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Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters

Titel: Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif GW Persson
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die Irre gegangen waren. Ohne auch nur sein Zimmer verlassen zu müssen, während die Kollegen wie immer durch die Gegend gerannt waren.
    Diese Papiere laufen dir nicht weg, sagte Johansson sich noch einmal und nickte in seiner Einsamkeit zustimmend. Außerdem musste er ein Nickerchen machen, nach der Zeitumstellung und dem schweren italienischen Mittagessen, das er sich gegönnt und aus eigener Tasche bezahlt hatte. Und die für sein Überleben notwendigen Einkäufe hatte er schon auf dem Heimweg in die Wollmar Yxkullsgatan getätigt.
    Als er aufwachte, war es erst sieben Uhr abends, aber er fühlte sich munter und klar im Kopf und verschwendete nicht einen Gedanken an Krassner und an dessen Papiere. Außerdem rief Jarnebring an, als er gerade unter der Dusche stand. Wo doch bald Weihnachten war, war er dem bereits eingeschlagenen Repräsentationsweg gefolgt und hatte den anderen zum Essen in sein überaus hervorragendes Stammlokal eingeladen. Jarnebring hatte keine besonderen Einwände vorgebracht, sondern sich damit begnügt, das gleiche Menü wie beim letzten Mal vorzuschlagen, um kein unnötiges Risiko einzugehen, und eine gute Stunde später saßen sie einander gegenüber und hoben Tante Jennys Gläser über einem überaus hervorragenden überbackenen Toast mit Sardellen, Tomaten, Basilikum und Mozzarella.
    »Wunderbar«, sagte Jarnebring und räusperte sich hörbar nach dem Schnaps. »Diese Spaghettifritzen sind wirklich keine normalen Kanaken.«
    Nein, dachte Johansson. Die würden nie auf die Idee kommen, eine gekochte Wurst mit süßem Weißbrot und Krabbensalat zu servieren.
    »Erzähl«, sagte Jarnebring, verschlang noch einen Sardellentoast und nickte viel sagend zu seinem leeren Glas hinüber. »Spare me no details, wie Bogart immer sagte.«
    Also erzählte Johansson von seinem Besuch beim FBI und der Begegnung mit den New Yorker Kollegen, verlor aber kein Wort über Krassners Verflossene Sarah J. Weissman oder über Krassners Nachlass, den er mit nach Hause gebracht hatte.
    »Auf diesen blöden Ami hast du also geschissen?«, fragte Jarnebring.
    »Ja«, sagte Johansson. »Das schon, aber gestern habe ich mich dann gefragt, woher er meine Privatadresse hatte, und da hast du ziemlich richtig gelegen. Er hatte sie von einem unserer schwedischen Talente. Ich habe vorhin mit ihm geredet. Krassner wollte offenbar Kontakt zur schwedischen Polizei aufnehmen. Ich begreife ja nicht, warum, aber er wollte es offenbar.«
    »Das wollen die doch immer«, schnaubte Jarnebring, der Journalisten hasste. »Du hättest Leim aus dem Arsch kochen sollen, der deine Privatadresse rausgerückt hat.«
    »Ich habe Gnade vor Recht ergehen lassen«, sagte Johansson und lächelte ein wenig. »Er lebt also noch. Und was hast du derweil eigentlich so gemacht?«
    Über Jarnebrings Heimatfront lachte die Sonne. Der Kollege mit der Achillessehne stand kurz vor der Genesung und würde nach den Feiertagen halbtags arbeiten. Die andere Hälfte der Zeit konnte sich ein anderer als Jarnebring um alles kümmern, weshalb dieser zur Ermittlung, ergo zur richtigen Arbeit, zurückkehren durfte. Außerdem war seine Mitbewohnerin – denn so musste er sie wohl nennen, weil er jetzt mehr oder weniger bei ihr wohnte und obwohl es ihre Wohnung war – in letzter Zeit ungewöhnlich sanft und umgänglich gewesen.
    Hultman hatte auch eine freudige Überraschung geliefert. Nicht nur, dass er die versprochene Kiste mit den gemischten Alkoholika gebracht hatte. Er hatte auch den hervorragenden Geschmack besessen, die vielen Liköre und den anderen Dreck, auf den das Frauenzimmer so versessen war, durch einen ganzen Karton von Jarnebrings Lieblingsbourbon zu vervollständigen. Aber das erzählte Jarnebring Johansson natürlich nicht. Johansson war zwar sein bester Freund, aber in den dünnen Luftschichten, in denen der Freund sich nunmehr aufhielt, gab es doch allerlei Dinge, die besser unerwähnt blieben. Stattdessen hatte Jarnebring sich für eine andere Lösung entschieden und ihn zu einem kleinen Weihnachtsessen nach Hause gebeten.
    »Was hältst du vom nächsten Donnerstag, dann haben wir beide frei. Ich habe Ålborg und Løjtens gekauft«, erklärte Jarnebring, denn so konnte man das ja auch sehen.
    »Sehr schön«, sagte Johansson, denn das fand er wirklich.
    »Sie hat außerdem eine verdammt tolle Freundin.« Jarnebring sprach jetzt aus irgendeinem Grund leiser und beugte sich über den Tisch vor. »Kollegin, arbeitet zufällig in Norrmalm. Was

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