Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters

Titel: Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif GW Persson
Vom Netzwerk:
seither keiner von ihnen je zu bereuen brauchen.
    »Ich höre«, sagte Persson und nahm im Besuchersessel vor Bergs großem Schreibtisch Platz, ohne vorher um Erlaubnis zu bitten, schließlich waren sie zusammen Streife gelaufen, und dieser feine Blödsinn ging ihn nichts an.
    »Es geht um einige kleine diskrete Untersuchungen im Zusammenhang mit einem mutmaßlichen Selbstmord, der am Freitagabend passiert ist«, erklärte Berg.
    »Hmmm«, sagte Persson und nickte.
    Fünf Minuten später hatte Berg seinen ehemaligen Klassenkameraden über alle Details informiert und war im Prinzip bereit, sich wesentlicheren Dingen zu widmen als diesem Trottel Krassner.
    »Hast du sonst noch Fragen?«, erkundigte Berg sich freundlich.
    »Nein«, sagte Persson. Schüttelte den Kopf, erhob sich und ging- Ein richtiger altmodischer Wachtmeister, dachte Berg liebevoll, als er Perssons fetten Hintern durch die Tür verschwinden sah. Noch ebenso sorgfältig, verschwiegen, schonungslos und liebenswürdig, wie es sein Vater zu seiner Zeit gewesen war.
    Zwei Stunden später war wieder alles wie immer und seine gute Laune wie weggeblasen. Kudo und Bülling hatten um eine sofortige Besprechung gebeten, da ihre »Analysen eines gewissen Televerkehrs darauf hinweisen, dass ein Attentat auf einen hochrangigen, aber namentlich nicht weiter erwähnten schwedischen Politiker unmittelbar bevorsteht«.
    »Eins macht mir ja Gedanken«, sagte Berg so kumpelhaft, wie ihm das in dieser Situation überhaupt nur möglich war. »Hier steht«, Berg raschelte mit den Unterlagen, die er eben erhalten hatte, »ich zitiere, namentlich nicht weiter erwähnt, Zitatende.«
    »Genau«, sagte Kudo energisch.
    »Eben«, stimmte Bülling mit auf die Teppichfransen gerichtetem Blick ein.
    »Namentlich nicht weiter erwähnt, was bedeutet das? Wissen wir seinen Vornamen?« Oder kann es sich auch um eine Frau handeln, und kennen wir dann ihre oder seine Initialen?, dachte Berg leicht verwirrt, und ein rasch stärker werdender Kopfschmerz machte sich in seinen Schläfen breit.
    »Antwort nein«, sagte Kudo rasch.
    »Uns fehlt also der Vorname des betreffenden Politikers«, murmelte Bülling.
    »Aber den Nachnamen wissen wir?«, fragte Berg. Fälldin, dachte er hoffnungsvoll. Das würde eventuelle Überwachungsaufträge auf jeden Fall erleichtern.
    »Antwort nein«, gab Kudo zurück. »Nachname negativ.«
    »Wir haben also weder Vor- noch Nachnamen dieses namentlich … nicht weiter erwähnten … Politikers?«
    »Genau«, sagte Kudo und nickte nachdrücklich.
    »Er bekleidet jedenfalls einen hohen Rang«, erklärte Bülling mit gepresster Stimme.
    Dann wollen wir doch hoffen, dass es sich nicht um den obersten Weihnachtsmann handelt, dachte Berg, aber das sagte er nicht.
    »Ich glaube, wir machen folgendes«, meinte er stattdessen.
    Fünf Minuten später kehrte er in sein Büro zurück und teilte seiner Sekretärin mit, dass er für den Rest des Tages zu Hause arbeiten wolle und nur im Fall von Krieg oder Putsch gestört werden dürfe. Wenngleich er das nicht so ausdrückte.
    »Ich lass den Wagen holen«, sagte seine Sekretärin.
    Der Arme, dachte sie. Er wirkt total erschöpft. Warum er wohl nie Urlaub nimmt?

 
Donnerstag, 28. November
    Am Donnerstag, dem 28. November, trug Kommissar Persson in der Kanzlei von Bürochef Berg die Ergebnisse der diskreten Untersuchungen vor, die im Zusammenhang mit den Ermittlungen um den Selbstmord des US-Staatsbürgers John P. Krassner am Vortag eingeleitet worden waren: »Wahrscheinlich« Selbstmord, wie es in den betreffenden Akten hieß. Und da sein alter Freund und Kollege, der ihm diesen Auftrag erteilt hatte, gerade die Abteilung der Sicherheitspolizei in Luleä besuchte, musste der Bericht bis zum nächsten Morgen warten.
    Auch egal, dachte Persson und beschloss früh, Feierabend zu machen.

 
Freitag, 29. November
    Zuerst hatte er Persson empfangen. Er hatte eine Stunde für ihn eingeplant, doch da Persson eben Persson war, waren sie schon nach zwanzig Minuten fertig. Krassner hatte sich das Leben genommen, eine andere Erklärung war einfach nicht möglich. Auch die Ermittler der Stockholmer Polizei waren zu diesem Ergebnis gekommen. In Wirklichkeit waren die Untersuchungen bereits abgeschlossen, offiziell konnte es natürlich noch einige Tage dauern.
    »Ich dachte an seine Aktionen, unmittelbar bevor … ja, bevor er aus dem Fenster gesprungen ist«, wandte Berg ein. Irgendetwas an der Sache ließ ihn einfach nicht los. »Er

Weitere Kostenlose Bücher