Zwischen den Zeilen
gut, niemand hat Verdacht geschöpft. Und ich küsse Josh… den aufregendsten Mann, den ich seit Langem getroffen hab.
Ich weiß, ich hatte mir vorgenommen, es anders zu machen, und vielleicht sollte ich es ihm sagen. Es wäre fair, er hat mir so viele Dinge von sich erzählt und weiß so wenig über mich. Aber ich kann es nicht. Noch nicht. Weil ich nicht wissen will, wie er mich dann ansieht. Mit dieser Mischung aus Mitleid, das ich nicht will, und dem Entsetzen, das ich verstehe. Peinlich berührt und versucht, sich nichts anmerken zu lassen, während er kein Problem murmelt, mir ein aufmunterndes Lächeln schenkt und mich dann nie wieder anruft.
Ich will nicht, dass er das tut. Denn das zu ertragen, ist so viel schwerer, als einfach weiter so zu tun, als sei alles in Ordnung mit mir. Auch wenn es immer wieder Situationen wie diese hier geben wird. Und ich, je näher ich ihn an mich heranlasse, immer mehr Gefahr laufe, dass er irgendwann trotzdem bemerkt, was eigentlich mit mir los ist…
Ready to go
Josh
»Alles in Ordnung mit dir?« Irgendwie ist er ein wenig schweigsam. Wobei er das ja eigentlich immer ist. Vielleicht sollte ich in Betracht ziehen, dass es mir nur auffällt, weil ich ausnahmsweise mal nicht die ganze Zeit rede. Aber ich finde, er ist anders als sonst. So, als würde ihn etwas bedrücken. Ich hoffe, ich hab nichts falsch gemacht.
Während des Films hab ich mich ein wenig vorgetastet. Nicht wirklich viel, ein bisschen Fummeln beim Knutschen, Hand auf den Oberschenkel, seinen Nacken streicheln, wie zufällig mit dem Finger über den Reißverschluss, was man eben so macht, wenn man mit einem heißen Typen in einem mittelmäßigen Musicalfilm sitzt. Und ich glaube, ich bin ein bisschen high vom Gedanken, dass ich mit einer Zehn rumgeknutscht hab.
»Bist du mit dem Auto da?«, fragt er mich, als wir ein bisschen unentschlossen wieder auf dem Vorplatz stehen.
»Nein, mit der U-Bahn«, antworte ich. Denn natürlich hatte ich mehr oder weniger darauf spekuliert, dass er mich wieder nach Hause bringt.
»Wo musst du denn lang?«, fragt er.
»Stephansplatz«, antworte ich und weise mit dem Kopf in die entsprechende Richtung. »Und du?«
»Ich stehe im Parkhaus am Kongresszentrum, keine Chance im Mittelweg sonntags.«
»Deswegen bin ich mit der U-Bahn gefahren«, sage ich.
»Na ja, ich muss da lang. Aber wenn du willst, bring ich dich nach Hause.«
»Super«, sage ich, schenke ihm mein schönstes Lächeln, hake mich beim ihm unter und gehe dann neben ihm her in Richtung Parkhaus.
Und eigentlich hätt ich gern, dass er dieses Mal mit nach oben kommt. Und über Nacht bleibt. Oder wir, falls es einseitig ist und nur ich mich verliebt hab, wenigstens ficken. Ich hätte schon gestern nichts dagegen gehabt. Aber da wollte er nicht und ich kann immer noch nicht so recht einschätzen, was das zwischen uns beiden für ihn ist. Aber er war hart im Kino. Darauf kann man aufbauen.
Für mich ist es einfach. Ich bin verknallt. Aber trotz seiner veritablen Erektion grade nagt ein bisschen der Zweifel an mir, ob es ihm ernst ist. Denn da gibt es immer noch die ungeklärte Frage, was da eigentlich zwischen ihm und seinem Chef ist. Vielleicht sollte ich ihn einfach fragen. Allerdings bin ich dazu zu feige, weil ich Schiss hab, dass er mir dann sagt, was ich nicht hören will. Dass sie zusammen sind. Und dass er ihn entweder niederträchtig betrügt oder es eine offene Beziehung ist, in der er nebenbei ab und an seinen Spaß mit jemandem in seinem Alter haben darf.
Ich bin für beides der Falsche. Ich meine, ich bin keine Klosterschwester und es ist nicht so, dass ich nie in meinem Leben One-Night-Stands hatte. Aber im Grunde ist Sex to go nicht das, wonach ich suche. Ich bin lieber ein bisschen verliebt dabei. Und verliebt bin ich grade definitiv. Und zudem auch ziemlich scharf auf ihn.
Ich will endlich wissen, wie er sich anfühlt, an mir, in mir, seine Haut, überall. Da ist ein ganzer Schwarm von Schmetterlingen, der durch meinen Bauch fliegt. Er ist so verdammt sexy und außerdem mag ich ihn. Ganz ohne dreckige Hintergedanken. Wobei, mögen vermutlich die Untertreibung des Tages ist.
Ich mochte schon immer die stillen Jungs. Diejenigen, die nicht immer alles zerreden. Das kann ich selbst und wenn ich das bei anderen mögen würde, stünde ich auf Mädchen. Aber nach meinem jugendlichen Exkurs in Lena Rönnebecks Mundhöhle hatte sich das für mich schnell erledigt und ich stand eben auf
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