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Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters

Titel: Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif GW Persson
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Wache in der Östermalmer Tulegatan durchschritten. Er nickte dem uniformierten Kollegen hinter dem Schalter zu, und der nickte zurück.
    »Wie sieht’s aus?«, fragte Jarnebring. »Irgendwas passiert?«
    Der Kollege schüttelte den Kopf und schaute auf seine Liste.
    »Zwei Autoeinbrüche, Schlägereien und Sachbeschädigung in einer Kneipe in der Birger Jarlsgatan, ein Direktor im Karlavägen, der seine Frau geprügelt hat, aber darum kümmern sich die Kollegen von der Gewalt, jaaa.« Er blätterte in seinen Unterlagen. »Und dann haben wir noch einen Selbstmord. So ein bescheuerter Amerikaner, der aus dem Studentenwohnheim oben beim Valhallavägen gehüpft ist.«
    »Amerikaner, aus den USA?«
    Der uniformierte Kollege nickte.
    »Staatsbürger der USA. Geboren dreiundfünfzig, glaube ich. Die Unterlagen liegen in deinem Fach. Ich hab sie heute Morgen reingekriegt.«
    Olle Hultman, dachte Jarnebring, und seine Miene hellte sich auf. Bald ist eben doch Weihnachten.
     
    *
     
    Als Jarnebring versuchte, Johansson zu Hause anzurufen, saß der schon seit über einer Stunde im Büro. Es ging auf Weihnachten zu, bald würde er eine neue Stelle antreten, und Altes und Neues mussten bis dahin geordnet sein. Ich lebe in einer Zeit der Veränderungen, dachte er, während er im Papierstapel auf sei- nem Schreibtisch blätterte. Als Erstes hatte er die letzten Vorbereitungen für seine Reise getroffen. Auf diese Reise freute er sich. Flug von Stockholm nach New York, direkte Verbindung nach Washington, von dort sollte er mit dem Auto abgeholt und zur FBI-Akademie in Quantico in Virginia gebracht werden. Fünf Tage Konferenz über die allerneuesten Methoden im Kampf gegen die ständig wachsende Kriminalität – so stand es zumindest im Programm. Danach zurück nach New York, wo er das Wochenende zur freien Verfügung hatte. Johansson rieb sich bereits erwartungsvoll die Hände. Er mochte New York. Er war schon einmal dort gewesen. Es gab zweifellos einige Unterschiede zu Näsäker und Stockholm, und es war ganz hervorragend für einen, der versuchte, sein Bewusstsein zu erweitern.
    Danach hatte er sich an ein Gutachten gemacht. In Zusammenhang mit den Ermittlungen im Fall eines Dreifachmordes in einem von Stockholms südlichen Vororten vor etwas mehr als einem Jahr hatten Ermittler und Spurensicherung aus Stockholm leider zwei der Leichen übersehen. Die dritte lag im Fahrstuhl des Hauses, sie war also gefunden worden, doch da der Fahrstuhl recht klein war, hatte der Täter die beiden anderen in den Fahrstuhlschacht geworfen, und bedauerlicherweise waren sie dort erst mehr als vierundzwanzig Stunden später vom Hausmeister entdeckt worden. Um alles noch schlimmer zu machen, hatte der Ombudsmann des Justizwesens erst kürzlich Wind von der Sache bekommen und war ausnahmsweise einmal so gut informiert, dass anzunehmen war, dass ein Fünftekolonnist wie ein toller Hund umherjagte und in der eigenen Meute wild um sich schlug. Und den hatten sie auch noch nicht gefunden.
    »Bestimmt irgendein Kollege, der sich übergangen fühlt«, hatte Wiijnbladh gemeint, als sie in der Spurensicherung beim Kaffee zusammensaßen, und alle hatten zustimmend genickt. Sogar dieser Idiot Olsson, der den von Wiijnbladh begehrten Posten als stellvertretender Abteilungschef bekommen hatte. Und der eigentlich Wiijnbladh zugestanden hätte, wenn es auf dieser Welt irgendeine Gerechtigkeit gegeben hätte.
    Der Ombudsmann hatte seinerseits eine Erklärung der Landespolizeileitung verlangt: Ließ sich so etwas wirklich mit professionell durchgeführter Ermittlungsarbeit vereinbaren?
    Der Landespolizeichef war ein hoch geachteter Jurist mit langer Erfahrung als Anwalt, der keine Ahnung von Polizeiarbeit hatte, wie übrigens auch seine gesamte nähere Umgebung nicht.
    »Wir sollten vielleicht Johansson bitten«, schlug der Landespolizeichef vor, »der scheint in seiner Zeit bei der Kripo ja zu legendärem Ruf gelangt zu sein.« Und niemand von den Anwesenden hatte irgendwelche Einwände erhoben.
    Der Landespolizeichef hatte an Johansson einen Narren gefressen. Johansson war nicht nur ein »echter Polizist«, er sah auch so aus und redete noch dazu mit norrländischem Akzent. Außerdem drückte er sich immer verständlich aus, ob er nun redete oder schrieb. Ein seltsamer Mann, hatte der Landespolizeichef mehr als einmal gedacht. Er wirkt ja sogar … ja, hm … gebildet!
    Von diesen bürokratischen Überlegungen hatte Johansson keine Ahnung, als er sich

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