Zwischen den Zeilen
zuverlässig wieder dieses Gefühl breit, das mich daran erinnert, dass ich total in ihn verknallt bin. Ein verführerischer Cocktail aus Endorphinen, Testosteron, Lust auf Sex und was weiß ich nicht allem. Irgendwas, das für dieses schwerelose Gefühl in meinem Magen sorgt und meinen Schwanz hart macht. Ich sollte nicht an seinen Blowjob von gestern denken. Sonst steht hier nur einer auf. Und das bin nicht ich.
Vorsichtig streiche ich mit dem Zeigefinger über seinen Nasenrücken. Ich berühre ihn kaum, schließlich will ich ihn nicht wecken. Aber ich muss ihn einfach anfassen. Ich liebe seine Haut. Seine Lippen, sein Haar. Es war schön gestern Nacht. Verdammt schön. Ich hoffe, wir können das noch mal wiederholen.
Ein warmes Gefühl macht sich in meiner Brust breit. Und ein bisschen lache ich über mich selbst, weil ich hier schwärmerisch sitze, ihn ansehe und solche Gedanken hab dabei.
Ich glaube, ich könnte ewig hier sitzen bleiben. Seinem ruhigen Atem zuhören und ihm einfach dabei zusehen, wie er schläft. Aber ich sollte aufstehen.
Leise schleiche ich rüber zum Schrank, öffne ihn und greife in meine Wäscheschublade. Kurz überlege ich, aber dann fördere ich den blauen Slip zutage. Ich hab heute Nacht mit einer verdammten Zehn gevögelt. Definitiv ein Tag für Slips mit Superman-Logo.
***
»Morgen, Joschi!« Milla sitzt gut gelaunt in ihrem kurzen Satin-Morgenmantel am Küchentisch. Wenn ich eine Hete wäre, fände ich das wohl sexy. So finde ich es ein bisschen billig. Aber ich bringe es schon seit geraumer Zeit nicht über mich, ihr das auch zu sagen.
Eigentlich ist sie echt süß, aber manchmal greift sie, was Klamotten angeht, ziemlich daneben. Vor allem bei ihren Schuhen. Sie trägt welche aus Kunstleder. Das finde ich, nicht erst seitdem ich bei der Stylish bin, vollkommen unterirdisch.
»Morgen«, murmle ich und zur Feier des Tages spare ich mir den Standardspruch, dass sie mich nicht Joschi nennen soll. Schließlich bin ich mit Janosch schon genug gestraft. Allerdings sind Kleiner Bär und Tigerente nichts gegen den pummeligen Dino von Nintendo . Ein Glück ist Schnuddelbuddel eine ziemlich unbekannte Figur. Von meinen Ex-Freunden kannte den niemand. Vielleicht sollte ich mal ernsthaft drüber nachdenken, ob ich auf Typen mit kaputter Kindheit abfahre. Wobei… dafür können Namen durchaus auch verantwortlich sein. Mein zweiter Vorname ist übrigens Friedrich. Nach meinem Großvater. Hätte also auch schiefgehen können. Meine Mutter hat echt einen Knall manchmal. In der Regel stelle ich mich mittlerweile einfach als Josh vor und hoffe, dass jeder denkt, es sei die Abkürzung von Joshua.
»Brauchst du noch lange?«, frage ich Milla wenig charmant, schlurfe rüber zur Kaffeemaschine und öffne den Oberschrank, um nach Tassen zu suchen. Aber die Auswahl ist eher begrenzt.
»Nö«, antwortet sie mit einem Kopfschütteln. »Bin gleich fertig und verschwinde.« Sie schließt die Zeitung, die eigentlich ich abonniert habe, legt sie auf den Tisch, steht auf und greift nach ihrer Tasse.
»Wobei… neugierig wär ich ja schon.« Im Vorbeigehen klapst sie mir mit der freien Hand auf den Hintern.
»Neugierig?«, frage ich möglichst unschuldig. Aber ich fürchte, ich sehe ein bisschen zu übernächtigt aus, als dass sie mir abkaufen würde, dass ich heute Nacht alleine geschlafen hab. Und vermutlich ist da ein Rest eines völlig debilen Endorphin-Grinsens in meinem Gesicht.
»Dein Abercrombie -Pulli lag heute Morgen im Flur, Joschi, und ich glaube nicht, dass du ihn dir alleine vom Leib gerissen und ihn einfach dort liegen lassen hast, wenn man bedenkt, wie du dich aufgeführt hast, als er mir neulich in die Vierziggradwäsche gerutscht ist.«
»Könnte daran liegen, dass du färbst und nicht wäschst«, kontere ich.
»Na klar!« Sie verdreht die Augen.
»Muss mir runtergefallen sein, als ich gestern die Wäsche hochgeholt hab«, unternehme ich einen neuen Versuch. »… hatte ihn schon gesucht.«
»Die Blume hab ich übrigens in die Vase gestellt.« Mit einem Nicken weist sie auf die Arbeitsplatte. Die Blume aus dem Beetle steht dort einsam in einer kleinen, leeren Wasserflasche.
»Danke«, murmle ich. Die muss mir im Eifer des Gefechts wohl runtergefallen sein.
»Ging ja ziemlich die Post ab bei euch, wenn du verstehst, was ich meine«, bemerkt sie und grinst dabei vergnügt. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass sie selbst nicht mal die leiseste Ahnung hat, was sie meint.
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