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Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters

Titel: Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif GW Persson
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Antwort versprechen.«
    »Diese Stellen, die ich übersetzen sollte. Ich habe ja immerhin begriffen, dass es sich um das Material oder um einen Entwurf oder um Texte für eine Art Buch handelt.«
    »Ja«, sagte Berg. »Das stimmt.«
    »Und da wüsste ich gern«, sagte sie, »ob es sich um eine Dokumentation handelt. Um eine Beschreibung von Tatsachen.«
    »Ja«, sagte Berg. »Das war jedenfalls die Absicht des Autors.« Und noch dazu eine ganz besonders ärgerliche, dachte er.
    »Und das restliche Material sieht genauso aus?«
    »Ja«, sagte Berg. »Das möchte ich schon behaupten.« Im Wesentlichen jedenfalls dachte er.
    »Dann glaube ich, dass der Autor arge Glaubwürdigkeitsprobleme bekommen wird«, sagte Bergs neue Mitarbeiterin. »Außerdem schreibt er meiner Meinung nach nicht gerade gut.«
    Gonzo-Journalismus, dachte Berg, als sie die Tür hinter sich zuzog. Und zum ersten Mal an diesem trübseligen Tag war er richtig guter Stimmung.
    Als Berg endlich Feierabend machen und nach Hause fahren konnte, war es schon fast zehn Uhr. Jetzt, wo das Resultat vorlag, hatte er auch den Eindruck, dass er seine Zeit für bessere und um einiges wichtigere Aufgaben hätte nutzen können, aber andererseits musste er doch zufrieden sein. Er hatte seine Beobachtungen und Überlegungen in einer besonderen, zwei Seiten langen Aktennotiz zusammengefasst, die sich hervorragend als Unterlage für den mündlichen Bericht eignete, den er am Freitag dem Sonderbeauftragten des Ministerpräsidenten liefern musste, und so, wie der Inhalt von Krassners nachgelassenen Betrachtungen nun einmal aussah, freute er sich sogar darauf. Ganz abgesehen von der Sachlichkeit dieser Unterlagen, die ja als Dokumentation angelegt gewesen waren.
    »The Spy that went East«, dachte Berg.
    Wer Krassners Spion war, hatte er sich schon denken können, noch ehe er mit dem Lesen begonnen hatte, denn dieses Thema konnte er seit seinen Jahren im großen Haus in der Polhemsgatan nicht mehr hören, und als die derzeitige Regierung noch in der Opposition gewesen war, hatten sogar in der verdeckten Abteilung starke Kräfte eine Voruntersuchung dieser Zusammenhänge verlangt. Das immerhin hatte Berg glücklicherweise mit der freundlichen Unterstützung des damaligen Landespolizeichefs verhindern können.
    Aber den Titel von Krassners geplantem Buch begriff er trotz allem noch nicht so ganz. Der Spion, der nach Osten ging, dachte Berg. Woher denn?, dachte er. Von Norden, von Süden, von Westen?
    Vermutlich von Westen, obwohl Krassner in seinen Papieren dazu keinerlei Anhaltspunkt gab und obwohl sein Onkel mehrere Jahre für den Nachrichtendienst der USA tätig gewesen war. Hoffentlich ist der Selige im Einklang mit den Regeln der Sache, der er gedient hat, von uns gegangen, dachte Berg und beschloss, dass er sich unnötig Sorgen gemacht hatte. Der Kerl war doch nicht ganz gescheit. Berg ließ sich auf dem Sitz zurücksinken und schloss die Augen.
    »Verzeihung, Chef«, sagte sein Fahrer und räusperte sich vorsichtig. »Aber wir sind zu Hause.«

 
Mittwoch, 27. November
    Nachdem er endlich eine Nacht durchgeschlafen hatte, be- schloss Berg schon beim Frühstück, dass er sich unnötig Sorgen gemacht hatte, außerdem hatte er Wichtigeres zu tun, und die genaueren Untersuchungen über Krassners Selbstmord konnte er einem diskreten und zuverlässigen Mitarbeiter überlassen. Persson, dachte Berg, und in diesem Moment schaute die Sonne durch das Küchenfenster.
    »Guten Morgen, guten Morgen«, sagte Berg in allerbester Laune zu seiner Sekretärin, sowie er sein Büro betreten hatte, »hol mir doch bitte mal Persson.«
    Berg kannte Persson seit dreißig Jahren. Auf der Polizeischule hatten sie dieselbe Klasse besucht, zwei Jahre darauf hatten sie während eines nicht sonderlich ereignisreichen Sommers in einem Stockholmer Streifenwagen den Vordersitz geteilt, während ihre älteren Kollegen mit ihren Familien und anderen Kollegen und deren Familien Ferien auf dem Land machten. Danach hatte Berg seinen Aufstieg an die Spitze der Polizeipyramide angetreten, während Persson lieber auf Nummer Sicher gegangen und unten geblieben war. Zwanzig Jahre später, und in Perssons Fall mit ebenso vielen Kilos um die Taille, waren sie sich in der Stadt zufällig über den Weg gelaufen. Persson arbeitete als Ermittler in der Einbruchsabteilung, und es gab zwar bessere Jobs, aber das Leben war nun einmal so … Eine Woche darauf hatte er bei Berg angefangen, und diese Entscheidung hatte

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