Zwischen den Zeilen
Der Vorteil an WGs ist, dass man eine geile Wohnung hat und die Miete überschaubar ist. Der Nachteil ist, dass jeder über dein Sexualleben Bescheid weiß und man selbst gewisse Dinge über das von Leuten erfährt, von denen man sich eigentlich lieber nicht vorstellen will, dass sie überhaupt eins haben.
»Oh, ich…«, stammle ich verlegen und spüre, wie ich rot werde. Immerhin hat sie das Zimmer nach vorne raus. Und eigentlich waren wir auch nicht sonderlich laut. Ich hoffe, sie macht nur Spaß und hat uns nicht wirklich gehört.
»Ist es der Kerl, in den du verknallt bist?«, bohrt sie nach.
Ich hab ihr in einem schwachen Moment davon erzählt.
»Wo ist eigentlich das Tablett?«, erkundige ich mich, ohne ihre Frage zu beantworten. Schließlich liegt Ben immer noch in meinem Bett und ich hab keinen Bock, dass er grade dann in die Küche tapst, wenn ich mich mit Milla darüber auslasse, dass ich in ihn verknallt bin.
»Ist es was Ernstes?«, hakt sie nach.
»Das Tablett, Milla«, murmle ich ein bisschen genervt. Dabei wüsste ich auf diese Frage eigentlich selbst ganz gerne eine Antwort. Ich meine, klar, er hat heute Nacht Ich auch gesagt, als ich ihm gestanden hab, dass ich wohl in ihn verknallt bin. Aber das war ungefähr eine Sekunde, bevor er gekommen ist, praktisch zählt das also nicht. Kurz bevor man kommt, ist man definitiv nicht zurechnungsfähig. Jedenfalls nicht so richtig. Und es ist auch ein verdammt schlechter Zeitpunkt, denjenigen, mit dem man grade schläft, davon in Kenntnis zu setzen, dass man eigentlich mit jemand anderem zusammen ist. Diese Sache mit seinem Chef bekomme ich einfach nicht aus dem Kopf.
»Keine Ahnung«, beantwortet Milla meine Frage nach dem Tablett und zuckt die Schultern, bevor sie mit einem Ich hätte auch mal gerne wieder einen Kerl, der mir Blumen schenkt tatsächlich wieder in ihrem Zimmer verschwindet. Ich sollte mich wohl um ein einigermaßen akzeptables Frühstück kümmern.
Das Tablett ist natürlich nicht aufgetaucht und die Tassen im Oberschrank haben sich über Nacht auch nicht vermehrt. Kann man Kaffee eigentlich auch in normalen Gläsern servieren? Und irgendwie ist nicht nur die Auswahl an Tassen ziemlich überschaubar. Wir haben nur Sandwich-Scheiben vom Discounter. Und die sind abgelaufen. Aber wenn man die trocken lagert, halten die ewig, bevor sie irgendwann nach einem halben Jahr anfangen zu schimmeln. Keine Ahnung, was die da für Konservierungsstoffe zusetzen.
Ich ziehe die halbvolle Tüte aus der Schublade und begutachte den Inhalt. Nirgendwo Schimmel. Wenn man sie toastet, sollte das gehen. Glück gehabt. Kaffee wäre wohl auch gut. Und eigentlich hätt ich Bock auf eine Zigarette. Aber ich weiß nicht, ob er das am Morgen sonderlich sexy findet. Außerdem wollte ich sowieso aufhören.
Himmel, was für eine Nacht! Milla hat keine Vorstellung, wie sehr die Post wirklich abging. Ich meine, es war jetzt nicht besonders hart oder so, aber es war echt gut, weil es nicht nur davor überall gekribbelt hat, sondern auch noch danach. Weil es ein schönes Gefühl ist, ihn in mir zu haben... und weil er geblieben ist, mich an sich gezogen und mich danach ein anständiges Mädchen genannt hat, bevor wir eingeschlafen sind. Nackt. Sein Schwanz irgendwo an meinem Hintern und seine Arme vor meiner Brust.
»Morgen!« Ich fahre herum. Ich hab ihn gar nicht kommen hören.
»Hey! Hi.« Ich lächle und fürchte, ich werde ein wenig rot.
»Hey!«, erwidert er und fährt sich verschlafen durchs Haar. An der Seite seines Oberkörpers treten kurz wieder diese kleinen Photoshop-Muskeln hervor, als er den Arm hebt. Ich seufze innerlich. Der Superman-Slip hat durchaus seine Berechtigung, denn sein Bauch ist immer noch… wow. Und der ganze, verdammte Rest ist es auch. Ich mag's, wenn seine Haare strubbelig sind und ihm ein bisschen ins Gesicht fallen. Ich mag's, wenn man sehen kann, dass er sich nicht rasiert hat. Ich mag dieses schiefe Grinsen grade, seine starken, wunderschönen Arme, seine definierte Brust, die dunklen Nippel und… Scheiße, ich mag seinen Schwanz, der definitiv einer der hübschesten ist, die ich in letzter Zeit aus der Nähe gesehen hab… Und dieser Arsch, der verboten sexy ist, in diesen grauen Pants, die er scheinbar irgendwo zwischen den Laken wiedergefunden hat. Und jetzt steht er einfach da im Türrahmen und lächelt… beinahe ein wenig schüchtern.
»Kaffee?«, frage ich einladend und spare mir jeden weiteren Kommentar.
»Oh ja,
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