Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters
Ende hatte der Polizeichef von Dalarna auf den Tisch gehauen. Jetzt war außerhalb seines Reviers genug gereist und ermittelt worden, er brauchte jetzt unbedingt weitere Unterstützung von außerhalb, wenn er die Wirtschaftsprüfer nicht auf dem Hals haben wollte.
Nach einer turbulenten Besprechung, bei der der Leiter der Drogenfahndung für diesen Bezirk seinen Chef als »verdammten Kleinkrämer« bezeichnet hatte, hatten die Vorschriften das letzte Wort gehabt, und seit drei Wochen war der Fall nun aufgeteilt zwischen den Polizeibehörden von Dalarna und Johanssons eigener Landeskriminalpolizei. Und niemand war zufrieden.
Was die Polizei in Dalarna anging, so war das ihr größter Drogenfall seit den goldenen Zeiten Mitte der siebziger Jahre, und niemand hatte vor, die Entschädigungen für all den eigenen Einsatz und die eigene Mühe mit »hergelaufenen Hauptstadtkollegen« zu teilen, die »auf einem Krabbenboot durch die Gegend segelten« und »ewig in andrer Leute Gewässern fischten«. Die Zusammenarbeit hätte also besser sein können.
Beim Landeskriminalamt waren es nicht der Reisefaktor und nicht einmal die Budgetfrage, die den Störfaktor darstellten, in der Hinsicht fanden sie dauernd neue Einstiegsmöglichkeiten. Auch an der Kreativität war nichts auszusetzen, und da die »Polizei in den Gassen« immer nur »an der Oberfläche kratzte«, war der gemeinsame Fall gewachsen wie eine Schimmelkultur, bis er dann endlich in »kompetenten Händen bei echten Polizisten« gelandet war.
»Es kann ungeahnte Ausmaße annehmen«, erklärte Johanssons Reisekamerad vom USA-Besuch.
»Aber die Kollegen im Bezirk möchten jetzt schon zuschlagen?«, fragte Johansson.
»Sicher, dann können sie in Ruhe und Frieden Weihnachten feiern, diese faulen Säcke«, sagte der Chef der Drogenfahndung mit einer gewissen Glut.
»Die müssen doch noch ein anderes Argument haben«, sagte Johansson, der nicht von gestern war und schon allerlei gehört hatte.
»Einige von ihren lokalen Gaunern wollen über Weihnachten nach Thailand fahren. Und unsere Landeier haben es sich in den Kopf gesetzt, dass sie dort dann auch bleiben wollen, aber das ist der pure Unsinn und außerdem reichlich uninteressant. Hinter der ganzen Sache stecken unsere üblichen Knaben, Türken und diese Polacken, von denen ich dir erzählt habe, und die sind doch schon seit Jahren bei uns. Diese Dalmas-Trottel sind doch die puren Korinthenkacker«, schnaubte der Chef der Drogenfahndung, der aus Stockholm stammte und es nicht besser wusste.
»Dann soll Dalarna sich die holen, die für uns nicht interessant sind«, sagte Johansson.
Um des Hausfriedens willen, unsere eigenen Gauner laufen uns ja trotzdem nicht weg, dachte er. Außerdem heißen Provinzler aus Dalarna Mas und nicht Dalmas, das wusste er, obwohl er selbst aus Ängermanland stammte, aber das hatte er nicht gesagt.
»Aber das wird unsere eigene Arbeit stören«, wandte sein ehemaliger Reisekamerad ein, und er hörte sich überhaupt nicht mehr so an wie bei ihrer letzten Begegnung.
»Ich höre, was du sagst«, sagte Johansson. Und was habe ich es satt, das zu hören, dachte er.
»Das war die ganze Zeit ihr Fall«, entschied Johansson. »Deshalb sehe ich wirklich keine Möglichkeit, sie jetzt zurückzupfeifen.« Und warum sollten wir das auch tun? dachte er.
»Du bist der Chef«, sagte der Drogenkommissar vergrätzt und stand auf.
»Ja«, sagte Johansson und lächelte grimmig. Ich habe hier zu entscheiden. Und das ist manchmal ganz schön praktisch.
Kinderkram, dachte Johansson, der sich den ganzen Vormittag nicht um die wirklich wichtigen Dinge hatte kümmern können. Wie zum Beispiel, sich in die Stadt zu schleichen und ein wenig Proviant als Geschenk für Jarnebring einzukaufen, dem trotz seiner eifrigen Beteuerungen des Gegenteils ein Beitrag zu Speis und Trank sicher willkommen sein würde. Außerdem brauchte Johansson genauere Auskünfte, was Zeit und Ort betraf.
Aber das war jetzt alles geklärt. Nach der Mittagspause hatte Jarnebring angerufen und die Adresse seiner neuesten Freundin durchgegeben.
»Ich finde das so am praktischsten«, sagte Jarnebring. »Du weißt doch, Mädels, die pusseln gern herum. Und ich habe meine Wohnung sowieso verliehen. An Rusth, wenn du dich an den erinnerst.«
»Soll ich irgendwas mitbringen?«, fragte Johansson. An Rusth?, dachte er überrascht. Was das nicht diese langfingrige Figur mit dem Mundgeruch, die für die Kaffeekasse der Ermittlung zuständig
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