Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters
konkret gewesen, als er die Aufgaben verteilt hatte. Die Kursteilnehmer sollten die Namen der drei lebenden Schweden aufschreiben, die am meisten gefährdet waren, sie sollten diese Namen danach ordnen, wer das größte Risiko lief, einem persönlichen Attentat zum Opfer zu fallen. Er fragte dabei natürlich nicht nach aller Welt, sondern nach Personen, die hohe Stellungen in Politik, Wirtschaft oder Bürokratie bekleideten. Oder die aus anderen Gründen prominent waren, zum Beispiel die Königin, Astrid Lindgren oder Björn Borg.
Die Teilnehmer hatten insgesamt an die zwanzig Namen notiert, und auf einem deprimierenden ersten Platz war der Ministerpräsident gelandet, der mehr als doppelt so viele Risikopunkte eingeheimst hatte als die übrigen Erwähnten zusammen. Sämtliche Teilnehmer hatten ihn an die erste Stelle gesetzt, und ein geschäftsführender Direktor eines größeren Modekonzerns, der selbst auch alles andere als unbekannt war, hatte den Namen des Ministerpräsidenten sicherheitshalber gleich dreimal genannt. Trotz des Seminarleiters beziehungsweise seiner Arbeitsgebiete.
»Das Ergebnis scheint also absolut eindeutig zu sein«, sagte der später, als er die Abschlussdiskussion eröffnete. »Es wäre interessant, Ihre Begründungen zu hören«, fügte er hinzu, während er die Teilnehmer unter halb gesenkten Augenlidern und mit sardonischem Lächeln betrachtete.
Komischer Typ, dachte Johansson. Wenn er nicht so fett wäre, könnte man ihn für eine Kreuzotter halten, die in der Sonne liegt und sich schlafend stellt.
»Politiker polarisieren die Meinungen ja häufiger ein wenig«, sagte einer der Chefredakteure begütigend, da irgendwer ja schließlich anfangen musste.
»Herrgott«, stöhnte einer der Direktoren, dessen Gesichtsfarbe andeutete, dass er etwas gegen seinen Blutdruck unternehmen sollte. »Wenn Leute wie Sie lesen würden, was Sie selbst schreiben, dann müssten Sie ja wohl einsehen, dass er absolut nicht polarisiert. Lesen Sie doch einfach, was Sie schreiben.«
»Wie meinen Sie das?«, fragte der Chefredakteur mit einem schwachen Lächeln.
»Ich habe den Eindruck, dass Sie allesamt in trauter Einigkeit diesen Mann für einen echten Dreckskerl halten. Ich selbst kann das nicht beurteilen, mir ist er noch nie über den Weg gelaufen«, fügte er hinzu und starrte den Chefredakteur wütend an.
»Mir wohl«, erklärte der Chefredakteur und sah aus irgendeinem Grund reichlich aufgeblasen aus.
»Dann ist er also ein echter Dreckskerl«, stellte der Direktor fest, und das folgende Geraune konnte die schwachen Proteste seines Widersachers problemlos übertönen.
Danach war es wirklich losgegangen: »Arrogant«, »Oberklassenfritze«, »unsympathisch«, »Widerling«, »nachtragend« und »als Mensch gesehen absolut unschwedisch«. Außerdem sei er »zu intelligent«, »zu gebildet«, »zu begabt«, »zu beredt« und insgesamt »zu unzuverlässig«.
»Und wir wollen auch nicht vergessen, dass er offenbar auch noch für die Russen spioniert. Wie immer er zwischen seinen ganzen Steuerbetrügereien dazu auch noch die Zeit findet«, sagte der Direktor mit dem hohen Blutdruck und musterte aus irgendeinem Grund den anderen Chefredakteur mit strenger Miene.
Der Einzige, der noch nichts gesagt hatte, war Johansson. Er hatte keine Miene verzogen, sondern sich damit begnügt, in aller Stille den Seminarleiter zu beobachten, dessen Körpersprache, abgesehen von dem spöttischen Lächeln und den gesenkten Augenlidern, durchaus Ähnlichkeit mit seiner eigenen hatte. Aber jetzt fand er seine Gelegenheit.
»Ich glaube, das ist alles nur Unfug«, sagte Johansson plötzlich, und da er der war, der er nun einmal war, und so aussah, wie er nun einmal aussah, war die ganze Versammlung plötzlich verstummt.
»Wie meinen Sie das?«, fragte der Sonderbeauftragte und hob ein wenig die Augenlider.
Gut, dachte Johansson. Hier wird gleich einer anbeißen, schon kreist der Superkabeljau um den Haken.
»Alsooo«, sagte Johansson verheißungsvoll und mit sehr viel Norrland in der Stimme. »Ganz abgesehen davon, dass alle möglichen logischen und vernunftmäßigen Gründe dagegen sprechen … und damit kennen Sie sich sicher viel besser aus als ich«, fügte er gutmütig und mit einem an die anderen Teilnehmer gerichteten Nicken hinzu.
»Speak up, man«, johlte einer der jüngeren Direktoren, der zu einem Überlebenskurs im Ausland gewesen war.
»Rein polizeilich gesehen«, sagte Johansson zögernd, um Köder und
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