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Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters

Titel: Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif GW Persson
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erzähle ihm alles, dachte Jarnebring. Was bin ich für ein Feigling.
     
    *
     
    Am 23. Dezember brachte das Svenskan eine große Anzeige, in der das Warenhaus Ählens Sonderangebote anpries: TIEFSTPREIS FÜR REIZWÄSCHE! TANGA, BODY UND NETZSTRÜMPFE FÜR NUR 99,-.«
    Das Svenskan wird wirklich kühn, dachte Waltin mit leichtem Widerwillen, während er sein Frühstücksei mit einem geübten Knicken der rechten Hand enthauptete.
    »Vorhanden in Rot, Schwarz und Weiß«, las Waltin, seufzte und nippte an seinem Frühstückstee. Schwarz für normale Menschen, rot für die Unterklasse und die Parvenüs, weiß für die, die sich nicht trauen, was muss man sich nicht alles auf nüchternen Magen gefallen lassen, dachte Waltin und seufzte noch einmal.
    Am nächsten Morgen hatte er bei Ählens gehalten, als er ohnehin in der Nähe war. Er kaufte ein halbes Dutzend Dessous in unterschiedlichen Größen, alle natürlich schwarz, und die Verkäuferin bedachte ihn mit einem Lächeln, das nur haarscharf von einer überaus unprofessionellen Einladung entfernt war.
    »Soll ich sie getrennt verpacken?«, fragte sie und lächelte neckisch.
    »Nein«, sagte Waltin mit gelassenem Lächeln. »Stecken Sie sie einfach in eine Tüte.« Und wenn du dich nicht anständig benimmst, dann leg ich dich übers Knie, dachte er.
    Mit der notwendigen Stapelware in einer Tüte unter dem Arm, abgelenkt von der Verkäuferin und mit seinen Gedanken ganz woanders, war ihm ein Fehler unterlaufen, den sich jemand wie er einfach nicht leisten konnte. Beim Verlassen des Warenhauses war er Wiijnbladh und der fetten, rothaarigen Sau, mit der dieser verheiratet war, geradewegs in die Arme gelaufen.
    »Der Polizeidirektor, welche Ehre«, sagte der kleine Trottel und hätte sich vor Begeisterung fast überschlagen. »Darf ich meine Frau vorstellen?«
    »Wie reizend«, sagte Waltin und lächelte mit allen weißen Zähnen, während er zugleich die rasche Veränderung in ihren Augen und ihr geheimnisvolles, abwartendes Lächeln registrierte.
    Die sagt nichts, dachte er und streckte seine sehnige, braun gebrannte Hand aus.
    »Claes«, sagte er und ließ seine weißen Zähne blitzen. »Nett, Sie kennen zu lernen, und ansonsten fröhliche Weihnachten.«
    »Lisa Wiijnbladh«, sagte sie, als sie ihm die Hand reichte. Und danach besaß das kleine Luder doch wirklich die Frechheit, ihren rosa Fingernagel über seine Handfläche zu ziehen.
    »Wäre nett, sich mal richtig zu treffen«, sagte sie, und der kleine Idiot, mit dem sie verheiratet war, verstand natürlich nur Bahnhof. Aber das ist ja klar, dachte Waltin, während er weiterhin lächelte, seine Hand zurückzog und spürte, wie sein Schritt sich zusammenkrampfte.
    Das muss irgendwann im Frühling gewesen sein, dachte Waltin, als er mit raschen Schritten in der Hamngatan verschwand. Große, fette, weiße Brüste mit Sommersprossen und ziemlich kleinen Brustwarzen. Ich muss mal in meinen Aufzeichnungen nachsehen, entschied er.
     
    *
     
    »Das war ein Kollege von dir«, sagte Wiijnbladhs Frau mit neutralem Tonfall, irgendwo zwischen Frage und Feststellung.
    »Ein hochrangiger Mann bei der Säpo«, Wiijnbladh nickte und versuchte, sich nichts anmerken zu lassen. »Wir kennen uns schon sehr lange«, fügte er mit wichtiger Miene hinzu.
    Wie nett für dich, Männlein, dachte Lisa Wiijnbladh und spürte, wie die vertraute Verachtung in ihr aufwallte. Ich dagegen habe nur mit ihm geschlafen.
    »Wie heißt er denn noch gleich?«, fragte sie.
     
    *
     
    Wenn sein innerer Druck zu groß wurde, suchte er nach Möglichkeit entfernt gelegene Orte auf, um sich zu erleichtern. Das gelang ihm nicht immer, seine vielen Dienstverpflichtungen verhinderten es. In einigen Fällen hatte er Risiken eingehen müssen. Das war ihm zum Beispiel im Frühjahr passiert, als er an Wiijnbladhs Frau geraten war, ohne auch nur zu ahnen, dass sie einen Mann hatte, der noch dazu Polizist war, und ohne dessen Namen je zuvor gehört zu haben.
     
    *
     
    »Aber du hast doch nie bei der Säpo gearbeitet«, sagte seine Frau plötzlich, als sie viel später mit der U-Bahn zu ihrer Schwester fuhren. Denn was sollten die wohl mit so einem wie dir, dachte sie.
    »Nein«, sagte Wiijnbladh und versuchte sich so geheimnisvoll zu geben, wie das überhaupt nur möglich war. »Nicht offiziell jedenfalls.«
    Dann bist du also Geheimagent, dachte sie. Dann können die doch nicht klar bei Verstand sein.
     
    *
     
    Er hatte ein schlichteres Lokal in der Stadt

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