, gibt er grade zu. »Und letztlich an der Uni gelandet.«
»Ich dachte, du bist Journalist?«
»Im Moment quasi schon. Ich bin für ein Praktikum bei der Stylish gelandet. Auf Wiedersehen seriöser Journalismus! Das ist dann wohl die Rache von Prinzessin Mary. Aber ich tröste mich damit, dass es nur eine Station ist. Die Nannen -Schule hat schon viele abgelehnt, aus denen am Ende trotzdem was geworden ist. Und immerhin haben sie mich wenigstens eingeladen, obwohl ich nur Abitur und noch keinen Hochschulabschluss hatte.« Er seufzt. Anscheinend ist die ominöse Nannen eine Schule für Journalisten.
»Du arbeitest also nicht gerne bei der Stylish ?«, erkundige ich mich.
»Nein«, gibt er zu. »Eigentlich interessiere ich mich nicht sonderlich für Frauenklamotten, Diäten und Promi-Klatsch.« Er lächelt verlegen, so, als hätte ich ihn bei etwas ertappt. »Ich würde gerne zur Zeitung. Sportjournalist wäre toll. Oder, wenn es sein muss, auch Wirtschaft. Für den Anfang wäre vielleicht auch eine überregionale Tageszeitung ganz nett, aber das kann man sich nicht aussuchen, der Markt ist ziemlich überlaufen… und ich hab nur ein Germanistikstudium mit voraussichtlich mittelmäßigem Abschluss. Damit hat man leider nicht unbedingt die besten Chancen.«
»Verstehe«, sage ich nickend, blättere noch einmal in meiner Karte und lege sie dann vor mir auf den Tisch.
»Zur Not arbeite ich einfach ein bisschen mehr in meinem Nebenjob in der Videothek, bis ich was Passendes finde«, klärt er mich auf.
»Ach, deswegen kennst du dich so gut mit Filmen aus?«
»Oh, na ja, die meisten Filme, die ich verleihe, schaue ich mir nicht an.«
»Nein?« Irgendwie kann ich ihm nicht folgen.
»Also... das ist... nur ein Nebenjob zum Miete bezahlen. Es ist 'ne Porno-Videothek«, gibt er kleinlaut zu.
»Oh...«
»Das stand nicht in der Stellenanzeige«, setzt er schnell nach. »Und mein Chef ist total nett. Eigentlich müsste ich heute Abend arbeiten, aber er hat mir frei gegeben, weil...«
»Ihr habt was gefunden?«, wird Josh von der Bedienung unterbrochen. Sie wirkt gestresst, ich sollte also irgendwas bestellen.
»Ich nehme einen Charlton Heston «, verkündet Josh und lächelt verschwörerisch.
»Wie war das mit dem Schöntrinken?«
»Nicht notwendig«, sagt er ganz leise und grinst ziemlich eindeutig.
»Und du?« Das gilt dann wohl mir. Die Bedienung hatte ich grade vergessen.
»Hm… ich glaube, ich nehme erst mal ein
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