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Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters

Titel: Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif GW Persson
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scheint sich ja ganz plötzlich entschieden zu haben.«
    Das ist doch überhaupt nicht weiter erstaunlich, dachte Persson, sondern eher das klassische Verhalten eines Selbstmörders. Rennt zu einem bereits abgesprochenen Termin, trifft an der verabredeten Stelle ein, überlegt sich alles anders und macht auf dem Absatz kehrt. Treibt sich ein wenig in der Stadt herum, geht nach Hause und kommt zur Sache.
    Ja, dachte Berg. Besonders rational scheint er ja nicht gewesen zu sein.
    Persson hatte nur noch ein störendes Detail zu berichten. Wenn man der Sache schon auf den Grund ging, dann hatten Göransson und Martinsson wirklich ausgiebig Mist gebaut, und es war wohl kaum ihr Verdienst, dass Waltins Mann fürs Grobe schon fertig gewesen und verschwunden war, ehe Krassner seine Wohnung wieder aufgesucht hatte.
    »Verdammte Blindfische«, fasste Persson seine Ansicht zusammen, und wenn er zu entscheiden hätte, dann würden die beiden sofort wieder in den Bereitschaftsdienst versetzt werden, und zwar begleitet von einem Riesendonnerwetter.
    »Ja«, sagte Berg, »aber damit wollte ich warten, bis die Lage sich wieder beruhigt hat.«
    Er wird langsam weich, dachte Persson, hielt aber den Mund.
    Danach hatte Persson eigentlich gehen wollen, aber vorher tat er noch etwas Unerwartetes.
    »Da ist noch was«, sagte er und sah Berg an.
    »Ich höre«, sagte Berg und hörte im selben Moment, wie in seinem Kopf sämtliche Alarmglocken losgingen.
    »Waltin«, sagte Persson.
    »Was ist mit ihm?«, fragte Berg.
    »Sieh zu, dass du diesen Arsch loswirst«, sagte Persson.
    »Denkst du an etwas Besonderes?« Die Glocken wurden jetzt noch lauter.
    »Nein, nichts Besonderes«, sagte Persson und zuckte mit seinen breiten Schultern. »Ich hab einfach kein Vertrauen zu ihm.«
    »Weißt du irgendwas?«, beharrte Berg.
    »Nee, aber bei diesem Scheißkerl stimmt nicht eine einzige Ziffer«, sagte Persson und war verschwunden.
    Was mach ich jetzt?, dachte Berg, und die Glocken in seinem Kopf schrillten lauter denn je.
    Danach war er nach Rosenbad gefahren und hatte sich mit dem Sonderbeauftragten des Ministerpräsidenten getroffen, der müde und erschöpft aussah und bedenklich rote Augen hatte. Dem scheint’s ja gar nicht gut zu gehen, dachte Berg, und etwas musste mit ihrer Beziehung zueinander passiert sein, denn die Vorstellung, dass es seinem alten Quälgeist nicht gut ging, deprimierte ihn auf eine schwer verständliche Weise. Berg war vorsichtig vorgegangen und hatte zuerst die näheren Umstände von Krassners Selbstmord zur Sprache gebracht. Die technische Untersuchung am Unfallort, seinen Abschiedsbrief, die Aussagen des Gerichtsmediziners, die Vernehmungen der Zeugen und die Beobachtungen seiner eigenen Leute, die er auf Krassner angesetzt hatte. Das alles wies eindeutig in ein und dieselbe Richtung: Selbstmord.
    Der Sonderbeauftragte hatte sich mit einem Nicken und einem Grinsen unter gesenkten schweren Augenlidern begnügt.
    »Wir müssen versuchen, mit unserer Trauer zu leben«, sagte er leise lachend.
    Jetzt kenne ich dich wieder, dachte Berg.
    »Ja, ja«, sagte der Sonderbeauftragte dann. Er schien laut zu denken. »Ein gemeinsamer Bekannter behauptet, ihr hättet ihn umgebracht.«
    Ich muss irgendwas mit Forselius machen, dachte Berg. Der fängt offenbar an zu vertrotteln.
    Und danach waren sie endlich zur Sache gekommen.
    »Erzähl«, sagte der Sonderbeauftragte des Ministerpräsidenten. »Was war denn los?«
    Das Ergebnis der Hausdurchsuchung, die Bergs Mitarbeiter durchgeführt hatten – Berg betonte, dass diese Hausdurchsuchung vor dem Hintergrund der geheimen Gesetzgebung durchaus legitimiert gewesen war war, dass Krassner ein Buch geschrieben hatte, dass er bei dieser Arbeit noch nicht besonders weit gekommen war und dass das wenige, was man von diesem Buch gefunden hatte, unzusammenhängend, um nicht zu sagen, unbegreiflich war. Und durch seinen Selbstmord konnte der Fall wohl als abgeschlossen gelten.
    »Wovon handelt es denn?« Der Sonderbeauftragte des Ministerpräsidenten wirkte plötzlich ein wenig frischer und sah Berg neugierig an.
    »Es handelt von deinem Chef«, sagte Berg. »Oder, genauer gesagt«, fügte er vertraulich hinzu, »ich glaube, es sollte von deinem Chef handeln.«
    »Das musst du mir näher erklären«, sagte der Sonderbeauftragte.
    Das Berg zur Verfügung stehende Material bestand vor allem aus Entwürfen für Hintergrundschilderungen. Es ging um die erschütternde Geschichte der

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