Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters
stöhnend durch die Akten fraß, die die Stockholmer Polizei ihm ausgehändigt hatte: Hier kreuzte er nun zwischen der Skylla der Kollegialität und der Charybdis der Professionalität. Man sollte die Sache vielleicht nicht so eng sehen, dachte Johansson. Die drei Opfer waren Türken, der Täter ebenfalls, und es hatte sich, um es auf Polizeischwedisch zusammenzufassen, um eine Abrechnung in Drogenkreisen gehandelt. Türken waren bekanntlich klein, dunkel und schwer zu entdecken, vor allem in einem Fahrstuhlschacht. Das hier war eine hervorragende Gelegenheit, um nach zehn Jahren wieder einmal mit Jarnebring zusammen zu sitzen und die anderen alten Kollegen aus der Ermittlung zu sehen. Johansson seufzte, verschränkte die Hände hinter dem Kopf und ließ sich im Sessel zurücksinken.
Hier gilt es jedes Wort auf die Goldwaage zu legen, dachte er.
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Olle Hultman war natürlich ein alter Fuchs. Das war doch klar. Ein Ermittler von richtig altem Schrot und Korn, der nicht nur jeden Gauner mit Namen und Nummer kannte, ihm waren sogar die Tätowierungen auf ihren zerstochenen Armen vertraut. Als Jarnebring neu zur Ermittlung gekommen war, war Olle Hultman zu seinem Mentor geworden, und allgemein wurde die Ansicht vertreten, dass Hultman mit seiner Abteilung leben und sterben würde.
»Wenn der ins Pensionsalter kommt und gefeuert wird, dann wird er im Park vor dem Polizeigebäude sitzen und die Tauben füttern, und ein halbes Jahr später wird er dann tot sein«, hatte sein Chef Jarnebring unter vier Augen anvertraut. »Also pass auf und lern was davon. Leute wie Olle wachsen nicht auf den Bäumen.«
Aber als es dann so weit war, sollte diese Prophezeiung sich als Irrtum erweisen. Als blanker Irrtum. Olle Hultman hatte sich bei der ersten Gelegenheit, schon mit neunundfünfzig, in den Ruhestand versetzen lassen und gleich darauf einen Posten als Hausmeister der US-Botschaft angetreten. Dort hatte er sich in jeder Hinsicht unersetzlich gemacht und fungierte nun seit einigen Jahren als inoffizieller Chef für die Schikanier- und Delikatessenabteilung der Botschaft. Egal, welches Ungemach dem Botschaftspersonal und US-Bürgern auf schwedischem Boden auch widerfahren mochte, Olle Hultman war immer der richtige Mann. Olle kannte alle, und alle mochten ihn. Alle bei der Polizei, natürlich, aber außerdem besaß er auch strategisch wichtige Kontakte zu Gott und der Welt, von Küstenwache und Zoll über Steuer- und Finanzbehörden bis hinab zu den Politessen der Verkehrspolizei.
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Diesmal war sie um halb vier nach Hause gekommen und hatte ziemlich lange gebraucht, um im Schlafzimmer aufzutauchen und ins Bett zu kriechen. Wiijnbladh stellte sich schlafend, und nach und nach war er dann wohl auch wirklich eingeschlafen. Er erwachte bereits um acht, und trotz des Schlafmangels kam sein Kopf ihm glasklar vor. Seine Frau schlief tief, schnarchte leicht und hatte das Kopfkissen besabbert. Ich sollte dich umbringen, dachte Wiijnbladh, sammelte leise seine Kleider zusammen, schlich ins Wohnzimmer und zog sich an. Er beschloss zur Wache zu fahren, obwohl er seinen Dienst erst in einigen Stunden antreten musste.
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Ungefähr zu der Zeit, als Wiijnbladh erwacht war, hatte Stridh sein Buch beiseite gelegt, sich auf dem Sofa ausgestreckt und war eingeschlafen. Obwohl er so krank aussah wie König Oscar II, fühlte er sich so wohl wie ein Prinz. In seinem Traum besuchte er Blenheim Palace, wanderte durch die hohen, lichten Säle, blieb eine Weile in dem Zimmer stehen, in dem Winston geboren worden war, und suchte danach eine nahe gelegene Kneipe zu einem nahrhaften Mittagessen auf.
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Jarnebring hatte Hultmans Europieper angerufen, und jetzt rief Hultman zurück. Nach einer weiteren Minute hatte Jarnebring sein Begehr vorgebracht: toter US-Bürger, nicht farbig, sondern weiß, geboren dreiundfünfzig und nach bisher unbestätigten Auskünften möglicherweise tätig als Journalist, bei seinen Habseligkeiten war ein Presseausweis gefunden worden. Die Kollegen nahmen Selbstmord an, aber Jarnebring wollte sich doch lieber selbst ein Bild von dem Fall machen, und wenn Hultman ihn begleiten wolle, wäre er sehr zufrieden. Dienste und Gegendienste, dachte Jarnebring.
»Du hast irgendeinen Verdacht«, sagte Hultman in fragendem Tonfall.
»Nein«, wehrte Jarnebring ab, »aber ich habe nichts Besseres zu tun.«
»Ich komme gern mit«, sagt Hultman mit Wärme in der Stimme. »Ich kann dir sagen, manchmal sehnt
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